Man lernt nie aus im Leben. Für diese alte Binsenweisheit ist Pius Paschke der lebende Beweis. Der gebürtige Münchner hat mit seinem - für Skispringer - recht stattlichen Alter von 34 Jahren den besten Saisonstart seiner Karriere hingelegt. In Lillehammer durfte er anstelle von Karl Geiger im Mixed-Team starten. Paschke half mit einer guten Leistung zum ersten DSV-Weltcupsieg in dieser Disziplin, gewann tags darauf zum zweiten Mal in seiner Karriere einen Weltcup-Wettbewerb und rundete ein fast perfektes Wochenende am Sonntag mit einem zweiten Platz ab.
"Rakete" Paschke: "Haben unser Zeug ordentlich gemacht"
"Das war der Wahnsinn, ein richtig guter Einstand", sagt Paschke im exklusiven BR24Sport-Interview und fügt mit Blick auf Freitag in seiner gewohnt unaufgeregten Art an: "Die beiden Mädels (Katharina Schmid und Selina Freitag, Anm. der Red.) sind richtig gut gesprungen und wir haben auch unser Zeug gutgemacht." Eine leichte Untertreibung, schließlich bekam Paschke vom Bundestrainer ein Extra-Lob: Der Mann vom WSV Kiefersfelden habe "eine Rakete gezündete", sagte Stefan Horngacher und attestierte ihm eine "grandiose Leistung".
"Letztes Jahr war auch schon cool. Ich habe das Gefühl, ich lerne jedes Jahr ein bisschen dazu. Dass es jetzt heuer beim ersten Wettkampf so aufgeht, ist richtig geil", sagte Paschke im ARD-Interview nach seinem Sensationstriumph am Samstag. "Ich mache in allen Bereichen das, was für mich am besten ist. Früher habe ich relativ viel gemacht - oft auch Sachen, die nicht wirklich hilfreich waren. Ich habe herausgefunden, was für mich und meinen Sprung wirklich wichtig ist", so Paschke weiter.
Paschke: "War auf mich alleine gestellt"
Diese Erkenntnis reifte an einem Tiefpunkt seiner Karriere im Jahr 2017. Paschke war damals schon seit Jahren mit dem DSV-Team unterwegs, hatte sich im Weltcup-Team etabliert, durfte bei der Vierschanzentournee starten - und flog plötzlich aufgrund mangelnder Ergebnisse sogar aus dem B-Kader der Nationalmannschaft. "Gerechterweise", wie er heute sagt. "Ich hatte eine Phase, wo ich extrem schlecht gesprungen bin."
Ein Schlüsselerlebnis für Paschke, dem bewusst war, dass es das mit seiner Karriere gewesen sein könnte. "Ich wusste, ich muss liefern." Also stellte Paschke sein Training um: "Ich war mehr auf mich allein gestellt und habe viel mit meinem Trainer Christian Leitner in Berchtesgaden trainiert. Dabei bin ich auf den Geschmack gekommen, mehr mein Ding zu machen und alles so zu gestalten, wie ich das will. Ich habe gedacht: Wenn ich den Karren gegen die Wand fahre, dann war es wenigstens meine Entscheidung", sagte Paschke gegenüber Sportbuzzer.
Pius Paschke: Heraus aus dem Schatten
Paschkes Umstellung trug schnell Früchte: Im Continental-Cup holte er drei Siege hintereinander und verdiente sich zudem durch starke Trainingsleistungen seine Rückkehr ins Weltcup-Team. Dort war Paschke solide, zeigte im Training immer wieder, dass er eigentlich ganz vorne mitspringen könnte, aber setzte dies, wenn es darauf ankam, nicht in Ergebnisse um. Somit blieb Paschke immer im Schatten von Markus Eisenbichler und Geiger.
In der vergangenen Saison trat er schließlich aus diesem heraus. Auch damals startete er äußerst stark in die Saison. In Engelberg feierte er den ersten Weltcup-Sieg seiner Karriere - als ältester Debütsieger des Skisprungweltcups - und landete erstmals am Ende des Winters in den Top 10 des Gesamtweltcups. Nur der Drittplatzierte Andreas Wellinger war in der internen DSV-Konkurrenz besser als er.
Paschkes Ziel: "Den ganzen Winter durchziehen"
Nun holt er den nächsten Alters-Rekord: Aus Lillehammer reist der 34-Jährige mit dem gelben Trikot ab. Noch nie war ein Gesamtweltucp-Führender so alt wie Paschke. "Ich bin ein Spätberufener, das ist schon so", sagt Paschke. Doch er ist recht pragmatisch, sieht seine aktuellen Leistungen ganz simpel als natürliche Weiterentwicklung seit 2017: "Du musst dich erstmal über Jahre aufbauen. Das geht nicht von heute auf morgen. Zumindest mir ist das nicht gelungen. Deswegen hat es so lange gedauert."
Wie die Entwicklung für Paschke weitergeht, bleibt abzuwarten. Er selbst hat eine recht klare Vorstellung, davon, was der logische nächste Schritt in seiner Entwicklung wäre: "Das Ziel ist, dass ich das über den ganzen Winter durchziehe. Weil ich hatte oft im Januar, Februar einen Abfall. Diesmal schaue ich, dass ich es bis Ende März durchziehe." Der älteste Sieger einer Vierschanzentournee ist übrigens Josef Bradl, der 1953 im Alter von 35 Jahren und 3 Tagen triumphierte - um diesen Rekord zu brechen, muss Paschke bis nächstes Jahr warten. Aber das würde ja ganz zu der natürlichen Entwicklung des Oberbayern passen.
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