Eigentlich könnte "The White Lotus" auch ein Cocktail sein. Denn die Mixtur ist immer die gleiche. Zutat eins: Ein paradiesisches Hotel irgendwo am Meer. Zutat zwei: eine Handvoll abstoßender Oberschicht-Schnösel, die dort eine Woche Urlaub machen, Alkohol trinken, Drogen nehmen, Sex haben, und sich gegenseitig belügen und betrügen. Zutat drei: Das bemitleidenswerte Hotel-Personal, das den Laden irgendwie zusammenhalten muss und Zutat vier: Gesellschaftskritik in Form von kammerspielartigen Dialogen. Die Cherry on top, die dem White Lotus eine besonders würzige Note gibt: ein Mord. Bei dem man bis zum Ende rätseln darf, wer hier wen zur Strecke gebracht hat.
In Staffel drei der HBO-Erfolgsserie, die aktuell wöchentlich bei Sky und Wow erscheint, entführt Serienmacher Mike White seine Protagonisten dieses Mal nach Thailand. Jede White-Lotus-Staffel spielt woanders, auch der Cast wird von Staffel zu Staffel bis auf ein paar wiederkehrende Charaktere ausgetauscht.
Das Erfolgsrezept bleibt wieder unverändert
Dieses Mal ist zum Beispiel Christian Friedel als Hotel-Manager dabei, den viele noch als Auschwitz-Kommandant Rudolf Höß im Film "The Zone of Interest" kennen. Und Terminator-Vibes versprüht Arnold Schwarzeneggers Sohn Patrick, der einen toxischen Protein-Shake trinkenden Antifeministen verkörpert.
Das Erfolgsrezept der Serie bleibt auch dieses Mal wieder unverändert. Wir sehen, wie Superreiche am Pool liegen und sich danebenbenehmen. Und können uns trösten lassen, dass selbst die Reichen und Schönen nicht von den Konflikten dieser Welt verschont bleiben. Eifersucht, Eltern-Kind-Streitereien, Debatten über Donald Trump. Das System, das diesen Reichtum schützt, ist fragil. Familienvater und Investmentbanker Timothy muss ausgerechnet beim Familienurlaub in Thailand feststellen, dass ihm wegen Geldwäsche das Wall Street Journal und das FBI auf der Spur sind.
Herausragende Schauspieler
Viele Filme und Serien haben sich in den vergangenen Jahren am White-Lotus-Prinzip bedient. "Triangle of Sadness", "The Menu" oder die "Knives Out"-Reihe mit Daniel Craig haben gezeigt, wie verlogen Kapitalismus und Upper Class sein können – auch die neue "White Lotus"-Staffel ist wieder ein Plädoyer für den Klassenkampf.
Viel Neues erzählt uns dieses Plädoyer trotz herausragender Dialoge und Schauspieler jedoch nicht. Dabei gäbe es Stoff: Gerade jetzt zeigt sich in den USA, dass die Superreichen dieser Welt auf weit mehr aus sind als auf Selbstoptimierung und Extase. Noch nie saßen so viele Milliardäre in einer US-Regierung wie jetzt unter Donald Trump. Müsste eine kapitalismuskritische Serie also nicht auch Verflechtungen von Politik und Wirtschaft attackieren? "The White Lotus" setzt dagegen auf die altbekannte Mixtur. Was dazu führt, dass der White Lotus Cocktail im Jahr 2025 bei weitem nicht mehr so gut runtergeht wie beim ersten Mal.
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