Flutartige Regenfälle hatten im Sommer 2021 innerhalb weniger Stunden den Wasserpegel der Aisch so steigen lassen, dass in Franken eine Jahrhundertflut ausgerufen wurde. Infolge des Klimawandels könnten aus Jahrhunderten Jahrzehnte werden, so die Prognosen. Und alle paar Jahrzehnte eine Überschwemmung, das wäre für Baudenkmäler wie das Fränkische Freilandmuseum in Bad Windsheim ein existentielles Fiasko.
Baukulturgut mit immer mehr Schäden
Über ein ganzes Jahr hat Franziska Prell, Restaurierungswissenschaftlerin von der Universität Bamberg, zwei Fachwerkhäuser des Freilandmuseums auf ihre Vulnerabilität hin untersucht. Das fränkische Baukulturgut aus dem Mittelalter weist immer mehr Schäden auf, für die der Klimawandel mitverantwortlich ist: "Wir hatten eben schon dieses Hochwasserereignis vor Ort, das große Teile des Museumsgeländes überflutete und natürlich auch historische Objekte überschwemmte."
Die Klimakatastrophe verstärke bereits sichtbare Phänomene und gleichzeitig kämen auch neue hinzu, so Prell. Böden schrumpfen, es kommt zu Trockenrissen in Gebäuden und Frost-Tau-Zyklen wechseln schneller, so dass es vermehrt zu Abplatzungen an den Wänden kommt.
Biodiversität verschiebt sich: Freilandmuseum leidet
Zudem verschiebt sich die Biodiversität, wenn beispielsweise Feuchtigkeit auf lange Trockenperioden folgt. Das Freilandmuseum leidet vermehrt unter neuen Insektenarten, Holzbockbefall und Schimmelpilzen.
Jetzt nehmen Experten im Rahmen eines aktuellen EU-weiten Forschungsprojekts Messungen vor, erstellen Risikoanalysen, um die Zukunft zu simulieren. Zudem sollen weite Dachüberstände, Entwässerungsmethoden und Temperierungsanlagen helfen.
Und auch Kirchen wie der Münchner Dom müssen sich wappnen, vor allem gegen Hagel, der die Glasfenster immer häufiger teils lotrecht attackiert. Die Denkmalpflege setzt jetzt neue Schutzgläser vor alle historischen Fenster. "In Zukunft wird der Sturm sozusagen, der Hagel an dieser modernen Schutzscheibe abprallen", sagt Susanne Fischer, Landeskonservatorin vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege.
Glatte Scheiben mit Spiegeleffekt
Doch leider bliebe dabei die Ästhetik auf der Strecke, so Fischer. Glatte Scheiben hätten immer einen stärkeren Spiegeleffekt als bunte Gläser - das müsse man in Zukunft in Kauf nehmen, um keine Verluste zu riskieren.
Wind und Wetter sind auch die prähistorischen Pfahlbauten ausgesetzt, die vor der Roseninsel im Starnberger See stehen. Sie gehören zum Unesco-Welterbe, weil sich in dem Wasser organische Materialien über Jahrtausende erhalten haben. "Diese Materialien, die bieten uns Einblicke in die damalige Lebensart der Menschen. Abfallreste bis hin zu Dung von Tieren, wo wir sagen können, was Mensch und Tier gefressen haben", erklärt Markus Gschwind, Koordinator der Archäologischen Welterbestätten im Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege.
Sinkende Wasserspiegel in den Seen könnten dazu führen, dass diese organischen Materialien austrocknen und zerfallen, befürchtet Gschwind. Er baut nun auf ein neues EU-Projekt namens Triquetra: 21 Institutionen aus sieben Ländern sollen die Gefahr durch den Klimawandel bewerten und entsprechende Strategien entwickeln, um Schäden abzumildern.
Das ist der Auftrag der Unesco, der ausdrücklich klarmacht: Wenn wir unser Kulturerbe nicht erhalten können, dann werden wir ein Stück weit unser Wissen, unsere Geschichte und Identität verlieren.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht's zur Anmeldung!