Bestechender Pop-Appeal: The Cure-Sänger Robert Smith bei einem Auftritt in Chicago am 17.09.2023
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Bestechender Pop-Appeal: The Cure-Sänger Robert Smith bei einem Auftritt in Chicago am 17.09.2023

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Neues Album von "The Cure": Die Beatles der Finsternis

Neues Album von "The Cure": Die Beatles der Finsternis

Das erste Album seit 16 Jahren: Die Erwartungen an das neue The Cure-Album "Songs Of A Lost World" sind hoch. Unser Autor hat seine Jugend zum Soundtrack der Band verbracht – und erkennt in den neuen Songs auch einen fröhlichen Pop-Appeal wieder.

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2 Zündfunk am .

Eine Menge wohliger Erinnerungen kommen bei mir hoch, wenn ich The Cure höre, und: Nostalgie! Schon als Teenager habe ich mir Platten von The Cure gekauft. "Boys Don't Cry", "17 Seconds", "Pornography", "The Head On The Door": Diese ersten Cure-Platten haben mich ständig begleitet, waren sozusagen der Soundtrack meiner Jugend.

Erstes Album nach 16 Jahren

"10.15 on a Saturday Night" – wie lange bitte ist das denn her? Nahezu ein halbes Jahrhundert! Zuletzt haben mich neue Alben von The Cure eher kalt gelassen, wenn Robert Smith überhaupt mal was zustande gebracht hat. Jetzt, nach 16 Jahren, haben The Cure endlich wieder eine Platte angekündigt – endlich!

Der erste Song, den wir daraus hören konnten, heißt "Alone". Moment – das erste Lebenszeichen also: The Cure allein zu Hause – und sind wir das nicht alle, zumindest manchmal: so einsam und allein?

Das ist das Ende für jeden Song, den wir singen – Robert Smith bleibt apokalyptisch in "Alone". Aber natürlich sind The Cure nicht ganz allein, wir sind mit dabei! Wenn uns die Band nach über einem Jahrzehnt mit "Songs Of A Lost World" ein neues Album schenkt, dann ist diese krisengebeutelte Welt vielleicht nicht mehr ganz so verloren. Zumindest können wir uns ein wenig trösten mit neuen Songs von The Cure – wie mit dem Stück "A Fragile Thing".

Melancholie in fröhlich

Und auch da kann man ihn spüren, den melancholischen, dabei durchaus fröhlichen Pop-Appeal, den "The Cure" immer schon hatten, selbst wenn sie von der Popgeschichte eher bei den Grufties einsortiert wurden: junge Männer in Schwarz voller Schmerz und Verzweiflung.

"Es gibt da ein generelles Missverständnis", klärte Frontmann Robert Smith einst auf. "Nämlich den Mythos, dass The Cure diese düstere, morbide Gothic-Band wären. Dabei gibt es mindestens genauso viele Leute, die uns durch fröhliche Popsongs wie 'Friday, I'm In Love' kennen. Von daher haben wir zwei verschiedene Seiten. Und mir gefallen beide."

Noch immer Punk

Jahrzehntelang wurden The Cure hauptsächlich als Könige der Dunkelheit angesehen. Für mich waren The Cure aber immer die "Beatles der Finsternis", der fröhliche Tanz am Abgrund. Mit swingenden Melodien verkörperten sie für mich das gute Laune machende "Trotzdem". Egal wie schlecht die Welt doch ist, uns bleibt gar nichts anderes übrig, als gut gelaunt zu überleben.

Aber "die Angst vor der Sterblichkeit", sagt Robert Smith in einem ARD-Interview, hätten seine Lieder schon immer in sich getragen. Und: "Was hätte ich gedacht, als ich 19, als ich ein Punk war? Das ist mein Gradmesser". Auch wenn Robert Smith keine 19 mehr ist, sondern in diesem Jahr 65 wurde: Ein Punk ist er noch immer. Zu Interviews kommt er mit verwuscheltem Haar, angemalten Augen und rot geschminkten Lippen. So sehen Boomer normalerweise nicht aus.

Große Melodien

Der BR hat immer wieder mit Robert Smith gesprochen und meinem Kollegen Marcel Anders hat er ein wenig sein Leid geklagt: "Jedes Mal, wenn The Cure irgendwo erwähnt werden, ist das im Zusammenhang mit Spinnen, Goth-Klamotten und rotem Lippenstift. Nicht, dass uns das schaden würde. Und ich kokettiere auch gerne damit – also mit der Art, wie ich aussehe und mich in Videos präsentiere. Da kann ich mich nicht beschweren, denn das ist meine Wahl. Und ich fühle mich wohl damit. Gleichzeitig denke ich aber, dass mein Look nicht der einzige Grund ist, warum die Leute auf The Cure stehen. Sondern sie mögen unsere Songs."

Und wie wir sie mögen! Mir hat das Wiederhören gezeigt, was für große Melodiebögen diese mit der Düsternis zumindest kokettierende Band doch entwerfen konnte. The Cure: die Mozart von Mittelerde, die Meister der Melancholie, die Beatles der Beklommenheit – nein, ich bekomme da keinen wirklich guten Refrain mehr hin, um The Cure nochmal hochleben zu lassen! Das muss die neue Platte "Songs Of A Lost World" dann selbst übernehmen.

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Albumcover von "Songs Of A Lost World" von The Cure

"Songs Of A Lost World" von The Cure erscheint am 01. November 2024.

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