Hof in Oberfranken: Hier nutzen vier Millionen Menschen im Jahr das Angebot der städtischen HofBus GmbH. In der Frankenmetropole Nürnberg in Mittelfranken befördert die Verkehrs-Aktiengesellschaft (VAG) pro Jahr ein Vielfaches davon. Bis zu 152 Millionen Fahrgäste nutzen U-Bahnen, Straßenbahnen und Busse. Es ist ein Verhältnis wie zwischen David und Goliath. Dementsprechend unterschiedlich beurteilen die beiden Verkehrsbetriebe das 9-Euro-Ticket für die Monate Juni bis August.
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Hof: Keinerlei Mehrkosten befürchtet
Um die vier Millionen Euro Umsatz machte die HofBus GmbH vor der Corona-Pandemie. In den vergangenen zwei Jahren waren es deutlich weniger. Allein die Personalkosten verschlingen, wie bei den meisten Verkehrsbetrieben, den größten Teil davon. In den kommenden drei Monaten erwartet HofBus-Geschäftsführer Jean Petrahn nun einen Umsatzeinbruch von bis zu 90 Prozent durch das 9-Euro-Ticket. Trotzdem freut er sich auf das Experiment im Öffentlichen Nahverkehr.
"Wir sehen das 9-Euro-Ticket wirtschaftlich sehr, sehr positiv. Das wird für uns finanziell keine Nachteile haben, eher im Gegenteil. Denn der Bund hat signalisiert, dass er sämtliche Einnahmeausfälle ausgleichen wird." Jean Petrahn, HofBus-Geschäftsführer
Der Bund gibt 2,5 Milliarden Euro zur Finanzierung des 9-Euro-Tickets, die die Verkehrsbetriebe über die jeweiligen Länder abrufen sollen.
Hof: Busse im Sommer nicht voll
Zusätzliche Personalkosten fürchtet man in Oberfranken durch das 9-Euro-Ticket nicht. Gerade in den Sommermonaten seien die Busse in Hof ohnehin nicht voll, und so sei genug Platz für zusätzliche Fahrgäste, die das billige Ticket bringen dürfte und die vielleicht danach auch bleiben, so die Hoffnung des HofBus-Chefs. Zusätzlich hat der Bund angekündigt, für die Schlussabrechnung der Umsätze nach August als Vergleichsgrundlage das Vor-Pandemie-Jahr 2019 heranzuziehen. Eine gute Sache, so Petrahn.
Nürnberg: Hunderttausende Euro für System-Umstellung
In Nürnberg fordert das 9-Euro-Ticket die Verkehrs-Aktiengesellschaft (VAG) schon, bevor es am 1. Juni überhaupt offiziell losgeht. Vor dem Kunden-Center im Hauptbahnhof stehen Menschen beim Vorverkaufsstart diese Woche Schlange. Allein die Umstellung der Systeme, Automaten und Apps, die es für den Verkauf des neuen Tickets braucht, kosten die VAG bis zu 400.000 Euro, erklärt der Bereichsleiter Verkauf beim Nürnberger Verkehrsunternehmen, Thomas Seyfried. Aktuell werden 150.000 Kunden angeschrieben. Das und mehr Personal in den Verkaufsstellen verursachen 200.000 Euro Zusatzkosten, so Seyfried. Die VAG hofft deswegen, dass schnell Geld aus dem 2,5-Milliarden-Euro-Paket des Bundes in Richtung Nürnberg fließt. "Sie sehen ja, uns fehlen die Umsätze jetzt schon, die Einnahmen, und gerade mit dem Hintergrund der erhöhten Energiepreise brauchen wir jetzt sehr schnell erste Abschlagszahlungen, um unsere Liquidität aufrecht zu erhalten."
Nürnberg: Corona-Puffer in den Bussen und Bahnen
Die 80.000 Abo-Inhaber der Nürnberger VAG sollen automatisch vom 9-Euro-Ticket profitieren. Ihnen wird nur noch dieser Betrag monatlich vom Konto abgebucht. Allein die fehlenden Abo-Einnahmen summieren sich für die VAG laut Thomas Seyfried auf etwa fünf Millionen Euro im Monat. Personal aufstocken für mehr Fahrten für die Monate Juni bis August können die Nürnberger kaum. Doch die VAG hat weiter einen Corona-Puffer im Fahrplan. In den vergangenen zwei Jahren fehlten bis zu 30 Millionen Fahrgäste, die wegen der Pandemie Bus oder Bahn nicht nutzten. So viele zusätzliche Menschen könnte das Nürnberger Verkehrsunternehmen in diesem Jahr auch wieder transportieren.
Nürnberg: Hoffen, dass der Bund alles ausgleicht
Alles in allem setzt auch die Nürnberger VAG darauf, dass das 9-Euro-Ticket den öffentlichen Nahverkehr wieder attraktiver macht. Vor allem hofft Verkaufs-Chef Thomas Seyfried aber darauf, dass das eintritt, was der Bund versprochen hat: Dass sein Unternehmen durch die kommenden drei Monate finanziell nicht noch schlechter dasteht als ohnehin schon. Und ein bisschen stolz ist Seyfried dann auch noch. Normalerweise bräuchte so eine immense Systemumstellung auf ein völlig neues Angebot mehrere Monate. Die VAG, wie alle anderen Verkehrsbetriebe in Deutschland auch, haben das nun in nicht einmal sechs Wochen geschafft.
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