Zahlen, die eine Studie der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin aufzeigt, sind alarmierend: 9,4 Milliarden Euro vermeidbare Kosten entstehen Firmen in Deutschland, weil sie nicht angemessen mit den Problemen umgehen, unter denen viele Frauen in den Wechseljahren leiden. Unangenehme Hitzegefühle seien nur eines von vielen Problemen, erklärt Studienautorin Andrea Rumler. Rund drei Viertel der befragten Frauen in den Wechseljahren hätten angegeben, sie könnten sich weniger gut konzentrieren, und sie fühlten sich gestresster. Rund die Hälfte gab an, ungeduldiger zu sein als früher. Auch über ein geringeres Selbstbewusstsein klagten viele Befragte.
Arbeitnehmerinnen treten kürzer
Einige der Ergebnisse sollten die Arbeitgeberseite aufrütteln, erklärt die Forscherin: Knapp ein Viertel der betroffenen Arbeitnehmerinnen verringere in den Wechseljahren ihre Stundenzahl. Viele denken über einen früheren Ruhestand nach. In Zeiten eines massiven Fachkräftemangels ist das ein Problem.
Wenn Arbeitgeber das Potenzial ihrer weiblichen Beschäftigten auch jenseits des 40. Lebensjahres ausschöpfen wollen, sollten sie ein weiteres Ergebnis der Befragung beherzigen, empfiehlt die Wirtschaftswissenschaftlerin: "Das Wichtigste ist, dass die Frauen von ihren Führungskräften unterstützt werden."
Rücksicht im Betrieb
Möglichkeiten, um auf die besonderen Bedürfnisse von Arbeitnehmerinnen in den Wechseljahren einzugehen, gebe es viele, erklärt Britta Reichardt, Vorsitzende des Verbands deutscher Betriebs- und Werksärzte Bayern Süd. Oft helfe schon die Möglichkeit, am Arbeitsplatz ein Fenster zu öffnen, wenn eine Beschäftigte unangenehme Hitzegefühle hat. Auch luftige Arbeitskleidung oder die Möglichkeit, Arbeitskleidung öfter zu wechseln, könnten hilfreich sein. Möglichst flexible Arbeitszeiten oder die Möglichkeit zur Arbeit im Homeoffice seien weitere Optionen.
Und Arbeitgeber sollten auch über Themen nachdenken, die besonders tabubehaftet sind, ergänzt die Studienautorin Andrea Rumler. Etwa wie Frauen unterstützt werden können, die während der Wechseljahre besonders starke Monatsblutungen haben. "Wie sieht es da mit der Verfügbarkeit von Toiletten aus?" sei eine Frage, die auf der Hand liege, auf die es aber oft keine Antwort gebe. Polizistinnen auf Streife oder Beschäftigte im Außendienst seien nicht die einzigen, die hier oft beträchtliche Probleme bewältigen müssten.
Kampagne für mehr Bewusstsein
Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach will die Erkenntnisse aus der Arbeitsmedizin aufgreifen und sie will mit einer Kampagne, die ihr Ministerium startet, ein Ziel erreichen: "Mir ist wichtig, dass wir die Wechseljahre aus der Tabuzone herausholen."
Mehr Firmen als heute sollten Konzepte entwickeln, wie sie Mitarbeiterinnen mit Wechseljahresbeschwerden unterstützen, wünscht sich die CSU-Politikerin. Das sei auch im Interesse der Firmen selbst: Angesichts des Fachkräftemangels müsse alles getan werden, damit Frauen in jedem Lebensalter ihr volles Potenzial entfalten können.
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