Über Reality TV wurde auf den Medientagen München eifrig diskutiert
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Medientage München: Wie hat sich Reality TV verändert?

Medientage München: Wie hat sich Reality TV verändert?

Vor etwa 25 Jahren sorgte die erste Staffel von "Big Brother" für heftige Debatten. Heute ist Reality TV Alltag, die Formate boomen sogar. Aber welche Grenzen gibt es und welche Wirkung hat Reality TV? Das war Thema auf den Münchner Medientagen.

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Wer Reality TV-Formate im deutschen Fernsehen regelmäßig schaut, kommt an ihr nicht vorbei. Micaela Schäfer, sie bezeichnet sich selbst als DJane, Erotik-Model, aber vor allem Reality TV-Star. Ihr erster Auftritt war im Jahr 2006 bei Germany’s Next Topmodel. Danach war sie auch bei Promi-Big Brother, Sommerhaus der Stars oder Frauentausch. "Ich liebe es, einfach in Reality-Formaten stattzufinden", sagt sie im Interview. Das Markenzeichen von Micaela Schäfer: Äußerst knappe Bekleidung und so gut wie immer gute Laune. Damit ist die 40-Jährige gefragt: "Es wird ja immer mehr Reality produziert, das heißt, ich werde nie arbeitslos werden!"

"Flut" an Reality TV - aber keine Innovation

Seit der Corona-Pandemie werden nochmal deutlich mehr Reality TV-Formate produziert, beobachtet Anja Rützel. Es sei "wirklich eine Flut", stellt sie fest. Die Journalistin arbeitet vor allem für den Spiegel und gilt als eine profilierte Kennerin von Reality TV in Deutschland. Das Versprechen der Formate ist, vermeintlich echten Menschen beim Leben zusehen zu können. Innovationen sieht Rützel trotz des Booms aber kaum.

Der Erfolg setzt die Branche auch unter Druck. Thomas Münzner ist Programmchef von Joyn, der Streaming-Plattform von ProSiebenSat.1. Man suche immer einen neuen Twist, erklärt Münzner: "Man muss herausstechen." Das sei allerdings nicht so leicht.

Mehr Krawall? Nicht unbedingt!

Was bedeutet das für die Entwicklung der Formate? Automatisch mehr Krawall oder Drama für noch mehr Aufmerksamkeit? Nicht unbedingt, erklärt Fabian Tobias. Er ist Geschäftsführer von Endemol Shine Germany, der Produktionsfirma hinter Big Brother. Natürlich sei der erste Impuls, wenn in Formaten etwas "Krasses" geschehe, dass man das nicht herausschneiden könne. Da spielt wohl auch die Quote eine Rolle.

Aber inzwischen, betont Tobias, habe es ein Umdenken gegeben. Man würde sich viel stärker hinterfragen. "Ich würde sagen, wir haben viel klarere Leitplanken als früher", so das Fazit von Fabian Tobias. In eine ähnliche Richtung geht auch Micaela Schäfer, als es im Interview um Grenzüberschreitungen in Reality-TV-Formaten geht. Sie fühle sich in den Formaten wohl und spiele "keine Rolle". Aber Pöbeln und Gewalt um für Aufmerksamkeit zu sorgen, das komme für sie nicht in Frage.

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Will nicht für die Quote "pöbeln": Micaela Schäfer

Weniger Beleidigungen, Eskalation oder andere extreme Inhalte in Reality TV - das ist zumindest der Anspruch, den alle Beteiligten an diesen Formaten zu haben scheinen. Die Journalistin Anja Rützel betont in diesem Zusammenhang auch eine gesellschaftliche Verantwortung, die die Produzenten von Big Brother, Dschungelcamp oder Sommerhaus der Stars haben.

Eine große Wirkung rechtfertigt ernsthafte Beobachtung

Für Anja Rützel steht fest, dass Reality TV beeinflussen kann, wie wir die Welt sehen: "Ich glaube, dass diese Formate dazu beigetragen haben, dass man Leute des öffentlichen Lebens vielleicht schneller schubladisiert oder denkt zu verstehen, wie die funktionieren." Man bekomme in Sendungen wie Big Brother Menschen oft wie in einem "Psychologie-Bausatz-Kasten" präsentiert, so Rützel.

Gezeigt werden starre Rollenbilder und Stereotypen: Der Macho, die Zicke oder der Sanfte. Nach diesem Vorbild würden zum Beispiel auch Politiker inzwischen dargestellt und wahrgenommen, beobachtet Anja Rützel. Außerdem habe Reality TV zusammen mit der Wucht der sozialen Medien auch die Selbst-Inszenierung von Prominenten befeuert. Die Folge sei eine vorgespielte Intimität. Etwa wenn Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sein Essen bei Instagram präsentiert.

Und am Ende des Gesprächs ist der Spiegel-Journalistin noch ein anderer Punkt wichtig. Gerade weil Reality TV-Formate so gerne geschaut werden und eine große Wirkung haben können, muss man sie ernsthaft beobachten. Ganz oft müsse sie sich immer noch verteidigen, sagt Rützel und lächelt. "Wieso verplempert sie ihre Zeit und schreibt nicht über Wichtigeres?" Das höre sie oft. Sie erkläre dann immer, dass es immer noch Reality TV-Sendungen gebe, die es nicht so gut machen. Daher komme ihr Eifer, betont die Journalistin, genau hinzugucken und zu fragen: "Was läuft da jetzt schief? Und was könnte man besser machen?"

Im Video: Hauptthema der Medientage: Echte und künstliche Realitäten

Der Hashtag #MTM24 ist bei den 38. Medientage München über den Köpfen der Teilnehmer zu sehen
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Im Mittelpunkt der 38. Münchner Medientage stehen die Auswirkungen durch Künstliche Intelligenz und die Zukunft der Öffentlich-Rechtlichen.

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