Die Olympischen Sommerspiele in Paris sind Geschichte - doch in gut zwei Wochen - ab dem 28. August - dürfen wir wieder mitfiebern: Dann beginnen die Paralympics 2024 für Athleten mit Behinderung. Mit dabei ist auch der Nürnberger Matthias Schindler. Der 42-Jährige hat sich als Para-Radler für das Straßenrennen qualifiziert.
Er gilt als ein vielversprechender Ausnahmeathlet auf Medaillenkurs, denn nach Bronze bei den Paralympics in Tokio ist er im vergangenen Jahr auch Europameister und Weltmeister geworden. Und nun trainiert der gebürtige Regensburger für Gold in Paris.
Seine Geschichte: aus dem Rollstuhl aufs Rennrad
Wenn Matthias Schindler zum Training auf sein Rennrad steigt, merkt man dem 42-Jährigen kaum an, dass er seit einer Tumor-Operation am Rückenmark vor 13 Jahren eine schwere, inkomplette Querschnittslähmung hat und seine Beine praktisch taub sind. Es war ein Zufallsbefund, der die Lebensplanung des Polizisten völlig über den Haufen geworfen hat, denn Matthias Schindler wollte Hubschrauberführer werden und musste sich dafür einer intensiven flugmedizinischen Kontrolle unterziehen. Dabei wurde der Tumor entdeckt und nach reiflicher Überlegung in München operiert.
Als er nach der sechsstündigen Operation aufwachte, spürte er seine Beine nicht mehr. Der Tumor war im Rückenmark mit Nervenzellen verwachsen und die wurden beim Eingriff beschädigt. Einen Monat lang blieb Matthias Schindler nach der OP im Münchner Klinikum und konnte weder sitzen noch sich selbst versorgen. Doch im Rollstuhl bleiben wollte der damals 29-jährige Polizist nicht und kämpfte sich danach mühsam in der Rehaklinik im mittelfränkischen Herzogenaurach ins Leben zurück. Nach sechs Monaten konnte er die Rehaklinik wieder gehend verlassen. "Ich bin am Anfang Dreirad gefahren und irgendwann war der Wille da, dass ich es wieder aufs Zweirad zurückschaffe. Ich hatte mit Radsport nichts zu tun, aber dann dachte ich mir, ich probiere es im Behindertensport", so Matthias Schindler.
Seine Erfolge: Europa- und Weltmeister 2023
Radfahren ist für Matthias Schindler einfacher als Gehen, sagt er. Dabei spüre er seine Behinderung deutlich weniger. Das war sein Ausweg aus einer tiefen Krise. Weil er beruflich aufgrund seiner Behinderung nicht mehr vorankommen konnte, hat Matthias Schindler seine Ziele auf den Radsport verlagert. Daraus ist inzwischen eine beeindruckende Profikarriere geworden. Erste Erfolge stellten sich bald ein. 2021 gewann er bei den Paralympics in Tokio im Einzelzeitfahren die Bronzemedaille. 2023 gewann er in seiner Disziplin die Europa- und Weltmeisterschaft.
Sein Ziel: Gold bei den Paralympics in Paris
Jetzt trainiert Matthias intensiv für die Paralympics in Paris. Sein Trainingspensum ist in der Endphase enorm und seine Disziplin groß. 30 Stunden pro Woche auf dem Rennrad. Zwei Einheiten pro Tag die Regel. 180 Kilometer normal. "Ich trainiere in Dreierblöcken, ich habe drei Tage Training, dann ein Tag Ruhe, aber es nicht so, dass man an Ruhetagen nichts macht."
An seinen Ruhetagen widmet sich Matthias seiner körperlichen Regeneration. Er geht zur Sportphysiotherapie gegen die Muskelverhärtung oder in die Kältekammer, um seinem Körper und Geist einen neuen Kick zu geben. In und um seine Heimatstadt Nürnberg hat er die idealen Trainingsbedingungen gefunden, sagt er, ein Höhentraining wie andere brauche er nicht. Dabei ist sein Ehrgeiz groß.
"Ich möchte meine stärkste Leistung in Paris abrufen. Am Ende werde ich das Ergebnis nicht beeinflussen können, sondern nur meine Leistung und die muss an dem Tag einfach topp sein." Parasportler Matthias Schindler
Matthias will in Paris Gold holen und danach wahrscheinlich aufhören, denn daheim warten Frau und zwei Töchter auf ihn. Und dieses Familienglück ist für ihn sein allergrößter Erfolg.
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