Die Krise der deutschen Autoindustrie und ihrer Zulieferer hat viele Ursachen. Allen voran leidet die Branche wie auch andere Wirtschaftszweige unter einer geringeren Nachfrage aufgrund der schwachen Konjunktur. Zudem beklagt die Autobranche schon seit langem die ausufernde Bürokratie in Deutschland sowie die hohen Kosten. Vor allem Energie und Arbeit sind im Vergleich zu anderen ausländischen Standorten der Hersteller deutlich teurer.
Angesichts der Krise lädt Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Montag zu einem Spitzentreffen nach München ein. "Wir sagen der Krise den Kampf an: Deshalb veranstalten wir zur Stärkung unserer Schlüsselindustrie einen großen Autogipfel", sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Eingeladen seien alle wichtigen Vertreter der Branche: Arbeitgeber und Arbeitnehmer, Gewerkschaften und Verbände, Autobauer und Zulieferbetriebe.
Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland in Gefahr
Die Automobilindustrie sei mit ihren Produkten international wettbewerbsfähig, sagte die Präsidentin des Verbands der Deutschen Automobilwirtschaft VDA, Hildegard Müller, im Vorfeld des heutigen Autogipfels in München. Allerdings sei der deutsche Standort mit seiner überbordenden Bürokratie und seinen Kosten nicht mehr wettbewerbsfähig.
Das belegen auch die Zahlen des VDA. Wurden hierzulande 2017 noch 5,7 Millionen PKW gefertigt, waren es im vergangenen Jahr nur noch 4,1 Millionen Autos. Im Ausland dagegen stellten die deutschen Konzerne knapp zehn Millionen Autos her, also rund 2,5 Mal so viel. Aufgrund von Überkapazitäten drohen hierzulande bereits erste Werksschließungen, bei Zulieferern gibt es die ersten Pleiten. Tausende Stellen werden gestrichen.
Haben deutsche Autohersteller die richtigen Produkte?
Allerdings gibt es auch Experten, die daran zweifeln, dass die Autobauer hierzulande wirklich mit ihren Produkten aktuell international wettbewerbsfähig sind. Gerade auf dem weltgrößten Automarkt in China verlieren die deutschen Hersteller zunehmend Marktanteile an Konkurrenten. Der Strukturwandel schreitet schneller voran, als einigen lieb ist. Die Autowelt wird elektrisch und digital. Gerade in China spüren deutsche Hersteller die starke einheimische Konkurrenz.
Der Autoexperte von der Aachener Universität RWTH, Professor Achim Kampker wirft der Industrie im Interview mit BR24 vor, in Summe viel zu lange überheblich gewesen zu sein gegenüber den chinesischen Autobauern. Heute würden Fahrer deutscher Autos in China als rückständig gelten, das sei früher anders gewesen.
Die Industrie hat sich in den vergangenen Jahrzehnten global aufgestellt, mit einem Netzwerk von zahlreichen Standorten auf der ganzen Welt. Lange Zeit setzte die Branche auf freien Handel. Umso mehr trifft sie nun die zunehmenden Abschottungstendenzen in China und den USA.
Forderung an die Politik: "Mehr als nur Wahlkampf!"
Die Probleme sind eigentlich in der Branche und der Politik hinlänglich bekannt. Deshalb gab es in der Vergangenheit schon zahlreiche Gipfel, auf Bundes- und Landesebene. Mit jedem zusätzlichen Treffen stellt sich die Frage: Was bringen diese Termine? Die Lage jedenfalls hat sich trotz der vielen Gipfel nicht verbessert, sondern weiter verschärft.
Nicht nur der Autoexperte Professor Stefan Bratzel hegt Zweifel. Man müsse aufpassen, dass solche Autogipfel tatsächlich nicht nur "Symbolgipfel" seien. Aus diesen Treffen müsste ein gemeinsames Handeln entstehen, so der Experte. Das sei in den vergangenen Jahren sehr wenig der Fall gewesen. "Wenn es eine reine Wahlkampfveranstaltung ist, dann ist es die Zeit nicht wert", betonte Bratzel.
Aus dem Kreise der Teilnehmer des heutigen Bayerischen Autogipfels ist zu hören, dass der Austausch zwischen Politik und Industrie in herausfordernden Zeiten der Transformation wichtig sei und zu begrüßen. Die Präsidentin des Automobilverbands VDA Hildegard Müller meint, dass mit dieser Initiative ein starker Appell der Länder an die Politik nach Berlin und Brüssel gehe. Insgesamt scheinen die Erwartungen aber nicht allzu hoch zu sein.
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