"Es ist ein Theater", das war einer der ersten Sätze, die offiziell auf der neuen Bühne im Chambinzky Hafentheater gesprochen wurden. Gesagt hat sie Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt (CDU). Doch die Worte stammen nicht von ihm, das habe eine Dame vor der Vorstellung zu ihm gesagt, so Schuchardt. Sie spielen darauf an, dass das Team des Chambinzkys in nur dreieinhalb Monaten aus einer ehemaligen Kabarett-Bühne ein Theater geschaffen hat.
Ein Theater für die Stadt und für die Stadtgesellschaft, so sagte es Christian Schuchardt am Samstagabend bei der Eröffnung. Bei einer Eröffnung, für die viele bis zuletzt Stühle geschraubt, Leitungen gezogen, gewerkelt haben.
Chambinzky Hafentheater: Werkeln bis zum Schluss
Doch ganz fertig ist das Chambinzky Hafentheater noch nicht. Oder, wie es Christian Schuchardt bei der Eröffnung sagte: Es würde ihn nicht wundern, wenn sich während der Eröffnung noch der letzte Handwerker aus dem Haus schleichen würde.
Denn der Aufzug für Rollstuhlfahrer ist noch nicht da, die Sitzplatznummern sind noch nicht angebracht. Das sorgte bei der Eröffnung aber nur kurzzeitig für Verwirrung und wurde vielmehr zum Anlass vieler kleiner und netter Gespräche unter Platznachbarn. Darauf angesprochen, sagte Intendant Csaba Béke dem BR: "Wir sind mit dem Theater in einer analogen Welt. Und hier kann man socializen. Es ist ein Ort der Begegnung, ein Ort der Zusammenkunft und es ist ein Ort, in dem sich Menschen gemeinsam mit Themen beschäftigen können".
Chambinzky Hafentheater mit neuer Ausrichtung
Und Oberspielleiter Kai Christian Moritz sagte zur künftigen Ausrichtung seiner Bühne: "Also wir werden nicht nur auf die Schiene der Schenkelklopfer-Komödie setzen, die auch wichtig ist, die ich damit gar nicht verteufeln will, sondern ich glaube, wir können hier Theater aus Würzburg für Würzburg und die Umgebung machen."
Premiere: "Kalter Weisser Mann"
Mit der Premiere am Abend beweist es das Ensemble gleich. In "Kalter Weisser Mann" zerfleischt sich die Belegschaft eines Unterwäscheherstellers am Tag der Beisetzung des Firmengründers. Es geht um die Frage nach Gleichberechtigung, um das Gendern, um Verständnis für Minderheiten, um den Umgang miteinander.
Ein großer Saal anstelle zweier Säle
Der neue Saal im Hafentheater hat 199 Sitzplätze und damit zwar ähnlich viele Plätze wie an der bisherigen Spielstätte – diese waren dort aber auf zwei Räume aufgeteilt. Deswegen arbeite das Chambinzky auch an einer konzeptionellen Anpassung, "weil wir vom kleineren, feinen Kammerspiel das Ganze sozusagen übersetzen auf einen größeren Saal, der unsere gesamte Arbeitsweise natürlich ändert", erklärt Intendant Csaba Béke. Noch bleibt auch zumindest eine der beiden Bühnen an der alten Spielstätte zusätzlich zur neuen Bühne im Hafentheater erhalten. Erst Ende 2026 ist dort endgültig Schluss.
So glitzernd die Spiegel über der neuen Bar im Hafentheater sind, so glamourös die Kleider, so lobend die Worte – der Neueröffnung geht ein kleines Politikum voraus: Im Sommer 2023 kündigt der Vermieter dem Theater Chambinzky den Mietvertrag für die Spielstätte im Würzburger Frauenland zum Endes des Jahres. Dem Theater droht das Aus.
Im gleichen Jahr verkünden die Macher des Kabaretts "Bockshorn" unter dem Würzburger Kulturspeicher, dass sie aus Altersgründen das "Bockshorn" schließen. Vermieter der Räumlichkeiten ist die Stadt Würzburg, sie schreibt die Nutzung aus. Das Chambinzky bewirbt sich und die Stadt verhandelt mit dem Chambinzky-Team. Denn, so sagte es der damalige Kulturreferent Achim Könneke 2023 dem BR: "Für uns wäre es der Worst Case, wenn gleich zwei Theater in Würzburg wegfallen würden."
Doch gegen diese Verhandlungen regt sich in der deutschen Kabarettszene extremer Widerstand. Petitionen und offene Briefe fordern den Erhalt des "Bockshorns" als reine Kabarett-Bühne.
Für die Theatermacher des Chambinzkys ist es eine Zitterpartie. Im März 2024 entscheidet der Würzburger Stadtrat schließlich, die Räumlichkeiten an das Chambinzky zu vermieten. Für das Chambinzky-Team beginnt ein wilder Ritt, in nur dreieinhalb Monaten machen sie aus der ehemaligen Kabarettbühne "Bockshorn" das "Chambinzky-Hafentheater".
Intendant Csaba Béke ist besonders wichtig, dass sein Theater barrierefrei ist. Es sei eine der wenigen barrierefreien Bühnen in Würzburg, sagt Csaba Béke im BR-Interview, "wo Rollstuhlfahrerinnen oder Menschen mit Gehbehinderung auch die Lage haben, zu performen auf der Bühne. Barrierefreiheit hört nie auf."
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