In der Oberpfalz haben Bürger die Umbenennung einer Straße verhindert, die an einen wegen Kindesmissbrauchs verurteilten Priester erinnert. Bei einem Bürgerentscheid stimmten nach vorläufigem Ergebnis 57,7 Prozent (externer Link) der Wähler gegen die Namensänderung. Die Wahlbeteiligung lag bei 62,6 Prozent (1.360 Stimmen). Der Gemeinderat von Eslarn (Landkreis Neustadt an der Waldnaab) hatte beschlossen, der Straße einen neuen Namen zu geben. Kritiker der Umbenennung setzten schließlich über ein Bürgerbegehren den jetzt erfolgten Bürgerentscheid durch.
Befürworter tief enttäuscht
Bürgermeister Rainer Gäbl (SPD) zeigte sich am Abend enttäuscht. Das Ergebnis sei nicht in seinem Sinne und trage dazu bei, dass der Markt Eslarn bundesweit stigmatisiert werde. "Die eigentlichen Verlierer des heutigen Abends sind aber die Opfer seelischer, körperlicher und sexueller Gewalt", sagte Gäbl dem BR. Der Betroffenenbeirat des Bistums Regensburg bedauerte das Ergebnis sehr. Es sei eine Chance verpasst worden, ein deutliches Signal zu setzen, als Vorbild für den Umgang mit Betroffenen, so der Sprecher des Gremiums, Manuel Druminski. "Für uns Betroffene gilt damit, dass wir ein weiteres Mal zu Opfern gemacht werden", schrieb er in einer Mitteilung. "Unser Leid wurde von Argumenten wie Kosten, Bequemlichkeit und Desinteresse begraben."
Neun Missbrauchsopfer haben sich gemeldet
Die Georg-Zimmermann-Straße ist nach dem vor 40 Jahren gestorbenen katholischen Geistlichen benannt, der einst Musiklehrer war und 1969 wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt wurde. Dennoch ehrte ihn seine Heimatgemeinde im Jahr 1993 mit der Straßenbenennung. Das sei aus heutiger Sicht ein Fehler gewesen, sagte Bürgermeister Reiner Gäbl (SPD) im Sommer, als der Gemeinderat das Datum für den Bürgerentscheid festlegte.
Zuletzt meldeten sich immer mehr Opfer Zimmermanns. Laut dem Sprecher des Betroffenenbeirats des Bistums Regensburg, Manuel Druminski, hätten inzwischen neun Menschen gegenüber dem Gremium oder auch einer Rechtsanwältin angegeben, dass sie Opfer von Missbrauch durch den Theologen und einstigen Diözesanmusikdirektor sind. Im August waren es drei Betroffene. Die Betroffenen, die sich nun gemeldet haben, berichten von Missbrauchstaten auch nach Zimmermanns Haftstrafe, unter anderem, als der Theologe und Musiker im bischöflichen Knabenseminar in Weiden eingesetzt war.
Anwohner fürchten organisatorischen Aufwand und Kosten
Die Anwohner der Georg-Zimmermann-Straße hatten ein Bürgerbegehren gegen die Umbenennung initiiert, weil sie großen organisatorischen und finanziellen Aufwand durch eine Straßenumbenennung fürchten. Sie verurteilen die Taten des Theologen und jeglichen Missbrauch, hätten sich aber mehr Transparenz und eine bessere Kommunikation der Gemeindeverwaltung im Vorfeld der Beschlüsse zur Umbenennung gewünscht. Am Abend zeigten die Anwohner sich zufrieden. Die Demokratie habe gesiegt, so Sprecher Karl Brenner. "Es hätte nie passieren dürfen, dass diese Straße nach dem benannt wird", sagte ein weiterer Anwohner.
Die Gegner der Umbenennung schlagen als "kleinsten gemeinsamen Nenner" vor, am Straßenschild ein Zusatzschild mit einem QR-Code anzubringen, über den Informationen über den Namensgeber und seine Taten zu erfahren sind. Damit wären die Taten des Theologen nicht einfach ausradiert, sondern würden als Mahnmal erhalten bleiben.
Mit Informationen von dpa
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