Ukrainische Soldaten.
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Mstyslav Chernov

Ukraine, Cherson: Ukrainische Soldaten gehen am Ufer des Flusses Dnipro.

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Kriege, Überschwemmung, Inflation: Wie gehen wir mit Krisen um?

Mit Optimismus ins neue Jahr zu starten, fällt vielen nicht leicht. Vieles erscheint unsicher wie selten. Distanz zu Nachrichten und Krisen ist da wichtig, heißt es von Therapeuten und Seelsorgern. Die Welt ist nicht so schlecht, wie es scheint.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Die meisten Menschen starten in Bezug auf politische Stabilität und Frieden eher pessimistisch ins neue Jahr. Das zeigt auch eine aktuelle Studie der Universität der Bundeswehr in Neubiberg. Vor allem jüngere Menschen machen sich mit Blick auf den Krieg in der Ukraine und Nahost, auf die Klimakrise und damit verbundene Umweltkatastrophen oder auch der Inflation noch mehr Sorgen als Ältere.

Hochsensible Personen fühlen sich oft mitverantwortlich

"Bis zu 15 Prozent der Menschen sind hochsensible Personen. Das bedeutet, dass das Sieb zwischen mir und der Außenwelt so grobmaschig ist, dass ich alles durchlasse und, dass es Menschen nicht gelingt, ein bisschen zu filtern, was auf sie einstürzt", sagt Jesuit Herrmann Kügler, Therapeut in München. Hochsensible Menschen belasten Krisen und Katastrophen besonders. "Dann kann es passieren, dass sie sich für alles mitverantwortlich fühlen, was in der Welt passiert."

Doch was in der Welt passiert, überfordert längst nicht nur Hochsensible. Viele sind mit dem Gefühl ins neue Jahr gestartet, überfordert und ohnmächtig zu sein: Bei der Klimakrise solle sich jeder einzelne verantwortlich fühlen; neben dem Krieg in der Ukraine geht vielen auch der Krieg in Nahost sehr nah, ohne dagegen etwas tun zu können.

Wo soll da Optimismus herkommen, wo die Kraft, der krisengeschüttelten Großwetterlage zu trotzen? Herrmann Kügler hilft die Einsicht: "Ich kann nicht alles ändern, ich bin nicht allmächtig, ich kann nicht die ganze Welt ändern und die Kriege, die gerade herrschen." Trotzdem: "Ich bin nicht völlig ohnmächtig. Ich bin partiell mächtig", sagt Kügler. Wenn Menschen zu dieser Einsicht kämen, dann hätten sie eine bessere innere Einstellung.

Über Ängste und Ohnmacht sprechen hilft

Wichtig sei es auch, über seine Ängste und die Ohnmacht zu sprechen – mit Freunden oder Familienmitgliedern. Es sei oft hilfreich, um sich nicht allein zu fühlen und zu merken, dass es anderen ähnlich geht. Menschlicher Kontakt statt soziale Medien sei zudem wichtig, da viele Apps ein verzerrtes Bild der Wirklichkeit wiedergeben. Nachrichten sind in der Regel "schlechte Nachrichten".

Bei der Krisenberatung Bayern weiß man nur zu gut, wie sehr es an den Nerven zerrt, wenn täglich Schreckensmeldungen zu den großen Krisenthemen unserer Zeit auf dem Handy aufploppen. Anna Moosheimer vom Krisendienst Bayern rät: "Wenn ich merke, dass mir die ganzen schlechten Nachrichten auf der Welt nicht guttun, oder mich sogar belasten, sollte ich mich davon so weit wie möglich distanzieren. Das muss nicht immer zu 100 Prozent sein. Trotzdem kann ein Nachrichten-Detox heilsam sein."

Um resilienter durchs neue Jahr zu gehen, rät Anna Moosheimer außerdem, sich Zeit zu nehmen und gezielt aufzuschreiben, welche Ressourcen man hat, was einen stärkt und Kraft gibt. Sich das bildlich vor Augen zu führen, helfe vielen weiter. Nicht nur die Welt ist nicht so schlecht, wie der Blick in die Nachrichten glauben machen könnte. Auch man selbst ist nicht so hilflos, wie man manchmal denkt.

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