Ein hauchdünner Haarriss in einer Bierflasche, für das menschliche Auge nicht zu erkennen - die "Linatronic AI" sortiert sie aus. Die Maschine von Krones, Hersteller von Abfüllanlagen in Neutraubling bei Regensburg, inspiziert mit Künstlicher Intelligenz Glasflaschen vor der Abfüllung. Aber nicht nur in Maschinen, auch im Büro setzt Krones auf Künstliche Intelligenz.
Bayerische Firmen setzen auf KI
Bislang müssen die Kunden von Krones mitunter mehrere Wochen warten, bis sie ihr vollständig ausgearbeitetes Angebot für eine neue Abfüllanlage erhalten. Denn die Maschinen sind komplex. Künstliche Intelligenz soll diese Zeitspanne auf wenige Stunden verkürzen.
Dafür braucht Krones KI-Experten. Der Konzern hatte im vergangenen Jahr unter allen Oberpfälzer Firmen die meisten Stellen dieser Art ausgeschrieben. Damit liegt die Firma im bayerischen Trend: Im Freistaat nutzen laut Statistischem Landesamt so viele Firmen Künstliche Intelligenz wie in keinem anderen Bundesland.
KI-Entwickler sind gefragt – nicht nur in Großstädten
Für KI-Entwickler heißt das: Sie müssen nicht warten, bis Firmen wie OpenAI eine Niederlassung in München eröffnen.
Auch in den Regionen gibt es immer mehr KI-Jobs. Beispiel Ostbayern: 152 KI-Jobs waren im vergangenen Jahr in der Oberpfalz zu vergeben, in Niederbayern 88. Das zeigt die Auswertung der Firma Index exklusiv für den BR, sie hat die nach eigenen Angaben größte Stellenanzeigen-Datenbank Europas.
Diese Branchen suchen KI-Informatiker
Es sind Industrie-Schwergewichte wie Krones, BMW oder Continental, die Experten für künstliche Intelligenz suchen, aber zum Beispiel auch die Staatliche Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Landshut.
Auch im Baugewerbe oder im Gesundheits- und Sozialwesen wurden KI-Experten gesucht. Knapp 100 der ausgeschriebenen Stellen waren in Regensburg, auch Wackersdorf und Amberg sind vorn dabei. In Niederbayern waren vor allem in Landshut, Passau, Deggendorf und Vilsbiburg KI-Experten gefragt.
Was die Betriebe von den KI-Experten erwarten
"Was viele Firmen tatsächlich brauchen, auch kleine und mittelständische Betriebe, sind gut ausgebildete Informatiker mit Spezialisierung KI", sagt derjenige, der sie ausbildet: Professor Markus Mayer von der Technischen Hochschule Deggendorf, Koordinator des KI-Bachelor-Studiengangs. "Aber es muss auch natürlich das Interesse da sein am logischen Denken, an Mathematik, an Statistik", betont Mayer. Wer vor allem auf ein stattliches Gehalt spekuliere, scheitere in den ersten zwei, drei Semestern.
Wie Angestellte auf die Veränderungen durch KI reagieren sollten
Mayer macht auch klar, was Betriebe von Künstlicher Intelligenz erwarten können, und was nicht. "Logisches Denken, wie strukturiere ich zum Beispiel als Projektleiter eine Aufgabe, wie verteile ich Aufgaben sinnvoll, das können KI-Systeme immer noch nicht so gut wie ein Mensch", sagt Mayer, sie werden es seiner Ansicht nach auch noch lange nicht können. Eine starke Veränderung der Arbeitswelt sieht er etwa bei der Textgenerierung, bei Werbeanzeigen, Bildbearbeitung oder Grafik-Design.
"Einzigartige Fähigkeiten werden immer gebraucht werden", meint KI-Professor Mayer. "Eine generelle Regel, ja wir müssen uns alle mit KI auseinandersetzen, kann ich nicht aussprechen." Sein Rat an Mitarbeitende: "Ich würde mich einfach mal informieren, was für Tools sind am Markt? Und dann mit irgendeinem KI-System anfangen zu arbeiten und ausprobieren, ob es mir in meinem eigenen Arbeitsalltag wirklich hilft. Und vielleicht ist mein Job auch gar nicht dazu geeignet, dass ich ganz viel KI einsetzen kann."
Warum KI Menschen nicht ersetzen kann
Einfach mal ein paar Tools ausprobieren, offen sein: das ist auch der Rat von Magdalena Lerchl, Referentin Digitale Wirtschaft bei der IHK Regensburg. Sie geht nicht davon aus, dass Firmen ihre Mitarbeiter durch KI ersetzen wollen. "Künstliche Intelligenz ist immer ein Werkzeug. Das bedeutet: Ich brauche den Menschen, die Fachkompetenz, um dieses Werkzeug ordentlich und adäquat zu bedienen."
KI bringe den Mitarbeitenden Freiräume: "KI ist gut geeignet, Standardprozesse und immer wiederkehrende Aufgaben zu erfüllen. Das bedeutet dann für mich: Ich habe mehr Zeit für kreative Arbeiten. Ich hab mehr Zeit, um über Themen nachzudenken, neue Strategien zu entwickeln. Denn KI ist tatsächlich gar nicht richtig kreativ."
Einen spannenden Ansatz findet Lerchl das "Reverse Mentoring". Dabei geben jüngere Mitarbeitende oder digital affine Personen ihr Wissen an erfahrenere Kolleginnen und Kollegen weiter.
Unternehmen seien aber auch in der Verantwortung, ihre Belegschaft zu schulen. Die EU-Verordnung zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz ("AI Act") verpflichtet Firmen sogar dazu, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Leitlinien für den sicheren und verantwortungsvollen Umgang mit KI an die Hand zu geben.
🎧 Wie verändert KI unser Leben? Und welche KI-Programme sind in meinem Alltag wirklich wichtig? Antworten auf diese und weitere Fragen diskutieren Gregor Schmalzried, Marie Kilg und Fritz Espenlaub jede Woche in Der KI-Podcast – dem Podcast von BR24 und SWR.
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