Die BayWa AG will schlanker werden und sich einfacher aufstellen. Das ist die Quintessenz der Sanierungsstrategie, die der Münchener Krisenkonzern auf einer digitalen Personalversammlung den Beschäftigten vorgestellt hat.
Für viele Arbeitnehmer ist der Weg aus der Krise mit dem Verlust des Arbeitsplatzes verbunden: Bis Ende 2027 sollen rund 1.300 Stellen wegfallen, zum großen Teil bei der Verwaltung im BayWa-Hochhaus in München. Vor Weihnachten wird es keine Kündigungen geben. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi kritisiert die Pläne und kündigt an, um jeden Arbeitsplatz kämpfen zu wollen.
BayWa will weiter mit zahlreichen Standorten präsent sein
Wie der BR aus Unternehmenskreisen erfahren hat, soll der Umbau des Konzerns sehr viel radikaler erfolgen als bislang vermutet. So sollen die Geschäftsfelder Agrar, Bau, Technik und Energie künftig eigenverantwortlich operieren. Diese Bereiche sind gewissermaßen die "alte BayWa“, der Kern der Firma. Er soll erhalten bleiben.
Dem von der Unternehmensberatung Roland Berger vorgelegten, zweiten Sanierungsgutachten zufolge sollen von den rund 400 Standorten in diesem Bereich bis Ende 2027 fast alle erhalten bleiben. Lediglich 26 nicht profitable Standorte will die BayWa schließen. In der Fläche will der Konzern weiter präsent sein, im Bereich Agrar und Technik bei den Bauern ebenso wie im Handel mit Baustoffen.
Verkauf ausländischer Firmenbeteiligungen
Zugleich wird die BayWa Unternehmensbeteiligungen veräußern. Dies betrifft nicht nur den Getreidehändler Cefetra Group in Rotterdam und den neuseeländischen Obstproduzenten T&G Global Limited, sondern auch die erneuerbare Energien-Tochter BayWa r.e. AG und die österreichische RWA Raiffeisen Ware Austria AG. Dafür gibt sich die BayWa bis Ende 2027 Zeit.
Unterm Strich wird damit der Umsatz der BayWa massiv sinken – von im Jahr 2024 rund 23 Milliarden Euro auf nur noch 8 Milliarden Euro im Jahr 2027. Wichtigster Effekt des Beteiligungsverkaufs: Die derzeit drückende Schuldenlast soll sich innerhalb von drei Jahren von derzeit rund fünf Milliarden Euro auf nur noch eine Milliarde reduzieren. Dies geht nach BR-Informationen aus dem zweiten Entwurf des Sanierungsgutachtens hervor.
BayWa will mit weniger Umsatz mehr verdienen
Da die BayWa Doppelstrukturen abbauen, Prozesse vereinfachen und Personal abbauen wird, strebt sie zugleich eine Steigerung des Gewinns an, trotz deutlich weniger Umsatz. Das operative Ergebnis soll sich bis 2027 um rund 50 Prozent erhöhen auf 300 Millionen Euro. Unterm Strich sei dann der Zinsaufwand wieder tragbar, so die Berechnungen der Sanierer. Für 2027 gehen sie davon aus, dass die BayWa nur noch rund 100 Millionen an Zinsen zahlen muss. Derzeit sind sie mit 400 Millionen Euro rund viermal so hoch und ein wesentlicher Grund für die finanzielle Schieflage des Konzerns.
Die BayWa, Deutschlands größer Agrarkonzern, stand im vergangenen Sommer "kurz vor dem Gau", wie aus dem Unternehmen zu hören ist. Banken und Eigentümer sprangen jedoch ein und stellten der Traditionsfirma mehr als eine Milliarde Euro frisches Kapital zur Verfügung. Wie die BayWa innerhalb kurzer Zeit in eine derartige Schieflage kommen konnte, soll nach BR-Informationen mit externer Hilfe aufgearbeitet werden.
Überraschende Trennung von BayWa r.e. und österreichischer RWA
Dass der niederländische Getreidehändler Cefetra und die Beteiligung an dem neuseeländischen Obstproduzenten T&G zum Verkauf stehen, war bereits länger gemutmaßt worden. Unerwartet ist, dass die BayWa auch aus dem Geschäft mit erneuerbaren Energien aussteigen will. Der Geschäftsbereich war seit 2008 aufgebaut worden und galt lange als erfolgreich. Zuletzt hatte aber ein Preisverfall bei Solarmodulen die Geschäfte massiv belastet. Hinzu kamen Verzögerungen beim Verkauf von Solarparks.
Bisher nicht bekannt ist auch, dass die BayWa die jahrzehntelange strategische Partnerschaft mit dem österreichischen Agrarhändler RWA beendet. Die BayWa will ihre 50-prozentige Beteiligung an der RWA abgeben. Mit den Partnern aus Österreich ist die BayWa seit 1999 verbunden. Die österreichischen Eigentümer der RWA halten umgekehrt rund 28 Prozent der BayWa-Aktien.
Notverkäufe sollen vermieden werden
Wie viel Geld die Firmenverkäufe am Ende in die Kassen der BayWa spülen werden, ist derzeit nicht absehbar. Verkäufe aus der Not heraus soll es nicht geben. Ermöglichen soll dies eine Vereinbarung mit über 100 Finanzierungspartnern, die weitgehend ausverhandelt sein soll. Durch die angestrebte Einigung mit allen beteiligten Kreditinstitutionen und Finanzinvestoren könne weitgehend sichergestellt werden, dass die BayWa bis Ende 2027 liquide bleibt, wie aus BayWa-Kreisen verlautet. Geldgeber, die nicht mitziehen, könne man über das neue, sogenannte StaRUG-Verfahren einbinden. Nach BR-Informationen soll sich dieses "StaRUG-light“ nur auf Finanzinvestoren beziehen. Aktionäre seien nicht betroffen.
Zugleich will die BayWa aber auch den Kapitalmarkt anzapfen. Eine geplante Kapitalerhöhung durch die Ausgabe frischer Aktien soll 150 Millionen Euro Eigenkapital in die Kassen der BayWa einspielen. Damit würde sich die BayWa erstmals seit dem Börsengang frisches Geld bei Aktionären besorgen.
Dieser Artikel ist erstmals am 4. Dezember 2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
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