Grellgrün, rostrot und türkisblau leuchten die Farben und Formen auf den großformatigen Bildern, die der Fotograf Sebastian Bühler aus der Luft aufgenommen hat. Die Erde von oben, sie entfaltet sich fantastisch. Krater klaffen, Seen schimmern, Flüsse schieben sich durch Äcker, Straßen schlängeln sich durch Felsen. Alles fließt auf diesen Fotos und ergießt sich in einer zauberhaften Schönheit.
Eine ökologische Katastrophe
"Es sind ja so Trugbilder, man versteht erst auf den zweiten Blick, was es im Endeffekt ist und diese Schönheit wird in gewisser Weise zum Instrument, um auf die Situation vor Ort aufmerksam zu machen", sagt Fotograf Bühler. Er lockt den Betrachter mit ästhetischer Formensprache an, um ihm dann vorzuführen, was hier eigentlich gespielt wird.
Denn sieht man genauer hin, dann entpuppt sich das Paradies als ökologische Katastrophe. Es sind chemisch verseuchte, giftige Abwässer und verbrannte Müllhaufen von Kupfer-, Kohle- und Stahlfabriken, die hier abgebildet sind. Sie befinden sich in Serbien, Bosnien und Herzegowina. Auf dem Balkan sei das oft so, sagt der Fotograf: Da gebe es einen Tagebau, wo die Kohle abgebaut wird, dann ein Kraftwerk, wo die Kohle aufbereitet wird und dann riesige Becken, wo sie die Rückstände und das Abwasser reinleiteten. Das Absurde sei, dass diese Orte tatsächlich auf Google Maps auf Serbokroatisch als Aschenbecher bezeichnet würden, was im Endeffekt stimme: "Es ist ein riesiger Aschenbecher", so Bühler.
Apokalyptische Fotos und Klänge
Der Schwerpunkt der Ausstellung liegt auf den Bildern aus der serbischen Region Bor, wo eine Kupfermine vor einigen Jahren von einem chinesischen Bergbauunternehmen aufgekauft wurde. Dort gebe es viele Bauern und Landwirtschaft. Teilweise werde den Leuten das Land weggenommen und sie bekämen als Gegenleistung eine Wohnung in der Stadt. Was aber Probleme mit sich bringe, wenn einer das ganze Leben auf dem Land verbracht habe.
Neben den Fotos stehen Reagenzgläser mit Plastikmüll und anderen Hinterlassenschaften, die Bühler im serbischen Fluss Borska gefunden hat. Die apokalyptische Strahlkraft der Bilder wird akustisch geschickt untermalt. Bühler hat dem Soundkünstler Jürgen Branz Tagebau-Tonaufnahmen mitgebracht. Und der hat daraus eine beklemmende Klangwelt geschaffen.
Maschinenlärm übertönt Stimmen, fast
Den Klangkünstler interessierten vor allem Aufnahmen, in denen neben den Maschinen auch Tiere und Menschen zu hören sind. "Also es gibt auch eine super interessante Aufnahme, wo man eine Gruppe von Menschen mal singen hört in der Ferne und nebendran sind Maschinen, die deine Ohren nicht erreichen lassen, was schön ist, was hinter der akustischen Verschmutzung steckt."
Die Komposition verstärkt die Eindringlichkeit der Fotografien, die wie abstrakte Gemälde anmuten, womit sie nicht nur dokumentarisch, sondern vor allem künstlerisch beeindrucken. Eine sinnlich bestechende Ausstellung, die den Betrachter gleichermaßen anzieht und abstößt, und dadurch nicht so leicht wieder loslässt.
Die Ausstellung im Kunstverein Augsburg läuft im Rahmen des "Groundfloor Playground" bis 28. Januar.
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