Nach dem Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt in Magdeburg ist im Netz eine Debatte um die möglichen Motive des Täters entbrannt. Während die polizeilichen Ermittlungen andauern und der Täter in Gewahrsam ist, wird in den sozialen Netzwerken über mögliche Hintergründe des Anschlags spekuliert.
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Dabei konzentriert sich die Auseinandersetzung vor allem auf ein mutmaßliches Twitter/X-Profil des Attentäters. In den Beiträgen finden sich Sympathiebekundungen für die AfD, massive Kritik an deutschen Behörden sowie Gewaltfantasien und Verschwörungstheorien. Aus den über 120.000 Posts ergibt sich kein klares Bild einer geschlossenen Ideologie, sondern eher ein verwirrendes Mosaik verschiedener, teils widersprüchlicher Überzeugungen. Die Folge: wilde Spekulation im Netz über die Hintergründe der Tat.
Tätertypus von Magdeburg: "Mixed, Unstable and Unclear"
Die seriöse Einordnung des Falls gestaltet sich schwierig. "Ich glaube, das ist ein Tätertypus, den wir in der letzten Zeit immer häufiger sehen, wo sich eine persönliche Motivlage verbindet – auch mit Wahnvorstellungen und Anzeichen psychischer Erkrankungen", sagte Terrorismus-Experte Peter Neumann im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk. In Großbritannien gebe es dafür bereits eine eigene Gefährderkategorie: "Mixed, Unstable and Unclear" – gemischt, instabil und unklar. Der Experte warnt davor, vorschnell ideologische Deutungen vorzunehmen.
Wie geht X mit dem Profil um?
Auffällig ist der Umgang von Twitter/X selbst mit dem mutmaßlichen Täter-Account. "Ich habe in der Nacht zu Samstag dreistellig Tweets archiviert und diverse Videos runtergeladen. Am Samstagmorgen ist der Account weg, hatte ich gedacht. War bei Terroristen und Amoktätern in der Vergangenheit immer so", schreibt der Journalist Lars Wienand auf X.
Doch unter Elon Musks Führung scheint sich die Praxis geändert zu haben. Der Account war zwischenzeitlich nicht mehr auffindbar, ist jetzt aber wieder online – wenn auch offenbar nicht mehr mit allen ursprünglichen Posts. Welche Posts genau fehlen, ist bislang unklar. Unter X-Nutzern kursiert die Vermutung, dass Bezüge des Profils zu politisch rechten Inhalten getilgt werden sollen. Viele entsprechende Posts sind jedoch auch nach der erneuten Freischaltung des Profils weiterhin online.
Die Rolle von Elon Musk
Der X-Eigentümer Elon Musk selbst mischt sich zunehmend in die deutsche Politik ein. Erst kürzlich teilte er Posts der rechtsextremen Influencerin Naomi Seibt und bezeichnete den deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz als "inkompetenten Narr". Während die Debatte um die Deutungshoheit über den Anschlag auf X ungebremst weitergeht, ist eine klare Linie der Plattform hinsichtlich Moderation nicht erkennbar. Dies, ebenso wie der intransparente Umgang mit dem mutmaßlichen Täter-Account, ist ein Bruch mit früheren Praktiken sozialer Netzwerke.
Im Video: Die Aufarbeitung des Anschlags von Magdeburg
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