Die Bande zwischen dem Deutschen Eishockey-Bund (DEB e.V.) und der Schweizer Sportagentur Infront bestehen seit vielen Jahren: 2006 räumte der DEB erstmals Infront exklusiv das Recht ein, die Eishockey-Nationalmannschaften zu vermarkten. Im Wesentlichen geht es dabei um Werbe- und Übertragungsrechte für die Spiele der DEB-Teams der Männer, Frauen und Junioren. Im Gegenzug für die Abtretung der Rechte hat Infront dem DEB pro Jahr eine Mindesteinnahme garantiert. Von allen Einnahmen, die über die Mindestgarantiesumme hinaus gehen, bekommt Infront die Hälfte. Der aktuelle Vertrag läuft im Juni 2024 aus.
Nach Informationen von BR, "Augsburger Allgemeinen" und "Spiegel" soll Infront abermals die Vermarktungsrechte erhalten. Über Details des neuen Vertrags wird derzeit offenbar verhandelt. Zum Stand der Gespräche will sich der DEB nicht äußern. Infront schreibt auf Anfrage, man sei an einer Fortsetzung der Zusammenarbeit "sehr interessiert“. Zu "konkreten Vertragsverhandlungen mit Partnern" äußere man sich aber prinzipiell nicht.
Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ehemaligen DEB-Präsidenten
Bisherige Verträge zwischen dem DEB und Infront stehen unterdessen im Mittelpunkt von Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München I. Dabei dürfte es vor allem um die garantierte jährliche Mindesteinnahme gehen. Die könnte in einigen Jahren zu gering ausgefallen sein. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den langjährigen DEB-Präsidenten Franz Reindl wegen des Verdachts der Untreue. Er ist laut Staatsanwaltschaft der einzige Beschuldigte. Ende Oktober durchsuchten Fahnder die Verbandszentrale in München, die Geschäftsstelle von Infront in Frankfurt sowie Privaträume von Franz Reindl.
Auffällig soll nach Informationen von BR, "Augsburger Allgemeinen" und "Spiegel" vor allem ein Vertrag des DEB mit Infront sein, den Franz Reindl als DEB-Präsident im Dezember 2016 unterschrieben hat. Damals sank die garantierte Mindestsumme aus den Vermarktungserlösen in zwei Spielzeiten. Ein plausibler Grund für die Reduzierung der Mindestgarantiesumme ist nicht ersichtlich.
Laut vorliegenden Unterlagen werden alle Werbeeinnahmen, die über die Garantiesumme hinausgehen, hälftig zwischen DEB und Infront aufgeteilt. Daher könnte Infront bei gleichbleibenden Einnahmen von der gesunkenen Mindestgarantie profitiert haben. Hat der ehemalige DEB-Präsident also einen finanziellen Nachteil zulasten des Eishockey-Bundes in Kauf genommen? Bis dies gerichtlich geklärt ist, gilt für den Beschuldigten Reindl die Unschuldsvermutung.
Der DEB und der ehemalige Präsident Franz Reindl wollen sich auch auf erneute Anfrage wegen der laufenden staatsanwaltschaftlichen Untersuchungen zu den Vorgängen nicht äußern. Infront schreibt, bei der Beurteilung der Verträge müssten die "Marktbedingungen sowie alle wirtschaftlichen Vertragskomponenten berücksichtigt werden. Die Garantiesummen sind nur ein Teil davon." Infront kooperiert laut eigenen Angaben mit der Staatsanwaltschaft.
Agenturwechsel kaum möglich
Der DEB ist so eng mit Infront verbunden, dass ein Wechsel zu einer anderen Vermarktungsagentur schwer möglich erscheint. Denn der aktuelle Vertrag räumt Infront ein "exklusives Erstverhandlungsrecht" ein. Sollte kein neuer Vertrag zustande kommen, kann der Eishockeyverband mit einem anderen Sportvermarkter verhandeln. Allerdings: Den ausgehandelten Vertrag mit einem Konkurrenten muss der DEB Infront vorlegen. Der Schweizer Sportvermarkter, eine Tochterfirma der chinesischen Dalian Wanda Group, kann dann zu gleichen Konditionen in den Vertrag einsteigen und der DEB muss Infront den Zuschlag erteilen.
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