Als der KI-Forscher Andy Ayrey irgendwann im Sommer 2024 seinen Chatbot "Truth Terminal" entwickelt, ahnt er noch nicht, dass seine Kreation wenige Monate später die Krypto-Welt in Aufregung versetzen würde. Ayrey verpasst dem auf Internet-Memes und Online-Kultur trainierten Bot einen eigenen Account auf der Plattform X – und lässt diesen dort semi-autonom posten. Semi-autonom, das bedeutet: die Posts stammen zwar alle von der KI, müssen aber erst von Ayrey freigegeben werden, bevor sie auf X landen.
Doch die Tech-Bubble auf X feiert den Bot: Zahlreiche Follower interagieren und unterhalten sich mit ihm, inzwischen mehr als 185.000. Darunter der bekannte Venture-Capitalist Marc Andreesen, der dem Bot 50.000 Euro in Bitcoin schenkt – um seine eigenen Serverkosten zahlen zu können.
Erste KI als Kryptomillionär
Als kurz darauf ein anonymer Entwickler die Scherz-Kryptowährung "Goatseus Maximus" (GOAT) veröffentlicht, wird Truth Terminal auf diese aufmerksam und erwähnt sie mehrfach. Das Ergebnis: die "Memecoin" steigt innerhalb weniger Tage um 8.000 Prozent im Wert. Mittlerweile liegt die Marktkapitalisierung bei über 800 Millionen Dollar – und Truth Terminal ist aufgrund zahlreicher GOAT-Geschenke seiner Follower inzwischen Millionär.
Die neuen digitalen Helfer
Truth Terminal ist dabei nur ein Beispiel für eine neue Generation von KI-Agenten, die über simple Chatbots hinausgehen. Diese Programme verlassen die Grenzen des Textfensters und können zunehmend selbstständig Aufgaben in der digitalen Welt ausführen.
Wenn Bots selbstständig handeln
Die US-Firma Anthropic experimentiert bereits damit, ihren KI-Assistenten Claude Computer und Software bedienen zu lassen – ganz so, wie es ein Mensch tun würde. Der Bot kann einen Bildschirm betrachten, einen Cursor bewegen und auf Schaltflächen klicken. Noch ist die Technologie experimentell und fehleranfällig, aber sie entwickelt sich rasch weiter.
🎧 Wie verändert KI unser Leben? Und welche KI-Programme sind in meinem Alltag wirklich wichtig? Antworten auf diese und weitere Fragen diskutieren Gregor Schmalzried, Marie Kilg und Fritz Espenlaub jede Woche in Der KI-Podcast – dem Podcast von BR24 und SWR.
Auch andere Tech-Giganten wie Microsoft oder Salesforce versprechen, dass KI-Agenten künftig selbstständig Aufgaben in Outlook, Teams oder Sharepoint übernehmen und etwa Reservierungen ändern oder Kundenanfragen beantworten sollen. Doch noch haben derartige KIs viele Probleme und bearbeiten Aufgaben nicht immer zuverlässig.
Truth Terminal war der erste Krypto-Bot – aber nicht der letzte
Bei Truth Terminal ist bis heute nicht ganz klar, wie autonom der Bot tatsächlich agiert. Möglicherweise steckt hinter dem viralen Erfolg auch geschicktes Marketing.
Trotzdem dürfte der Bot nur der erste unter vielen sein: Die Krypto-Plattform Coinbase hat bereits angekündigt, ihre Nutzer beim Erstellen eigener KI-Agenten unterstützen zu wollen. "Based Agent" nennt sich die Neuerung, mit der Nutzer in weniger als drei Minuten einen eigenen Bot erstellen können. Ausgestattet mit einer eigenen Krypto-Geldbörse sollen die Agenten selbstständig Kryptowährungen handeln und auf Social Media posten können.
Dieser Artikel ist erstmals am 01.11.2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel aktualisiert und erneut publiziert.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!