Fußballmannschaft in blauen Trikots bildet auf dem Rasen einen Kreis.
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Viele Nationen und Religionen, aber ein Team: Der TSV Maccabi Nürnberg.

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Jüdischer Verein TSV Maccabi Nürnberg - Sport statt Angst

Jüdische Sportvereine müssen momentan abwägen, ob sie den Spielbetrieb aufrechterhalten oder ihnen angesichts antisemitischer Bedrohungen das Risiko zu groß ist. Der TSV Maccabi Nürnberg will keine Angst zulassen und macht vorerst weiter.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Der Nahost-Konflikt hat auch auf Franken Auswirkungen: Immer wieder kommt es zu antisemitischen Vorfällen. Erst vor wenigen Tagen wurde beispielsweise ein israelisches Restaurant in Nürnberg beschmiert. In der Stadt gibt es seit 2016 den jüdischen Sportverein TSV Maccabi. Dort versucht man derzeit noch am normalen Vereinsleben und am Spielbetrieb festzuhalten. Andere jüdische Vereine in Deutschland haben zum Teil schon Spiele abgesagt.

Maccabi steht für Vielfalt

Sonntagmorgen in Nürnberg: Spieltag für die Fußball-Herren des TSV Maccabi in der Frankenmetropole. Auf dem Sportgelände unweit des Max-Morlock-Stadions trudeln langsam aber sicher die Spieler nacheinander ein. Sie alle tragen ihren blau-weißen Maccabi-Trainingsanzug. Sie unterhalten sich, lachen, die Stimmung ist entspannt.

Die Fußballer des jüdischen Vereins wollen an diesem Tag die Tabellenführung in der B-Klasse Nürnberg/Frankenhöhe verteidigen. Das Team ist bunt zusammengewürfelt, unter anderem Ukrainer, Russen, Kurden und Deutsche stehen als Mannschaft gemeinsam auf dem Platz.

Teamgedanke über den Sport hinaus

Sie alle vereine der Sport, unabhängig von der Herkunft oder Religion, sagt Maccabi-Vorstand Anatoli Djanatliev. "Der TSV Maccabi steht in erster Linie für den Sport. Aber natürlich auch das Thema Integration, Inklusion, also gesellschaftspolitische Verantwortung, die auch dazugehört, die ist bei Maccabi ganz, ganz wichtig." Im Team würden sie sich auch abseits des Fußballplatzes helfen, sagt Djanatliev - egal ob zum Beispiel beim Umzug, der Wohnungssuche oder anderen Problemen. Das mache die Gemeinschaft aus.

Nahost-Konflikt in den Köpfen

Insgesamt gibt es in Deutschland mehr als 30 Maccabi-Ortsvereine. Der Nürnberger Ableger mit insgesamt acht Sportarten und rund 300 Mitgliedern gehört zu den jüngeren, er wurde 2016 gegründet. Der Nahost-Konflikt ist derzeit natürlich auch bei dem jüdischen Sportverein Thema, sagt Mannschaftskapitän Mark Rubinchik. "Ich denke, wir treffen uns alle, um das ein wenig aus den Köpfen zu bekommen und dafür ist der Sport und auch der Fußball eine gute Art und Weise, dass man für zwei, drei Stunden vielleicht vergisst, was aktuell in der Welt passiert."

Nicht mit Kippa durch die Stadt

Ortswechsel: Im Nürnberger Norden trainiert das Tischtennis-Team vom TSV Maccabi in zwei kleinen Sporthallen an mehreren Platten. Sowohl die erste als auch die zweite Mannschaft spielen in dieser Saison um den Aufstieg. Auch hier würden sich die Mitglieder vor allem auf den Sport konzentrieren wollen, sagt Spieler Igor Kelman. Er fühle sich trotz der angespannten Lage sicher. "Natürlich würde ich jetzt nicht mit einer Kippa durch die Stadt laufen, das muss ich wirklich sagen. Aber trotzdem denke ich, dass wir in Deutschland von unserem Staat geschützt sind und ich würde da jetzt nicht so große Bedenken aussprechen."

Spielabsagen bei TSV Maccabi Nürnberg noch kein Thema

Zurück auf dem Fußballplatz. Hier fühle sich das Team von Maccabi derzeit sicher, sagt Vorstand Anatoli Djanatliev. Andere Ortsverbände etwa in München hätten bereits Spiele abgesagt. In Nürnberg gebe es dafür momentan noch keinen Anlass. "Es gibt auch regelmäßig Situationen auf Facebook oder Instagram oder auf anderen Kanälen, die vielleicht nicht so schön sind. Nichtsdestotrotz denke ich schon, dass wir momentan die Situation ganz gut vertreten können", sagt der Maccabi-Vorstand.

Vorsicht, aber keine Angst

Vorsicht sei natürlich immer geboten. Man stehe mit der israelitischen Kultusgemeinde im engen Austausch und bewerte die Situation immer wieder neu. Verstecken wollten sich die Sportler nicht, betont Kapitän Mark Rubinchik. "Jeder, der seine Vereinsuniform hat, der trägt sie. Klar, macht man sich seine Gedanken. Aber ich glaube, das darf nicht zur Angst werden."

Durch den Sport verbunden geben sich die Spieler des TSV Maccabi Nürnberg gegenseitig Kraft. An diesem Tag steht am Ende ein 2:0-Sieg und weiterhin Platz 1 in der Tabelle.

Anatoli Djanatliev, Vorstand TSV Maccabi Nürnberg, im Interview.
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Jüdischer Sportverein

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