Seit Anfang Februar war Taylor Swift nicht mehr auf TikTok zu hören gewesen – Universal hatte sich mit der Kurz-Video-Plattform nicht über die Lizenzen einigen können. Wer sein Video mit Taylor Swift, Drake oder Helene Fischer untermalen wollte, erhielt die Meldung: "Der*Die Inhaber*in der Urheberrechte hat diesen Sound in deinem Land nicht zur Verfügung gestellt." Das ist – wenigstens bei Taylor Swift – vorbei: Ihre Songs stehen seit Anfang vergangener Woche, also vor dem Erscheinen von "The Tortured Poets Department", auf TikTok wieder zur Verfügung.
Swifts Ausnahme bei Universal
Offenkundig hat sich Swift gegen die Lizenzpolitik eines der weltweit mächtigsten Musik-Labels hinweggesetzt und eigene Regeln für sich ausgehandelt. Welche, das ist nicht bekannt. Auf jeden Fall vermuten Branchen-Kenner, dass sich jetzt auch andere Universal-Stars wieder darauf besinnen werden, wie wichtig die Video-Plattform für die Vermarktung ihrer Songs ist, und Druck auf das Label ausüben. Die Plattform hat sich in den vergangenen Jahren zu einem entscheidenden Promotion-Werkzeug für die Musikindustrie entwickelt. Geht dort ein Song viral, schlägt sich das meist direkt in den Charts nieder. Kenner nennen TikTok das MTV unserer Zeit.
Neue Spotify-Rekorde aufgestellt
Für Taylor Swift hat sich das Ausscheren aus der allgemeinen Universal-Politik, die auch im Interesse der Musiker und Musikerinnen für eine angemessenere Vergütung der Nutzungsrechte kämpft, offenbar ausgezahlt: Die Streaming-Plattform Spotify meldete am Freitag, dass Superstar Swift mit ihrem neuen Album erneut Spotify-Rekorde aufgestellt habe: "The Tortured Poets Department" sei innerhalb eines Tages so oft gestreamt worden wie kein anderes Album". Branchendienst "Variety" sprach von mehr als 200 Millionen Wiedergaben.
In Songs versteckte (Ex-)Lover
Dieser Riesenerfolg des Superstars mag aber auch mit dem neuen Album selbst zu tun haben, in dem Taylor Swift - nicht zum ersten Mal - auf vielen Songs etwas verrätselt ihrem Liebesleben und -leiden starken Ausdruck verleiht: Die Swifties überbieten sich in Spekulationen darüber, über welche Lover und Ex-Lover welcher Song was verrät. Das Football-Vokabular im Song "The Alchemie" bezieht sich, so befanden die Swifties, auf ihren aktuellen Freund, den NFL-Star Travis Kelce.
Hollywood-Star Ryan Gosling, ein bekennender Swiftie, wiederum ist sehr angetan von "So Long, London". Der Abschieds-Song spielt auf "London Boy" in Swifts Album "Lover" an und gilt wohl ihrem Ex-Lover, dem britischen Schauspieler Joe Alwyn, von dem sie sich im Frühjahr 2023 getrennt hatte. Eine Abrechnung mit Alwyn entdecken die Swift-Fans auch - angefeuert durch Spotify-Video-Einspielungen - in dem Song "I Can Do It With A Broken Heart". Doch die Botschaft an Alwyn in "So Long, London" gilt als noch gewichtiger: Ist "So Long, London" doch der fünfte Track auf dem neuen Album und die Swifties wissen, dass sich Taylor im fünften Take ihrer Alben stets am persönlichsten und nahbarsten zeigt.
Wie weit reicht Swifts politische Macht?
Jetzt, wo sich Taylor Swift mit ihren Sonderkonditionen bei Universal gegen eines der drei weltweit größten Musiklabels durchgesetzt hat, kocht auch wieder die Frage hoch, wie viel Gewicht die Stimme des Superstars bei der kommenden Präsidentschaftswahl hat. Zur Erinnerung: 2020 hatte der Superstar Donald Trump auf Twitter angekündigt: "Wir wählen Dich im November ab", bis jetzt hat sie sich allerdings noch bedeckt gehalten.
Der Bamberger Literaturwissenschaftler und Swift-Biograph Jörn Glasenapp hatte es im BR vor einem Monat schon für durchaus möglich erklärt, dass ihre Stimme wahlentscheidend sein könnte. Und Trump würde das auch indirekt zu erkennen geben, weil er sich bis heute davor gehütet hat, scharf gegen Taylor Swift zu schießen: "Gegen jemanden wie Swift mit 280 Millionen Followern auf Instagram erhebt man nicht die Stimme, wenn man selbst wie Trump vergleichsweise mickrige 24 Millionen Follower auf Insta hat", so Glasenapp.
Mit ihrer Beziehung zum NFL-Star Travis Kelce sei sie zudem für die Republikaner eine "regelrechte Katastrophe". Als Kelce auch noch den Superbowl gewann und Swift mit ihm den Sieg feierte, sei für die republikanische Seite "das schlimmstmögliche Szenario" eingetreten. Sie hätten Grund genug, "leichte Panik zu haben".
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