Josia Topf ist im Wasser in seinem Element. Der Paraschwimmer hält zahlreiche Weltrekorde, hat unzählige Medaillen bei Europa- und Weltmeisterschaften gewonnen. Bei seinen zweiten Paralympischen Spielen in Paris hat er Gold und Silber geholt! An Land aber ist er fast ständig auf Hilfe angewiesen, denn Josia Topf hat das TAR-Syndrom. Das bedeutet unter anderem: Seine Hände sind an seinen Schultern angewachsen, seine Beine sind ungleich und versteift.
Den Sport in die Wiege gelegt
Zum Sport kommt Josia Topf durch seinen Vater, Hans-Georg Topf, der als erfolgreicher Triathlet unter anderem beim Iron Man an den Start ging. Schon als kleines Kind nimmt er Josia Topf im Buggy mit zum Joggen. Im alljährlichen Mallorca-Urlaub bringt der Vater ihm das Schwimmen bei. Dabei geht es ihm zunächst um Sicherheitsbedenken. "Jeder muss schwimmen lernen, egal ob behindert oder nicht-behindert", erinnert sich Josia Topf an die Worte seines Vaters.
Der Vater ist sich zunächst nicht sicher, ob sich sein Sohn im Wasser fortbewegen kann. Aber er hofft, dass sich Josia, sollte er ins Wasser fallen, sich lang genug über Wasser halten kann. Als erstes kommen deshalb Atemübungen, um genug Luft in die Lunge zu bringen, damit Josia Topf nicht untergehen kann.
Erster Erfolg: Seepferdchen
Das Seepferdchen macht Josia Topf durch Zufall. Vater und Sohn melden sich spontan im Herzogenauracher Wellenbad zur Prüfung an. "Wir wussten noch nicht, ob ich das schaffe. Das war mehr so ein Schuss ins Dunkle", lacht Josia Topf. Das Schwimmen schafft er locker. Aber den Ring vom Beckenboden hochtauchen ist ohne Arme schwierig. Die Lösung: er greift den Ring mit den Füßen. Nach mehreren Versuchen klappt das. "Und dann hat der Bademeister gesagt, Ring hochholen ist Ring hochholen. Das gibt das Seepferdchen", lacht Hans-Georg Topf.
Die Mutter verpasst diesen Meilenstein zunächst. "Wir haben ja alles gefeiert, was er geschafft hat – weil bei diesem Kind alles nicht so ging wie bei den anderen Kindern. Dieses Event ohne mich zu machen, da war ich stinkesauer”, lacht Wiebke Topf. Das Seepferdchen hängt heute noch gerahmt in Josia Topfs Zimmer – mittlerweile neben unzähligen Medaillen und Pokalen aus seiner Schwimmkarriere.
Soziale Kontakte im Schwimmverein
Im Grundschulalter melden die Eltern ihren Sohn im Schwimmverein an, auch um Freundschaften zu knüpfen. "Vereinsmitgliedschaft ist ja auch ein soziales Event. Das hatte er bis dahin nicht erlebt", sagt Hans-Georg Topf. Der Erlanger Schwimmverein SSG81 nimmt ihn bereitwillig auf und verlangt, anders als viele andere Vereine, keine zusätzlichen Gebühren für Behinderte. Der Schwimmverein wird damals hauptsächlich von einer Familie geleitet. "Die Familie Thiel war sehr engagiert und hat gesagt, jeder darf mitmachen. Man muss auch nicht schnell schwimmen", erinnert sich der Vater an die Anfänge. Josia fühlt sich sofort wohl, findet enge Freunde – und bald auch großen Gefallen am Schwimmen als Leistungssport. Chris Thiel trainiert ihn bis heute – ehrenamtlich – und bereitet ihn auf alle wichtigen Wettkämpfe vor.
Erfolgsgeheimnis: Mentale Stärke & familiärer Rückhalt
2018 holt Josia Topf bei der Europameisterschaft in Dublin seine erste große, internationale Medaille. Weltmeisterschaften (2019, 2022), Europameisterschaften (2018, 2024), Gold und Silber bei den Paralympics in Paris und mehrere Weltrekorde – Josia Topf wächst immer wieder über sich hinaus und holt mehr Titel als er zählen kann.
Sein Erfolgsgeheimnis Nummer eins ist seine Familie, für die Erfolge im Alltag mehr zählen als Medaillen. "Als ich durch das Schwimmtraining stärker geworden bin und zum ersten Mal eine Tür öffnen konnte, haben sie das mehr gefeiert als eine neue Bestzeit."
Erfolgsgeheimnis Nummer zwei ist Josia's unglaublicher Wille. Während die Mutter bei Wettkämpfen aufgeregt ist, bleibt Josia Topf fokussiert auf das Wesentliche. "Der ist eine unglaubliche Kampfsau, der hat noch nie die Nerven verloren", sagt Mutter Wiebke. Dieser Kampfgeist hilft ihm Hindernisse zu überwinden – und neben dem Spitzensport ein Jurastudium in Regelstudienzeit durchzuziehen.
Große Ziele, aber noch lange nicht am Ende
Sein Trainer Chris Thiel glaubt, dass sich Josia auf einem guten Kurs befindet. Schließlich hat er sich in den letzten Jahren nochmals sportlich deutlich weiter entwickelt, macht Krafttraining, Höhentraining und Physiotherapie. "Jetzt ist er in der Weltspitze angekommen. Wir wollten da hin. Dass, das jetzt so im Training aufgegangen ist, ist ein sehr schönes Gefühl", sagt Thiel. Nach den Medaillen in Paris hat Topf schon das nächste Ziel – die Spiele in Los Angeles 2028.
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