Die Apps Instagram, Facebook und WhatsApp sind auf dem Display eines Smartphones vor dem Logo des Internetkonzerns Meta zu sehen.
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Zuckerbergs Wahrheits-Exit? Meta schafft Faktenchecker ab

Zuckerbergs Wahrheits-Exit? Meta schafft Faktenchecker ab

Die Wahrheitswächter müssen gehen: Meta trennt sich in den USA von seinen professionellen Faktencheckern. Künftig sollen die Nutzer selbst Falschinformationen aufspüren. Die Entscheidung zeigt, dass im Silicon Valley ein neuer politischer Wind weht.

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Viel spricht dafür, dass Mark Zuckerberg Faktenchecker eigentlich ohnehin immer suspekt waren. Jahrelang hatte der Meta-Chef die Philosophie verfolgt, dass Facebook in erster Linie ein neutraler Raum für den Austausch von Ideen und Informationen sein solle – eine Art digitale Agora, in der sich die Nutzer selbst ihre Meinung bilden. "Internetplattformen dürfen keine Schiedsrichter der Wahrheit sein", sagte Zuckerberg immer wieder. Doch spätestens mit den Skandalen rund um die US-Wahl 2016, den Cambridge-Analytica-Enthüllungen, der Corona-Pandemie und dem von Facebook-Fakenews mit befeuerten Genozid an den Rohingya wurde immer klarer, dass diese Laissez-faire-Haltung nicht mehr haltbar war. Und so begann Meta mit Faktencheckern zusammenzuarbeiten. Die Kooperation erstreckte sich über 26 Sprachen und umfasste renommierte Nachrichtenagenturen wie AFP und Reuters.

"Zensur" und "Voreingenommenheit"

Damit soll nun Schluss sein, zumindest außerhalb von Europa. In einem Video hat Mark Zuckerberg angekündigt, das Faktenchecker-Programm für Facebook, Instagram und Threads in den USA komplett abzuschaffen. Es ist ein Clip, der es in sich hat: Fünf Minuten spricht Mark Zuckerberg über "Zensur", "politische Voreingenommenheit" und "Mainstream-Diskurse" – und kündigt dabei die Kehrtwende an. Der Konzern wird in den USA künftig auf externe Faktenchecker verzichten und stattdessen, wie bei X (früher Twitter), auf "Community Notes" setzen. Faktenprüfer seien politisch zu voreingenommen und hätten mehr Vertrauen zerstört, als sie geschaffen hätten, vor allem in den USA.

Kontrolle durch die Community

Die Community soll also selbst Kommentare und Korrekturen zu möglichen Falschmeldungen vorschlagen. Gleichzeitig lockert der Konzern seine Moderationsrichtlinien für heikle Themen wie Immigration, Gender und Rassismus. Auch die bisherigen Einschränkungen für politische Inhalte in den Nutzer-Feeds werden aufgehoben. Die Botschaft ist klar: Meta geht "back to the roots", wie der neue Chef-Lobbyist Joel Kaplan bei Fox News verkündet. Der frühere Bush-Berater löst den langjährigen Lobbyisten Nick Clegg ab – auch das ein deutliches Signal für die Neuausrichtung des Konzerns.

"Bedauerlicher" Rückzug unter politischem Druck

"Es ist bedauerlich, dass diese Entscheidung unter extremem politischen Druck einer neuen Administration und ihrer Unterstützer fällt", sagt die Direktorin des International Fact-Checking Network, Angie Holan zur Zuckerberg-Entscheidung. Faktenchecken habe nie zensiert – es hätte Kontext zu umstrittenen Behauptungen hinzugefügt.

In Europa allerdings bleiben die Faktenchecker vorerst aktiv. Die EU-Kommission droht bei Verstößen gegen das Gesetz über digitale Dienste mit Strafen von bis zu 6 Prozent des weltweiten Umsatzes. Zuckerberg wiederum kritisiert die "wachsende Zahl von Gesetzen" in der EU, die seiner Meinung nach "Zensur institutionalisieren".

Deutsche Politiker reagieren geteilt. SPD-Generalsekretär Matthias Miersch nannte Metas Pläne "brandgefährlich" und forderte eine scharfe Überwachung durch die EU-Kommission. Der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki wiederum begrüßte die Entscheidung als "gute Nachrichten für die freie Rede".

Bayerischer Journalistenverband: "Bedrohung der Zivilisation"

Noch lässt Facebook in Deutschland seine Inhalte von unabhängigen Organisationen gegenchecken. Das solle auch so bleiben, sagt der Vorsitzende des Bayerischen Journalistenverbands, Harald Stocker. Wenn Lügen, Hass und Hetzkampagnen in den sozialen Netzwerken völlig unreflektierte Räume bekämen, "dann empfinde ich das als Bedrohung der Zivilisation", so Stocker im BR24-Interview.

Auch Bayerns Digitalminister Fabian Mehring zeigt sich besorgt. Mit einer jüngst gegründeten Bayernallianz gegen Desinformationen im Internet will er die Spielregeln von Demokratie im digitalen Raum etablieren. Einer der Partner dieser Allianz ist jedoch der Internetkonzern Meta. Den Europa-Politikchef von Meta habe er deswegen zu einem persönlichen Gespräch "einbestellt", so Mehring. Jetzt müsse sich zeigen, so Bayerns Digitalminister, ob Meta weiter Teil der Bayernallianz bleiben könne.

Silicon Valley im Wandel

Der Zeitpunkt der Ankündigung Zuckerbergs ist kein Zufall, denn der politische Wind im Valley dreht sich. Was als ideologischer "Vibe Shift" begann, manifestiert sich nun in konkreten Unternehmensentscheidungen. Die Tech-Giganten, die noch vor wenigen Jahren eine progressive Agenda verfolgten, schwenken zunehmend auf einen libertären Kurs um. Dieser Wandel zeigt sich nicht nur in der Moderation von Inhalten, sondern auch in der Unternehmenskultur: Diversitätsprogramme werden zurückgefahren, Remote-Work-Regelungen verschärft, und politische Diskussionen am Arbeitsplatz eingeschränkt.

Ob aus Überzeugung oder als präventives Zugeständnis an eine mögliche zweite Trump-Administration – die Tech-Giganten positionieren sich neu. Elon Musks radikaler Umbau von Twitter zu X hat dabei eine Art Blaupause geliefert: Weniger Moderation, mehr Meinungsfreiheit, auch wenn dies bedeutet, dass die Plattform toxischer wird. Meta, einst Vorreiter in Sachen Content-Moderation, führt diesen Wandel nun mit an.

BR24live-Video: Meta-Konzern beendet Faktenchecker-Programm

ARCHIV - 25.09.2024, USA, Menlo Park: Mark Zuckerberg, Chief Executive Officer von Meta, spricht während der Meta Connect Konferenz. (zu dpa: «Meta beendet Zusammenarbeit mit Faktenprüfern in den USA») Foto: Godofredo A. Vásquez/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Menlo Park: Mark Zuckerberg, Chief Executive Officer von Meta

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