Hans Clarin mit Pumuckl (Archivfoto vom 14.10.1999)
Bildrechte: picture-alliance/ dpa | Ursula Düren

Hans Clarin mit Pumuckl (Archivfoto vom 14.10.1999)

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Wenn KI die Toten zurückholt

Künstliche Intelligenz wird immer besser darin, Menschen zu imitieren, auch über den Tod hinaus - zum Beispiel bei der Pumuckl-Stimme Hans Clarin. Dies verändert nicht nur die Filmindustrie, sondern auch die Art, wie wir mit Tod und Trauer umgehen.

Über dieses Thema berichtet: Computermagazin & Umbruch am .

"Ich könnte morgen von einem Bus überfahren werden und das war's, aber meine Darbietungen können immer und immer und immer weitergehen." Als der Schauspieler Tom Hanks diese Worte vor einigen Monaten in einem Interview spricht, gilt die Vorstellung, dass Schauspieler nach ihrem Ableben weiterhin in neuen Filmen als KI-Version auftauchen noch als spekulative Zukunftsvision. Es spricht Bände über die rasante Entwicklung künstlicher Intelligenz, dass diese Vision mittlerweile zunehmend Realität wird. Eines der neuesten Beispiele kommt allerdings nicht aus dem Silicon Valley, sondern aus Bayern.

Leben Schauspieler bald für immer?

Kaum ein Kind in Bayern kennt ihn nicht, den Kobold mit dem roten Haar. Die charakteristische Stimme des Pumuckl trägt sowohl die Hörspielklassiker aus den Sechzigern wie auch die spätere Fernsehserie. Dahinter steckt bekanntermaßen der Schauspieler Hans Clarin. Nach seinem Tod im Jahr 2005 schien klar, dass die Stimme des Pumuckl zukünftig keine neuen Abenteuer mehr einsprechen würde. Bis jetzt.

Seit vergangener Woche laufen die "Neuen Geschichten vom Pumuckl" in bayerischen Kinos und ab Dezember als Serie auf RTL+ - und die Stimme des frechen Kobolds klingt fast genauso wie früher. Dahinter steckt der Kabarettist Maxi Schafroth - dessen Stimme mithilfe von KI bearbeitet wurde.

Rechtliche Fragen - und ethische

RTL hat für das Klonen der Pumuckl-Stimme das Einverständnis der Familie Clarins eingeholt. Doch es ist naheliegend, dass durch die neuen technologischen Möglichkeiten zahlreiche rechtliche Fragen auftauchen - wie wirksam lässt sich das Recht am eigenen Bild über den Tod hinaus schützen? Bisher ist etwa der Klang der eigenen Stimme noch nicht eindeutig rechtlich geschützt. Auch dies war ein Grund für die weitreichenden Schauspielerstreiks in den USA vor einigen Monaten.

Nicht nur Filmfiguren, sondern auch echte Menschen

Diese Fragen werden dort noch einmal dringlicher, wo es nicht um Kunstfiguren auf der Leinwand geht, sondern um echte Personen. Schon jetzt bieten Start-ups wie hereafter.ai Dienste an, mit denen man noch zu Lebzeiten einen KI-Klon von sich selbst erstellen kann, mit dem Angehörige eines Tages chatten können - perfekt geklonte Stimme inklusive.

Dienste wie storyfile ermöglicht KI-unterstützte interaktive Videos - der Schauspieler Ed Asner produzierte damit Videos für seine eigene Trauerfeier. Nicht alle Technologien beinhalten KI: Für Aufsehen sorgte in der jüngeren Vergangenheit etwa die südkoreanische TV-Doku "Meeting You", in der eine Mutter einer virtuellen Kopie ihrer verstorbenen siebenjährigen Tochter begegnet.

Die Hoffnung, Kundschaft für derartige Produkte zu finden, ist nicht unrealistisch: Der sogenannte Death-Tech-Markt, also Technologie-Angebote rund um Sterben und Trauer, beziffert sich gemäß des US-amerikanischen Global Industry Analyst weltweit auf rund 128,8 Milliarden Euro.

Hilft oder schadet KI bei der Trauer?

Ob solcherlei KI-Angebote für Trauernde tatsächlich hilfreich sein können, ist noch unklar. Befürworter argumentieren, dass die Technologie vergleichbar sei mit Fotos oder Videos: ein Mittel, um das Andenken an die verstorbene Person am Leben zu halten.

Der amerikanische Psychologie-Professor Sherman Lee verweist allerdings darauf, dass sich derartige digitale Erinnerungsgegenstände auch kontraproduktiv auf den Trauerprozess auswirken könnten, falls sie das Abschiednehmen schwieriger machen. Wie sich die Möglichkeit einer simulierten Interaktion mit einer verstorbenen Person hier auswirken kann, müsse erst noch erforscht werden.

🎧 Wie schnell entwickelt sich KI weiter? Und welche Programme sind in meinem Alltag wirklich wichtig? Antworten auf diese und weitere Fragen diskutieren Gregor Schmalzried, Marie Kilg und Fritz Espenlaub jede Woche in "Der KI-Podcast" – dem neuen Podcast von BR24 und SWR.

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