Szenenbild mit Karren
Bildrechte: Peter Litvai/Landestheater Niederbayern
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Antonia Reidel als Mutter Courage

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Krieg bleibt profitabel: Brechts "Mutter Courage" in Landshut

Krieg bleibt profitabel: Brechts "Mutter Courage" in Landshut

Nichts fürchtet sie mehr als den Frieden, denn der gefährdet ihr Geschäftsmodell: Die Marketenderin Anna Fierling verdient am Schlachtgetümmel und verliert dabei den politischen und moralischen Überblick. Ein Lehrstück von trauriger Aktualität.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Elend und Not lehren die Menschen zwar Hunger und Durst, aber leider nicht Wahrheitshunger und Wissensdurst, schrieb Bertolt Brecht, und daran dürfte sich zwischenzeitlich wenig geändert haben. Der Kranke wird durch seine Leiden immer noch nicht zum Arzt. Mit anderen Worten: Der Mensch kommt selten zur Einsicht, egal wie schlecht es ihm geht.

Eine so pessimistische wie lebensnahe Bestandsaufnahme, wie sie aktueller nicht sein könnte, schließlich wird derzeit viel über die angebliche Beschränktheit vieler Wähler gestritten. Über die vermeintlich leicht verführbaren Massen in aller Welt, die mehr an billigem Benzin als an Demokratie interessiert seien.

Handeln ist ihr Lebensinhalt

Zuerst kommt das Fressen, dann kommt die Moral, hatte Brecht dazu in seiner "Dreigroschenoper" bemerkt. In seiner "Mutter Courage" schafft es die Marketenderin Anna Fierling ebenfalls nicht, über ihre eigenen materiellen Verhältnisse hinauszublicken. Sie lebt mal mehr, mal weniger gut vom Krieg, womit für sie alle Fragen beantwortet sind, obwohl sie dabei drei Kinder verliert. Eher grotesk als tragisch, dass sie dabei keineswegs schwankend wird in ihrem Geschäftsmodell. Handeln ist ihr Lebensinhalt, einen anderen kennt sie nicht.

Klar, das ist lehrstückhaft überzeichnet, aber gerade in diesen Tagen machen sich ernstzunehmende Kolumnisten Gedanken, warum es Russlands Elite trotz immenser Kosten nicht eilig hat, den Angriffskrieg auf die Ukraine zu beenden. Weil daran so viele verdienen, wird spekuliert: korrupte Generäle, geschäftstüchtige Rüstungsunternehmer, windige Importeure, Schieber und Schmuggler. Mutter Courage wäre mitten unter ihnen und fände somit auch heute ihr Auskommen – der Krieg bleibt zweifellos eine profitable Einkommensquelle für alle, die ihn zu nutzen wissen.

Keine sentimentalen Tränen

Insofern sprach viel dafür, das 1941 in Zürich uraufgeführte, inzwischen vergleichsweise selten zu sehende Stück auf den Spielplan des Landestheaters Niederbayern zu setzen. Regisseurin Birgit Simmler, im Hauptberuf Leiterin der Luisenburg-Festspiele in Wunsiedel, inszenierte die beklemmende Parabel im Landshuter Theaterzelt in einem weitgehend leeren Bühnenraum, wie es sich bei Brecht gehört.

Nur zwei Requisiten dürfen bei aller Nüchternheit natürlich keinesfalls fehlen: Der Karren, den die Courage über die Schlachtfelder zieht, und die sprichwörtliche Brecht-Gardine, die den Zuschauern klarmachen soll, dass hier weder Realität vorgegaukelt wird, noch sentimentale Tränen erwartet werden.

In der Ausstattung von Serena Beatrice werden aus den Gardinen eher Vorhänge, die mal als Hausdach, mal als Wintermantel, mal als Propaganda-Fahne dienen. Antonia Reidel ist eine ziemlich jugendfrisch und agil wirkende Anna Fierling. Die Mühsal ihrer Geschäfte scheint sie noch kaum gebeugt zu haben, ganz im Gegenteil, sie sprüht vor Energie. Insofern erscheint es plausibel, dass sie unbelehrbar an den Krieg glaubt, schließlich geht es ihr damit augenscheinlich prächtig. Ein überraschend ironisches Rollenporträt mit gelegentlicher Situationskomik, für die es manchen fatalistischen Lacher gab.

Wird Brecht ab 2027 vermehrt gespielt?

Glaubwürdig ist es nicht, dass eine dermaßen selbstbewusste, einfallsreiche, unerschrockene Frau politisch so naiv sein soll. Aber um Glaubwürdigkeit geht es ja nicht, sondern um eine Sezierung der gesellschaftlichen Verhältnisse. Dank der Mitwirkenden, darunter besonders eindrucksvoll Jochen Decker als Feldprediger und Larissa Sophia Farr als Liebesdienerin Yvette, ist das so unterhaltsam wie fesselnd. Emotionaler Höhepunkt war einmal mehr die stumme Kattrin (Tabea Günther), Tochter der Courage, die mit ihrer Trommel die Einwohner des bedrohten Halle vor einem nächtlichen Überfall warnt und dafür mit ihrem Leben bezahlt.

Unter Leitung von Bernd Meyer wurden die Songs eingestreut, die Paul Dessau für die Berliner Erstaufführung im Januar 1949 geschrieben hatte. Sie hätten noch eine Spur kälter, mitleidloser interpretiert werden können, schließlich sind es denkbar sarkastische Kommentare zum Geschehen. Insgesamt eine gelungene Brecht-Wiederbelebung. Es steht zu erwarten, dass dessen Stücke ab 2027 wieder vermehrt zu sehen sein werden. Siebzig Jahre nach Brechts Tod laufen die Urheberrechte aus und Regisseure werden alle Stücke, die er allein verfasst hat, nach Belieben bearbeiten bzw. mit anderen Texten konfrontieren können.

Wieder am 10., 30. November und 1. Dezember in Landshut, ab 16. November in Passau, am 11. März in Straubing.

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