Bei den Paralympischen Spielen öffnet sich vom 28. August bis 8. September eine der größten Sportbühnen der Welt für die Athleten mit körperlichen Einschränkungen. Auch für Moritz Brückner erfüllt sich dabei ein großer Traum, es geht vom heimatlichen Buxheim zu seinem paralympischen Debüt mit dem Rollstuhlrugby-Team nach Paris.
Brückner: "Der Peak des Jahres, vielleicht sogar des Jahrzehnts"
Nach 16 Jahren hat sich das Team wieder für die Paralympics qualifiziert – größer geht es auch für den 25-jährigen Unterallgäuer in seinem Sport nicht: "So richtig realisieren kann man das nicht. Jetzt gerade mit den Paralympics ist das der Peak des Jahres für mich, vielleicht sogar des Jahrzehnts. Das ist so ein Moment, den werde ich meinen Kindern noch erzählen."
Der Weg dahin war allerdings für den Para-Athleten kein einfacher. Ein Unfall vor fünf Jahren hatte das Leben des mittlerweile 25-Jährigen dramatisch verändert. Beim Surfen brach er sich mehrere Halswirbel. Seitdem ist er an den Beinen gelähmt und hat nur wenig Kraft in Armen und Händen – also eingeschränkt an mindestens drei Gliedmaßen. Das ist die körperliche Voraussetzung, um professionell Rollstuhlrugby spielen zu können.
Neue Leidenschaft Rollstuhlrugby
Zum Rollstuhlrugby kam Brückner in der Rehaklinik in Murnau. Agilität, Aggressivität und der Teamgedanke waren drei Dinge, durch die dieses Spiel schnell zu seiner Leidenschaft wurde.
Vom Sport geprägt war sein Leben auch schon vor dem Unfall. Die Leidenschaft damals allerdings das Tanzen. "Ich bin sehr stolz, wenn ich mich tanzen sehe. Krass, das habe ich schon gemacht. Manche werden da vielleicht wehmütig. Ich würde lügen, wenn ich nicht sagen würde, dass das nicht manchmal mitschwingt", so Brückner. "Aber der Körper bin ich nicht mehr, mein Körper braucht andere Sachen".
Nach Diagnose neue Ziele gesetzt
Für ihn ist Kapitel eins – ein Leben ohne Rollstuhl - abgeschlossen. Das zweite Kapitel wird seit dem Unfall geschrieben. Bereits eine Stunde nach der Diagnose Querschnittslähmung stellte Brückner schon einen Plan auf. Er ließ sich Stift und Papier geben und setzte die ersten Ziele. "Ich habe dann gedacht: Ok, was habe ich denn jetzt? In drei Tagen kommen meine Eltern. Eine Woche später werde ich zu Hause sein. Dann gebe ich mir ein Jahr Zeit, um zu schauen, was kann ich aus diesem Körper noch rausholen, wo geht's hin und dann wusste ich, ich will auch wieder arbeiten".
Seine erste Idee Stand-up-Comedy zu machen legte er ad acta und machte sich stattdessen als Motivationsredner selbstständig, hält Vorträge, um Menschen Mut zu machen. In einem Podcast spricht er zudem über Inklusion und will dadurch auch Vorurteile abbauen. Und er berät Rollstuhlfahrer, wie sie ihren Alltag einfacher gestalten können.
Brückner: Schau, dass ich alles "aus diesem einen Leben raushole"
Auch das zweite Kapitel seines Lebens bekommt also schnell neue Seiten. Denn Brückner will nicht stillstehen: "Viele hören die Geschichte und sagen, das könnte ich nicht. Wo ich denke: Leute, ihr habt keine Wahl. Es ist nicht so, dass ich mir denke, geht nicht. Die Leute müssen verstehen, dass das Leben nichts ist, was du wegschmeißen und dir morgens wieder neu holen kannst. Du hast ein Leben und wie du das machst, wie du das gestaltest, ist ganz dir überlassen".
Brückner nimmt die ganze Challenge an. "Nur weil ich nicht mehr Bergsteigen kann und Klarinette spiele, heißt das nicht, dass ich darauf verzichten werde. Ich werde einmal mehr gucken, dass ich alles aus diesem einen Leben raushole", sagt der 25-Jährige und findet dafür neue Möglichkeiten. Statt Klarinette oder Posaune spielt er jetzt eben Mundharmonika.