Die Methoden von Betrügern werden immer raffinierter – und scheinbar menschlicher
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Diese Online-Betrugsmaschen sollten Sie und Ihre Liebsten kennen

Diese Online-Betrugsmaschen sollten Sie und Ihre Liebsten kennen

Es kann jeden treffen: Betrüger und Schwindler nutzen die neueste Technologie, um ihre Opfer hinters Licht zu führen. Auch internetaffine Menschen fallen auf Betrügereien herein – es lohnt sich, die Methoden der Verbrecher genau zu kennen.

Jedes Jahr gibt es in Deutschland mehr als 100.000 Fälle von Cybercrime – auch internetaffine Menschen sind nicht immer vor den Methoden der Betrüger geschützt. Und nicht nur Unternehmen sind unter den Opfern, auch Privatpersonen landen immer wieder im Visier der Verbrecher.

Wie kann man sich und seine Liebsten also davor schützen, viel Geld zu verlieren? Einmal durch sichere Passwörter und Zwei-Faktor-Authentifizierung. Genauso wichtig ist es aber, die aktuellen Methoden von Betrügern zu kennen, um sein Geld nicht freiwillig herzugeben. Denn mit dem Fortschritt der Technologie ändern sich auch die Methoden, mit denen Menschen um ihr Erspartes gebracht werden können. Das sind die neuesten Maschen der Betrüger:

Der KI-Klon

Hier nutzen die Betrüger eine KI-Software, um die Stimme einer Person zu klonen. Sie können dann mit einer täuschend echten Kopie dieser Stimme beim Betrugsopfer anrufen, und sich als Familienmitglieder oder Chefs ausgeben. Da die Technologie hier immer besser wird, sind sogar falsche Videocalls denkbar, in denen das Gesicht einer Person kopiert wird. Oft wird dieser Betrug mit Nummernfälschung kombiniert, sodass es für das Opfer aussieht, als würde wirklich die Nummer der echten Person angerufen.

Wer ist darauf schon reingefallen? Diese Art des Betrugs griff zuletzt immer weiter um sich. In einem besonders schwerwiegenden Fall in Hongkong im Februar wurde ein Finanzangestellter durch einen KI-Betrug dazu gebracht, 20 Millionen Euro auszuzahlen. Aber auch Privatpersonen berichten immer öfter von Fake-Anrufen.

Wie kann man sich davor schützen? Indem man mit Familienmitgliedern ein Passwort ausmacht, dass nur innerhalb der Familie bekannt ist. Ist man sich unsicher, ob wirklich die echte Person am Telefon ist, kann man auch auflegen und die Nummer der Person anrufen. Dann landet man sicher beim Original.

Das "Romance Scamming"

Bei dieser Masche werden Fake-Profile auf Dating-Seiten oder Social-Media-Plattformen angelegt. Die Betrüger, die meist im Ausland sitzen, führen oft über Wochen oder sogar Monate digitale Gespräche mit ihren Opfern und kommen ihnen emotional nahe. Irgendwann bitten sie dann um Überweisungen, etwa wegen eines angeblichen medizinischen Notfalls oder um die Flugtickets für das erste gemeinsame Treffen zu bezahlen. Obwohl der Betrug nach einer "Romanze" benannt ist, muss es nicht um eine angebliche romantische Beziehung gehen – auch Freundschaften können gefälscht werden.

Wer ist schon darauf reingefallen? Einer der bekanntesten "Romance Scammer" ist Simon Leviev, der durch die Netflix-Dokumentation "Der Tinder-Schwindler" bekannt wurde. Eines seiner Opfer, Cecilie Fjellhoy, verlor durch den Betrug rund 200.000 Euro.

Wie kann man sich davor schützen? Gegen "Romance Scamming" hilft vor allem eine gesunde Skepsis gegenüber allen Menschen, die man nur im Internet kennengelernt hat. Wenn ein Kontakt zu schön scheint, um wahr zu sein, ist er das womöglich auch.

Das "Pig Butchering"

Das sogenannte "Schweineschlachten" ist eine Weiterentwicklung des "Romance Scamming". Weil die Betrüger wissen, dass viele Menschen beim Thema Geldüberweisung skeptisch werden, bitten sie nicht direkt um Zahlungen. Stattdessen empfehlen sie eine App oder Website, auf der man Geld in Kryptowährungen oder Tagesgeldkonten anlegen soll. Diese Apps können täuschend echt aussehen – sind dann aber fake. Wenn man schließlich versucht, Geld und Gewinn wieder abzuheben, funktioniert das nicht – das Geld ist weg.

Wer ist schon darauf reingefallen? "Pig Butchering"-Betrug ist in den vergangenen Jahren zu einem gigantischen Geschäft geworden. Einer Studie der University of Austin zufolge sind zwischen 2020 und 2023 geschätzt 75 Milliarden Euro weltweit an "Pig Butchering"-Betrüger verloren gegangen. Viele der Opfer sind junge und eigentlich internetaffine Menschen, die sich von hohen Gewinnversprechen verleiten lassen.

Wie kann man sich davor schützen? Indem man niemals Geld in unseriöse Investment-Konten steckt. Wer in Kryptowährungen investieren oder ein neues Tagesgeldkonto eröffnen möchte, sollte das ausschließlich auf Plattformen tun, die von unabhängigen Ratgebern wie "Finanztip" empfohlen oder zumindest regulär geprüft werden. Im Zweifelsfall sollte man einen Freund oder ein Familienmitglied um Rat fragen, dass sich mit Finanzen und Technik gut auskennt.

Der falsche Polizist

Dass sich angebliche Polizisten oder Behörden melden, um Geldzahlungen zu verlangen, ist schon lange bekannt. Mittlerweile werden die Methoden der Betrüger aber immer ausgefeilter und komplexer, und reichen bis zu falschen Websites und uniformierten Betrügern vor der Tür.

Wer ist darauf schon reingefallen? Mitte Februar sorgte ein Fall von falschen Behörden für Aufregung – denn das Opfer war ausgerechnet eine amerikanische Autorin, die Finanzratgeber schreibt. Dennoch wurde sie um 50.000 Dollar gebracht. Dass sogar eine Finanzexpertin auf den Betrug hereinfällt, zeigt: nur, weil man meint, sich auszukennen, ist man nicht vor Betrug sicher.

Wie kann man sich schützen? Indem man sich selbst an die Behörden wendet – und auf keinen Fall auf einem "ungewöhnlichen" Weg Geld auszahlt. Echte Behörden würden niemals eine Auszahlung großer Geldsummen in Bargeld oder über einen Dienst wie PayPal verlangen.

Was sollte man immer im Kopf behalten?

Natürlich machen all diese Betrügereien nur einen Teil der Online-Kriminalität aus – Betrüger denken sich ständig neue Methoden aus und werden dabei immer raffinierter. Dennoch gibt es einige grundsätzliche Dinge, die man im Blick behalten sollte:

Telefonnummern können gefälscht werden. Nur weil das Handy anzeigt, dass der Sohn oder die Polizeidienststelle anruft, muss das nicht stimmen. Hacker können diese Nummern auch fingieren.

Ungewöhnliche Zahlungsmethoden sollte man immer hinterfragen. Wann immer Kryptowährungen, obskure Apps oder gar Bargeld im Spiel sind, sollte man besonders vorsichtig sein.

Hacker können an private Informationen kommen. Nur weil jemand die eigene Adresse, Telefonnummer oder sogar Ausweisnummer und Bankverbindung kennt, bedeutet das nicht, dass diese Person wirklich ein Familienmitglied oder eine Behörde ist. Die Betrüger könnten auch über einen Hack oder Leak an diese Informationen gekommen sein.

Betrüger haben viel Geduld. Viele fallen nicht gleich mit der Tür ins Haus, sondern bauen über längere Zeit Vertrauen auf. Und diese Zeit haben sie – in Südostasien, wo viele Betrugskartelle ganze firmenähnliche Strukturen aufgebaut haben, arbeiten Menschen rund um die Uhr an nichts anderem als sich Vertrauen zu erschleichen. Nur weil jemand nicht sofort nach Geld fragt, muss das also nichts heißen.

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