Ein Banküberfall der anderen Art. Zwar beginnt alles halbwegs konventionell mit fünf Häftlingen auf Freigang, die eine Bank ausrauben und schnelles Geld einsacken wollen. Doch je länger diese Serie läuft, desto mehr wird sie zum ungewöhnlichen Experiment, ja zur Farce.
Überfall außer Kontrolle
Zunächst einmal ist da viel Testo, also viel männliches Testosteron, wie man es aus den Serien von Kida Khodr Ramadan kennt. Es wird geschrien, gegockelt und gedroht. Als die Bankräuber den Tresor entdecken, werden sie gierig, wollen mehr mitnehmen als geplant. Ein Security wird erschossen. So gerät der Überfall außer Kontrolle: Die Verbrecher nehmen Geiseln, die Polizei rückt an und umzingelt die Bank. Typische Kammerspiel-Situation. So weit, so erwartbar.
Bis auf Forderung der Verbrecher ein suspendierter Polizist anrückt, den die Gruppe, alles Freunde seit der Kindheit, ebenfalls schon lange kennt. "Schweinebacke", so sein Name, übernimmt das Kommando – und von nun an ist alles etwas anders. Die Verhandlungen nehmen teils absurde Züge an. Ohne zu viel zu verraten: Plötzlich wird in der Bank Döner gemampft, davor Fußball gespielt und im Tresorraum Heroin konsumiert. Gnadenlose Brutalität und bizarre Komik geben sich den Schließfachschlüssel in die Hand.
Improvisiertes Verbrechen – improvisierte Serie
Was Verbrecher wie Polizei hier aufführen, wirkt wie eine wilde Improvisation - und ja, das ist es auch. Denn tatsächlich, die Serie ist zu einem großen Teil improvisiert. Und in wenigen Tagen gedreht. Eine Bank, fünf Bankräuber, sechs Geiseln - viel mehr als dieses Setting hat Regisseur, Drehbuchautor und Hauptdarsteller Ramadan zusammen mit Regisseurin Olivia Retzer vorher nicht festgesteckt.
Dafür haben sie einen namhaften Cast zusammengebracht, nur so kann das Ganze klappen: Frederick Lau, Stipe Erceg und Ruby O. Fee stechen in ihren wunderbar überzeichneten Rollen hervor, auch die Rapper Veysel und Mortel machen Eindruck. Natürlich läuft auch im Soundtrack viel Gangster-Rap.
Macho-Gehabe bis zur Parodie
Wie in der Serie "4 Blocks", mit der Ramadan als Schauspieler bekannt wurde, kennzeichnet dieser Ton die Lebenswelt der Kriminellen, die sich als Familie, als Brüder sehen: Macho-Gehabe, Kraft-Ausdrücke, Gewalt, zwischendrin blitzt aber immer wieder auch ihre verletzliche Seite auf. Letztlich steckt in allen Charakteren auch gleichzeitig ihre Parodie: Das gilt nicht nur für die Gangster, sondern vielleicht sogar noch mehr für die Geiseln und die Polizei, die sich von den Verbrechern an der Nase herumführen lässt. Überraschendes Ende inklusive.
Die Serie, mit sieben Episoden á 15 Minuten, hat sicher keine tiefere Message oder gar ein gesellschaftspolitisches Anliegen, sondern sie ist schlichtweg: unterhaltsam, wild und experimentell. Frei nach dem Motto, das für die Serienmacher wie die Gangster gelten kann: Wir machen, was wir wollen und kommen damit durch.
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