Fünf Siege in den ersten acht Wettkämpfen - das ist vor Pius Paschke noch keinem DSV-Adler gelungen. Der Vorsprung des 34-Jährigen im Gesamtweltcup ist komfortabel und so geht der Oberbayer als großer Favorit in die 73. Vierschanzentournee, die traditionell in Deutschland und Österreich stattfindet. Seit Sven Hannawalds Grand-Slam-Erfolg im Jahr 2002 hat kein DSV-Adler mehr die Tournee gewinnen können, trotz vielversprechender Leistungen Jahr für Jahr. Die deutschen Skisprung-Fans lechzen nach einem Tournee-Sieg.
Andreas Wellinger verpasste im vergangenen Jahr knapp den Erfolg hinter Ryoyu Kobayashi aus Japan. Der Titelverteidiger scheint momentan nicht in Form zu sein, ist aber eigentlich auch nie zu unterschätzen. Zudem hat Paschke einige weitere Konkurrenten - vor allem aus dem Co-Gastgeberland Österreich, aber auch aus Norwegen und aus der Schweiz.
Die 73. Vierschanzentournee - der Zeitplan
Auftaktspringen in Oberstdorf:
Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen:
Bergiselspringen in Innsbruck:
Dreikönigsspringen in Bischofshofen:
Vier Schanzen in Deutschland und Österreich
Vier Schanzen mit unterschiedlichen Charakteristiken warten auf die weltbesten Skispringer. Dabei kommen die DSV-Adler meist sehr gut mit den eigenen Anlagen in Oberstdorf und Garmisch-Partenkirchen zurecht, auf denen sie deutlich mehr Trainingssprünge als der Rest in den Beinen haben.
Die Schicksalsschanze für die deutschen Skispringer befand sich in den vergangenen Jahren daher gar nicht in Deutschland, sondern in Österreich: am Bergisel in Innsbruck. Dort, wo der Aufsprungs-Hang tückisch ist, wo es auf einen guten Absprung und weniger als an allen anderen Schanzen auf überragende Flieger ankommt. Dort, wo die Winde eine deutlich größere Rolle spielen, dort zerschellten immer wieder die Träume vom deutschen Tournee-Sieg.
2021 war der Oberstdorfer Karl Geiger, als Tournee-Zweiter angereist, dort aber nur 30.. Ähnlich erging es Richard Freitag (2017/2018) und dem Bayerwäldler Severin Freund (2015/16) in den Jahren zuvor. Zum Abschluss in Bischofshofen, wo dann wieder die Flieger gefragt sind, sind die deutschen Springer dann traditionell für Podestplätze gut.
Paschke ist der Gejagte - starke Österreicher
Pius Paschke führt aktuell mit einem komfortablen Vorsprung im Gesamtweltcup, doch hinter dem Athleten vom WSV Kiefersfelden lauern gleich drei Österreicher. Daniel Tschofenig, Jan Hörl und Dauerbrenner Stefan Kraft sind in guter Form. Zusammen mit Maximilian Ortner und Michael Hayböck kommen die Hälfte der aktuellen Top-10-Springer aus Österreich. Auch der Schweizer Gregor Deschwanden überzeugte bisher.
Die Norweger Marius Lindvik, Kristoffer Eriksen Sundal und Halvor Egner Granerud sind dagegen eher durchwachsen in die Saison gestartet. Wie aussagekräftig das Formtief vom Titelverteidiger und dreimaligen Tourneesieger Ryoyu Kobayashi ist, wird sich in Oberstdorf zeigen. Während deutsche und österreichische Springer oftmals mit viel Druck vor den eigenen Fans in die Tournee gehen, hat der Japaner da deutlich mehr Abstand zur Heimat - und kann freier fliegen.
"Tournee-Fluch" auf deutschen Weltcup-Führenden?
Knapp hinter Kobayashi ist im vergangenen Jahr Andreas Wellinger gelandet, auch in diesem Jahr zeigt der Ruhpoldinger gute Leistungen. Ein Sieg hat er schon auf dem Konto. Karl Geiger reist mit einem Podestplatz im Gepäck an. Der 31-jährige Oberstdorfer ging 2021 als Weltcup-Führender beim Auftakt auf seiner Heimatschanze an den Start, gewann dann aber wie fünf DSV-Adler im Gelben Trikot vor ihm nicht die Tournee.
Routinier Paschke lässt sich von solchen Statistiken nicht beunruhigen: "Die Situation ist neu, ändert aber nichts an meiner Herangehensweise", sagte er. Nichts spricht gegen den 34-Jährigen, denn Paschke ist nicht nur stark, sondern auch stabil. Die mäßige Generalprobe in Engelberg war allerdings ein Stimmungsdämpfer.
Nach welchem Modus wird der Tourneesieger ermittelt?
Die Punkte aller acht Wettkampf-Durchgänge werden addiert, der Springer mit der höchsten Gesamtpunktzahl gewinnt. Ungewöhnlich ist nur die Startreihenfolge im Wettkampf: Anders als im Weltcup springen die Athleten nicht in der umgekehrten Reihenfolge des Gesamtweltcups die besten 30 für den zweiten Durchgang aus, sondern in 25 K.o.-Duellen, die in der Qualifikation ermittelt werden: Der Beste trifft auf den 50., der Zweite auf den 49. - usw. Die Sieger der Duelle plus fünf beste Zweite erreichen das Finale.
Die vier Tournee-Schanzen
Oberstdorf, Schattenberg-Arena
- Gesamthöhe: 140 Meter
- Anlauflänge: 105,5 Meter
- Schanzenrekord: Sigurd Pettersen/Norwegen, 143,5 Meter.
Garmisch-Partenkirchen, Olympiaschanze
- Gesamthöhe: 149 Meter
- Anlauflänge: 103,5 Meter
- Schanzenrekord: Dawid Kubacki, 144,0 Meter.
Innsbruck, Bergisel-Stadion
- Gesamthöhe: 130 Meter
- Anlauflänge: 98 Meter
- Schanzenrekord: Michael Hayböck, 138,0 Meter.
Bischofshofen, Paul-Außerleitner-Schanze
- Gesamthöhe: 132,5 Meter
- Anlauflänge: 125 Meter
- Schanzenrekord: Dawid Kubacki, 145,0 Meter
Dieser Artikel ist erstmals am 21. Dezember 2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel aktualisiert und erneut publiziert.