Die Paralympics hatten den Beschluss bereits getroffen, nun zieht das Internationale Olympische Komitee nach: Sportler aus Russland dürfen nicht an der Athletenparade bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Paris 2024 teilnehmen. Diese Entscheidung traf die Spitze des Internationalen Olympischen Komitees am Dienstag nach Beratungen in Lausanne.
DOSB begrüßt Russland-Ausschluss von Eröffnungsfeier
Auch Athletinnen und Athleten aus Belarus, das ein enger Verbündeter Russlands ist, dürfen wegen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine nicht beim geplanten Spektakel auf der Seine zur Eröffnung der Sommerspiele am 26. Juli dabei sein. Die Sportler beider Länder sollen aber die Chance erhalten, die Zeremonie mitzuerleben, teilte das IOC mit.
"Wir begrüßen, dass das IOC damit weiterhin den Auftritt von Gruppen russischer oder belarussischer Athlet*innen verhindert. Nach den Mannschaftswettbewerben gilt das nun auch für den Einmarsch der Nationen bei der Eröffnungsfeier", sagte DOSB-Präsident Thomas Weikert: "Somit sollte es von den Olympischen Spielen Paris 2024 keine Bilder geben, die ein russisches oder belarussisches Team zeigen."
Schlussfeier-Entscheidung folgt - Teilnahme an Spielen unter neutraler Flagge
Über eine Teilnahme an der Schlussfeier am 11. August werde erst später entschieden. Zu Monatsbeginn hatten die Macher der Paralympics, die kurz nach den Olympischen Spielen auch in Paris stattfinden, einen ähnlichen Beschluss getroffen. Sowohl bei Olympia wie auch bei den Spielen der Behindertensportler sind Starter aus Russland und Belarus nur unter Auflagen zu den Wettbewerben zugelassen.
So müssen Teilnehmer aus diesen Staaten unter neutraler Flagge antreten. Ihre Hymnen dürfen nicht gespielt werden, das Tragen und Zeigen nationaler Symbole an den olympischen Stätten ist ihnen verboten. Mannschaften sind komplett ausgeschlossen, nur Einzelsportler erlaubt. Die von Russen und Belarussen gewonnen Medaillen werden nicht im Medaillenspiegel aufgeführt.
Sportler dürfen keine Verbindung zu Armee haben
Zudem soll in einem mehrstufigen Prüfverfahren von den jeweils zuständigen Weltverbänden und dem IOC sichergestellt werden, dass die startberechtigten Sportler aus Russland und Belarus keine Verbindungen zu Armee und Sicherheitsorganen haben. Außerdem dürfen sie den Krieg in der Ukraine nicht aktiv unterstützt haben. Eine dreiköpfige IOC-Prüfkommission soll das Einhalten dieser Bedingungen garantieren.
Russland hält die Auflagen für "unrechtmäßig, unfair und inakzeptabel", wie Stanislaw Posdnjakow, der Chef des Russischen Olympischen Komitees (ROC), sagte. Einen Olympia-Boykott schlossen die Russen aber zuletzt aus. Das ROC selbst wurde vom IOC suspendiert, weil es die vier annektierten ukrainischen Gebiete Donezk, Cherson, Luhansk und Saporischschja aufgenommen hat. Russische Politiker und Top-Sportfunktionäre sollen keinen Zugang zu den olympischen Wettbewerben erhalten.
Ukraine fürchtet in Paris Propaganda-Aktionen der Russen
Die Gegner der Startfreigabe für Russlands Sportler, allen voran die Ukraine, fürchten Propaganda-Aktionen bei den Sommerspielen. Es gebe in Russland keine neutralen Sportler, sagte der ukrainische Sportminister Matwij Bidny unlängst der Deutschen Presse-Agentur.
Das IOC verwies zuletzt darauf, dass wegen der Teilnahme-Bedingungen nur eine deutlich kleinere Zahl russischer Athletinnen und Athleten in Paris dabei sein werde als bei früheren Olympischen Spielen. Bislang haben sich laut IOC-Direktor James MacLeod erst zwölf russische und fünf belarussische Athleten qualifiziert, höchstwahrscheinlich steigen die Zahlen noch auf 36 und 22. Zum Vergleich: In Tokio 2021 starteten 330 Russen und 104 Belarussen.
Fronten zwischen IOC und Russland verhärten sich
Nachdem das IOC jahrelang enge Beziehungen zu Russland gepflegt und mit den Winterspielen 2014 in Sotschi Staatspräsident Putin eine Bühne geboten hatte, ist das Verhältnis mittlerweile abgekühlt. Bereits zuvor hatten deshalb Aussagen der Ringe-Verantwortlichen für Aufmerksamkeit gesorgt: "Die Aggressivität der russischen Regierung wächst von Tag zu Tag, gegen das Komitee, gegen die Spiele, gegen mich", sagte der in Würzburg geborene IOC-Präsident Thomas Bach der Zeitung "Le Monde". Nur wenige Stunden nach der Veröffentlichung des Interviews verschickte das Internationale Olympische Komitee dann eine pikante Erklärung und ging darin offen auf Konfrontationskurs.
Denn: Das IOC sieht durch Russlands Pläne seine eigenen Interessen bedroht. In einer Mitteilung am Dienstag nannte es das Vorhaben Russlands, im September sogenannte "Freundschaftsspiele" mit Athleten befreundeter Staaten auszurichten, "einen zynischen Versuch, den Sport zu politisieren". Das IOC forderte alle von Moskau eingeladenen Nationen auf, die Teilnahme an den Konkurrenz-Wettkämpfen und jegliche Form der Unterstützung abzulehnen. Am Abend folgte dann das russische Aus für die Eröffnungsfeier der Sommerspiele in Paris.