Palantir ist ein Programm, das Zusammenhänge zwischen Informationen über mehrere Datenbanken hinweg herstellen kann. Bei der Aufklärung von Kriminalfällen würden menschliche Ermittler solche Querverbindungen womöglich nie entdecken – und vor allem nie so schnell. Die Software kann also Personen finden, die sich auffällig verhalten haben und zu einem Verbrechen passen. Und wenn Gefahr im Verzug ist, lassen sich womöglich wertvolle Stunden oder Minuten gewinnen.
Die bayerische Polizei hat Palantir seit letztem Sommer im Einsatz, in einer etwas angepassten Version unter dem Namen VeRA. Um das rechtlich zu ermöglichen, war das bayerische Polizeiaufgabengesetz geändert worden.
Alte Bundesregierung war skeptisch
Bayern war damit - unter anderem mit Hessen - Vorreiter. Im Freistaat lief VeRA zunächst noch als Pilot. Seit Ende Dezember ist die bayerische Palantir-Variante im Regelbetrieb. Das Bundesinnenministerium unter Nancy Faeser wollte bei VeRA nicht mit einsteigen. Man wollte im Bund eine eigene Software-Lösung entwickeln. Die ist aber allem Anschein nach bis heute nicht in Sicht. Der Bundesrat fordert deshalb in einem Entschließungsantrag eine "kurzfristige zentrale Bereitstellung einer gemeinsam betriebenen Datenanalyseplattform, wie sie bei einigen Landespolizeien im Einsatz ist". Auch wenn Palantir nicht explizit genannt wird, deutet der Antrag klar darauf hin. Ob sich die neue Bundesregierung dem Bundesratsvorhaben anschließt, muss sich erst zeigen.
Palantir verstößt womöglich gegen die Verfassung
Der bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz, Thomas Petri, hat beim Einsatz von Palantir Bedenken. Er verstehe völlig das Grundanliegen und auch er wolle eine effektive Polizeiarbeit. Aber der Einsatz von Palantir, wie er jetzt im Polizeiaufgabengesetz steht, sei "verfassungsrechtlich auf Kante genäht", so Petri. Kein Problem sieht er zwar, wenn es um die Abwehr von Gefahrensituationen geht. Wenn die Polizei bei einem Anschlag schnell handeln muss, ist Datenschutz demnach nachrangig. Petri stört sich allerdings daran, dass Palantir auch eingesetzt werden kann, um Straftaten zu verhüten.
Bevölkerung wird mehrmals täglich durchleuchtet
Diese Regelung lässt sich sehr häufig anwenden. Petri zitiert Zahlen aus Hessen, wo Palantir 2.000 Mal in einem Jahr zum Einsatz kam. Demnach seien also alle in den polizeilichen Datenbanken erfassten Personen täglich fünf bis sechs Mal durch die Software durchgenudelt worden. In den Datenbanken stehen 30 Millionen Bürgerinnen und Bürger, mehr als ein Drittel aller Deutschen. Und es sind bei weitem nicht alles Straftäter, sondern auch simple Verkehrssünder oder einfach nur Zeugen. Wer irgendwie aktenkundig geworden ist, durchläuft also immer wieder die Mustererkennung von Palantir.
Palantir steht Trump-Regierung sehr nahe
Kritik an Palantir gibt es auch aus einem anderen Grund. Mitgegründet wurde das Unternehmen von Peter Thiel, der immer noch Großaktionär ist und viel Einfluss hat - nicht nur innerhalb der Firma, sondern übrigens auch in der US-Politik. Er hatte jahrelang Donald Trump unterstützt und im letzten Wahlkampf viel Geld für Vize-Präsident JD Vance gespendet. Thiel ist zudem durch extreme, libertäre Positionen aufgefallen. Dieser Denkschule geht es darum, Staaten generell so zurückzubauen, dass sie das Handeln einzelner Individuen nicht mehr beschränken können. Die Kehrseite ist ein radikaler Sozialabbau.
Fließen unsere Bürgerdaten in die USA?
Die VeRA-Plattform wird laut bayerischem Innenministerium im Rechenzentrum der bayerischen Polizei betrieben. Somit bestehe aus Sicht der Firma Palantir weder physisch noch technisch die Möglichkeit, von außen zuzugreifen. Ob tatsächlich alles wasserdicht ist - schwer zu sagen. Software-Experten bezweifeln immer wieder, dass hochkomplexe Programme, zu denen Palantir zählt, komplett auf geheime Hintertüren ausgeleuchtet werden können. Der Einsatz bleibt also immer auch Vertrauenssache. Und über Vertrauen zu den USA und zu amerikanischen Konzernen wird in den Zeiten eines Präsidenten Trump ja gerade rege diskutiert.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!