Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) legt erneut den Schienenverkehr mit einem bundesweiten Streik lahm.
Bildrechte: picture alliance / SULUPRESS.DE | Marc Vorwerk/SULUPRESS.DE
Audiobeitrag

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) legt erneut den Schienenverkehr mit einem bundesweiten Streik lahm.

Audiobeitrag
> Wirtschaft >

Eisenbahn-Gewerkschaft hält an 50-Stunden-Streik fest

Eisenbahn-Gewerkschaft hält an 50-Stunden-Streik fest

Keine finale Einigung im Tarifkonflikt der EVG und der Deutschen Bahn: Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft hält an ihrem geplanten 50-Stunden-Warnstreik auf der Schiene ab Sonntagabend fest. Das teilte die EVG mit.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG hält an ihrem geplanten 50-Stunden-Warnstreik auf der Schiene ab Sonntagabend fest. Das teilte die Gewerkschaft am Freitagmittag mit. Damit sind die Beschäftigten weiterhin aufgerufen, von Sonntagabend, 22.00 Uhr, bis Dienstagabend, 24.00 Uhr, die Arbeit niederzulegen und so den Bahnbetrieb lahmzulegen. Die DB hatte bereits am Donnerstag angekündigt, dass im Streikfall für diesen Zeitraum der komplette Fernverkehr eingestellt werde, auch die Regionalzüge werden voraussichtlich fast alle ausfallen.

  • Zum Artikel: Streik ab Sonntag: Diese Rechte haben Bahnkunden

EVG spricht von "Scheinangeboten"

Das Ultimatum der Bahn-Gewerkschaft EVG für ein neues Tarifangebot seitens der Deutschen Bahn lief um 12.00 Uhr ohne erkennbare Annäherung ab. Die Gewerkschaft hatte dem bundeseigenen Konzern noch einmal Zeit gegeben, das Angebot anzupassen, um einen Ausstand zu verhindern. Bis zuletzt deutete sich allerdings keine Annäherung an.

Die Bahn hatte zuvor bis zum späten Donnerstagabend in Gesprächen mit der EVG versucht, den Warnstreik abzuwenden. EVG-Verhandlungsführer Kristian Loroch sprach in der Nacht zu Freitag allerdings von "Scheinangeboten" des Arbeitgebers.

Bayerische Regiobahn (BRB): Streik bereits ab Sonntag um 19 Uhr

Die Bayerische Regiobahn (BRB) teilte mit, dass ihre ersten Fahrzeuge am Sonntag schon nach 19 Uhr aus dem regulären Betrieb genommen würden. Durch diese frühzeitigen Abstellungen könne eine möglichst reibungslose Wiederaufnahme des Zugverkehrs am Mittwochmorgen gewährleistet werden.

Auch Güterverkehr betroffen

Zum Warnstreik aufgerufen sind alle Berufsgruppen bei der Bahn - also auch die Mitarbeiter an den Stellwerken, die den gesamten Bahnverkehr auf dem deutschen Schienennetz koordinieren. Dadurch hat der Warnstreik sehr große Auswirkungen - er wird absehbar auch Bahn-Unternehmen treffen, die am Tarifkonflikt gar nicht beteiligt sind.

Auch der Güterverkehr dürfte weitgehend zum Erliegen kommen. Grundsätzlich sei angesichts eines zweitägigen Warnstreiks auf der Schiene aber nicht zu erwarten, dass die deutsche Wirtschaft in die Knie gezwungen werde, heißt es vom Güterbahn-Verband. Zwar gebe es Industriezweige, die zeitkritisch kalkulierten wie die Auto- oder die Mineralölindustrie. Doch auch dort dauere der Warnstreik für ernsthafte Auswirkungen nicht lang genug.

Knackpunkt in Tarfiverhandlungen ist der Mindestlohn

Die EVG hatte die Beschäftigten am Donnerstag zu einem Ausstand aufgerufen, der von Sonntagabend, 22 Uhr, bis Dienstagabend, 24 Uhr, dauern soll. Die Bahn entschied wenig später, in dieser Zeit den Fernverkehr komplett einzustellen. "Auch bei DB Regio wird während des Streiks größtenteils kein Zug fahren", teilte der bundeseigene Konzern weiter mit.

Besonders vehement wurde zuletzt über den Mindestlohn gestritten, den bei der DB etwa 2.000 Mitarbeiter nur über Zulagen erhalten. Zweimal hatte die EVG im laufenden Tarifkonflikt bereits zum Ausstand aufgerufen - auch bei diesen Aktionen folgten die Einstellung des Fernverkehrs und ein fast kompletter Stillstand im Regionalverkehr. Der dritte Warnstreik in der Tarifrunde wäre mit 50 Stunden der längste.

Die bisherigen Zusagen für eine Festlegung des Mindestlohns von zwölf Euro in den Entgelttabellen hatten der Gewerkschaft nicht ausgereicht. Nach Darstellung von Loroch war man am Donnerstag jedoch in Gesprächen schon sehr weit gekommen. Dann habe die Arbeitgeberseite aber entschieden, die letzten Schritte doch nicht zu gehen. Die Gewerkschaft verhandelt für rund 230.000 Beschäftigte bei rund 50 Bahn- und Busunternehmen und pocht auf zwölf Prozent mehr Lohn, mindestens aber 650 Euro im Monat mehr.

Bahn: Wir haben die Forderungen erfüllt

Aus Sicht der Deutschen Bahn gibt es allerdings keinen Grund mehr für den Warnstreik. "In intensiven Gesprächen bis zum späten Donnerstagabend" habe man der EVG zugesagt, ihrer vor Monaten erhobene Forderung nach einer Abbildung des gesetzlichen Mindestlohns nachzukommen, teilte der Konzern gegen Mitternacht mit.

"Wir haben die Forderung zum Mindestlohn erfüllt, jetzt steht die EVG im Wort", hob DB-Personalvorstand Martin Seiler hervor.

Appell des Beauftragten der Bundesregierung

Verkehrsstaatssekretär Michael Theurer (FDP), der zugleich Beauftragter der Bundesregierung für den Schienenverkehr ist, appellierte an die Tarifparteien, "ein Verkehrschaos zu vermeiden". "Der Tarifkonflikt sollte nicht zulasten der Bevölkerung geführt werden", sagte Theurer dem "Tagesspiegel". Alle Seiten seien "aufgefordert, sich entsprechend ihrer Verantwortung zu verhalten".

Der Vorsitzende der EVG, Martin Burkert, hatte am Donnerstag noch den Bahnvorstand aufgefordert, "ein verhandlungsfähiges Angebot" vorzulegen, dann sei der angekündigte 50-stündigen Warnstreik nicht notwendig. Der Vorstand habe "die Karten in der Hand", so Burkert bei BR24.

Im Video: Gespräch mit EVG-Chef Martin Burkert

Bahn-Streik: Gespräch mit EVG-Chef Martin Burkert am Donnerstagabend
Bildrechte: Bayerischer Rundfunk 2023
Videobeitrag

Bahn-Streik: Gespräch mit EVG-Chef Martin Burkert am Donnerstagabend

GDL-Chef Weselsky: Zugeinstellung überflüssig

Der Vorsitzende der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), Claus Weselsky, hält es derweil für unnötig, dass die Deutsche Bahn wegen des Warnstreiks den Fernverkehr einstellt. "Die EVG ist bei der Netztochter DB Netz nicht so stark organisiert, dass die Deutsche Bahn gezwungen wäre, den Schienenverkehr einzustellen", sagte er dem Nachrichtenportal "The Pioneer". "Mit einer gewissen Anstrengung könnte die Deutsche Bahn den Netzbetrieb aufrechterhalten und viele ICE-Züge weiterfahren."

Der Vorstand verhalte sich verantwortungslos und ambitionslos, so Weselsky. Die kleinere GDL rivalisiert im Bahn-Konzern mit der EVG um Mitglieder und Einfluss.

Mit Informationen von dpa, Reuters und AFP

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht's zur Anmeldung!