16.11.2023: Auftaktbilder im Vorfeld des Ausschuss für den Haushalt zur Haushaltsbereinigungssitzung im Deutschen Bundestag
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Auftaktbilder im Vorfeld des Ausschusses für den Haushalt zur Haushaltsbereinigungssitzung im Deutschen Bundestag am Donnerstag

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Haushaltsausschuss: Neue Elterngeldgrenze, mehr fürs Bürgergeld

Der Haushaltsausschuss im Bundestag hat die Beratungen zum Bundesetat für 2024 abgeschlossen, die Vorlage aber noch nicht verabschiedet. Demnach soll das Geld fürs Bürgergeld aufgestockt werden, die Elterngeld-Reform nun schrittweise kommen.

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Der Haushaltsausschuss des Bundestags hat zahlreiche Änderungen am Etatentwurf von Finanzminister Christian Lindner (FDP) vorgenommen. Die am Donnerstagmittag begonnene Bereinigungssitzung dauerte bis zum frühen Freitagmorgen um etwa 4.20 Uhr. Ein finaler Beschluss im Ausschuss steht jedoch noch aus. Weil nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klimafonds viele Fragen offen sind, sollen am Dienstag zunächst noch Sachverständige gehört werden. Am kommenden Donnerstag soll die Bereinigungssitzung dann formal beendet werden.

Erst dann werden auch Informationen darüber vorliegen, wie stark sich der Bund im kommenden Jahr neu verschuldet und wie viel Geld insgesamt ausgegeben wird. Der Bundestag soll den Haushaltsentwurf in der Sitzungswoche vom 27. November bis 1. Dezember dann endgültig verabschieden. Am Vormittag wollen sich die Fraktionen in Pressekonferenzen zu der Haushaltsplanung äußern.

Zeitplan für Haushaltsbeschluss soll weiter gelten

Noch ist völlig unklar, wie viel am Etatentwurf angepasst werden muss, denn das Urteil des Verfassungsgerichts könnte noch viel weitreichendere Folgen haben als auf den ersten Blick ersichtlich. Den Kernhaushalt für das kommende Jahr, also die Etats der einzelnen Ministerien, sieht die Ampel-Koalition aber nicht von dem Urteil betroffen. Der Bundeshaushalt soll daher weiterhin am 1. Dezember beschlossen werden. Dafür nahmen die Haushälter in der Nacht zum Freitag noch eine Reihe Änderungen vor.

Elterngeld-Reform kommt schrittweise

Vielen Ressorts wurde beim Haushalt im Vergleich zum Vorjahr gekürzt. Lindner hatte dem Parlament einen Spar-Etat vorgelegt, weil er die Schuldenbremse einhalten will - und sich dazu auch vom Grundgesetz verpflichtet sieht. Das Familienministerium hatte daher eine heftig umstrittene Elterngeld-Kappung für Bezieher hoher Einkommen angekündigt.

Diese fällt nach den Beratungen des Ausschusses aber weniger radikal aus. Die Einkommensgrenze, bis zu der Elterngeld gezahlt wird, soll nicht plötzlich, sondern schrittweise sinken. Bis Ende März soll sich gar nichts ändern. Danach fällt die Grenze auf 200.000 Euro zu versteuerndes Jahreseinkommen. Ab April 2025 soll eine Einkommensgrenze von 175.000 Euro gelten. Aktuell liegt die Grenze bei 250.000 Euro für Alleinerziehende und 300.000 bei Paaren.

Mehr Mittel für das Bürgergeld

Der Haushaltsausschuss sieht zudem deutlich mehr Geld für das Bürgergeld im kommenden Jahr vor, um die angekündigten Erhöhungen zu finanzieren und die verschlechterte Arbeitsmarktlage zu berücksichtigen. Laut der Beschlussvorlage wurden die geplanten Ausgaben für die monatlichen Regelzahlungen gegenüber dem Entwurf vom Sommer um 3,4 Milliarden Euro auf 27,7 Milliarden Euro erhöht. Bei der Übernahme der Wohn- und Heizkosten wurden 1,4 Milliarden aufgeschlagen auf insgesamt 11,1 Milliarden Euro. Auch bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsfähigkeit werden um 1,4 Milliarden erhöhte Kosten von 10,9 Milliarden Euro erwartet.

Geplante Kürzungen bei den Jobcentern in Höhe von 600 Millionen Euro seien im Ergebnis zurückgenommen und 150 Millionen Euro hinzugefügt worden, erfuhren Nachrichtenagenturen. Die Bundesagentur für Arbeit hatte bei Kürzungen vor negativen Folgen für den Arbeitsmarkt gewarnt, zumal sie auch Lohnerhöhungen im öffentlichen Dienst von rund 300 Millionen Euro finanzieren müsse.

Kürzungen beim Wohngeld

Zum Jahresanfang 2024 steigt das Bürgergeld für über fünf Millionen Erwachsene und Kinder in der Grundsicherung um bis zu 61 Euro im Monat und damit so stark wie noch nie. Die Erhöhung war im September beschlossen worden. Dies ergibt sich aus einem gesetzlich festgelegten Rechenweg, bei dem auch die hohe Inflation zu Buche schlägt. Die nun höher veranschlagten Ausgaben seien in der Regelsatzanpassung, "insbesondere aber in der sich deutlich eintrübenden wirtschaftlichen Entwicklung und den steigenden Arbeitslosenzahlen" begründet, heißt es in der Vorlage. Gekürzt wurde der Vorlage zufolge beim Wohngeld. Dort werden 2,15 Milliarden Euro veranschlagt und damit 270 Millionen Euro weniger als zuvor geplant.

Aufgestockt wurden auch die Mittel für Integrationskurse und Beratungsleistungen für Zuwanderer. Statt der ursprünglich vorgesehenen 880 Millionen Euro wurden 1,06 Milliarden Euro eingeplant. Auch für die Freiwilligendienste machten die Haushälter 80 Millionen Euro mehr locker.

Die Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie wird zum Jahreswechsel wieder auf 19 Prozent angehoben. Der Steuersatz war wegen der Corona-Pandemie auf sieben Prozent abgesenkt worden.

Plus für Ukraine-Hilfe und Senkung der Stromsteuer

Andere Änderungen hatte Lindners Ministerium selbst noch eingepflegt: In der Vorlage für die Ausschusssitzung wurde die Militärhilfe für die Ukraine auf acht Milliarden Euro verdoppelt. Außerdem wurden nach der Ampel-Einigung auf ein Entlastungspaket rund 1,3 Milliarden Euro mehr Zuschüsse für stromintensive Unternehmen eingeplant.

Die ebenfalls zur Entlastung beschlossene Senkung der Stromsteuer für das produzierende Gewerbe wird allerdings teurer als gedacht. Für 2024 und 2025 wird in der Ampel-Koalition jeweils mit Kosten von 3,25 Milliarden Euro gerechnet. Das geht aus einem Entwurf für das Haushaltsfinanzierungsgesetz hervor, der der Nachrichtenagentur dpa vorliegt. Bei Vorstellung des Konzepts war in Regierungskreisen von 2,75 Milliarden Euro die Rede gewesen.

Mehr Geld zum Kampf gegen Antisemitismus

In den Detailberatungen über den Bundeshaushalt sprach sich der zuständige Bundestagsausschuss zudem für mehr Geld zum Kampf gegen Antisemitismus aus. Wie die Haushaltspolitiker der Ampel-Koalition, Dennis Rohde (SPD), Sven-Christian Kindler (Grüne) und Otto Fricke (FDP), in Berlin mitteilten, sollen zusätzlich 100 Millionen Euro für die Unterstützung jüdischen Lebens, den Kampf gegen Antisemitismus und die Unterstützung Israels zur Verfügung gestellt werden. "Nicht erst seit dem unfassbaren Terror der Hamas gegen Israel ist klar: Wir haben einen Auftrag, jüdisches Leben in Deutschland und in der Welt sicherer zu machen", hieß es.

Verfassungsgerichtsurteil bringt Unsicherheit

Die Beratungen des Haushaltsausschusses fanden vor dem Hintergrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts statt. Das höchste deutsche Gericht hatte am Mittwoch eine Umwidmung von 60 Milliarden Euro im Haushalt von 2021 für nichtig erklärt. Diese Kredite waren zur Bewältigung der Corona-Krise genehmigt worden, wurden dann aber in ein Sondervermögen für Klimaschutz und die Modernisierung der Wirtschaft verschoben. Nun stehen die Milliarden nicht zur Verfügung.

Die Bundesregierung prüft derzeit, ob das Urteil noch weitreichendere Folgen auch für andere schuldenfinanzierte Sondervermögen hat. Die Haushälter wollen daher vorsichtshalber auch den Wirtschaftsstabilisierungsfonds sperren, aus dem unter anderem die Energiepreisbremsen gezahlt werden. Die oppositionelle Union hält es nicht für seriös, unter diesen Umständen überhaupt schon einen Haushalt zu beschließen - und stellte deshalb im Ausschuss keinen einzigen inhaltlichen Änderungsantrag. Die Chef-Haushälter der Ampel kritisierten das scharf. "Die Union hat sich heute Nacht der Mitarbeit leider verweigert", erklärten sie nach Ende der Sitzung.

Mit Informationen von dpa, Reuters, KNA und epd

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