Nichts zu tun zu haben im Job kann krank machen.
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Albtraum Arbeitsplatz - Kaputt durch Unterforderung

Albtraum Arbeitsplatz - Kaputt durch Unterforderung

Nichts zu tun im Job, keine Anrufe, keine E-Mails. Und das über Jahre. Was wie ein Luxus-Problem klingt, kann psychisch fatale Folgen haben. Betroffene können ein "Boreout" bekommen. Drei davon haben wir für das Magazin mehr/wert getroffen.

Über dieses Thema berichtet: mehr/wert am .

Acht Stunden im Büro und nichts zu tun. Zeit totschlagen, Tag für Tag. So erging es der 22-jährigen Sophia aus Lübeck. Ihr anfänglicher Traumjob bei einem mittelständischen Energieunternehmen wurde für sie zum Albtraum. Zwei Jahre lang hat sie dort gearbeitet – nur ein halbes davon hatte sie etwas Sinnvolles zu tun. Dass nicht zu viel, sondern zu wenig Arbeit mal ihr Problem sein würde, hätte sie nie gedacht.

Das Paradoxe: Sophia war erschöpft vom Nichtstun

Am Anfang fand Sophia wenig zu tun zu haben im Job gar nicht so schlimm: "Damals dachte ich, ist doch voll cool, ich kann Youtube und Netflix gucken und ich kriege auch noch Geld dafür, alles entspannt. Aber ich war überrascht, wie schnell mir das auf die Nerven ging." Denn die psychischen Folgen davon zeigten sich schnell: Sophia kam aus der Arbeit heim und war erschöpft – vom Nichtstun. Selbst für private Dinge hatte sie keinen inneren Antrieb mehr. "Keiner konnte das so richtig nachvollziehen, weil es ja auch so paradox ist", meint sie.

Ihr Freundeskreis beneidete sie eher. Schließlich bekam sie fürs Nichtstun recht viel Geld. Doch als es immer öfter Tage gibt, an denen sie zuhause sitzt und weint, wird ihr bewusst: Sie ist kurz davor, in eine Depression zu rutschen. Sie muss etwas tun.

Ständige Unterforderung kann zu einem "Boreout" führen

Wenn man wie Sophia ständig unterfordert ist, also viel weniger leistet, als das, wozu man bereit und fähig wäre, kann man etwas ähnliches wie Burnout bekommen: ein Boreout. Das Problem ist dann nicht Überforderung, sondern Stress durch ständige Unterforderung.

Die psychischen Folgen, also Erschöpfungszustände, sind gleich. Ideal ist es nämlich, wenn eigene Kompetenzen und die Herausforderung im Job im Einklang stehen. Damit Menschen Erfolgserlebnisse haben, sich selbstwirksam fühlen und einen Sinn in ihrem Tun erkennen.

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Die Boreout-Abwärtsspirale.

Boreout im Job: Mehrere Ursachen sind möglich

Warum Menschen in Jobs kaum bis gar nichts zu tun haben, dafür gibt es mehrere Ursachen, erklärt der Karriere-Coach Bernd Slaghuis. Er beschäftigt sich seit Jahren mit dem Phänomen "Boreout". "Es stimmt nicht, dass Leerlauf nur bei Beamtenjobs und in der öffentlichen Verwaltung vorkommt, sondern auch oft bei Mitarbeitern in großen Konzernen." Dort herrsche einfach so viel Hierarchie und Struktur, dass es nicht auffalle, sagt Slaghuis.

Ein weiterer Grund: Wenn Unternehmen sich neu aufstellen, zum Beispiel wenn zwei Firmen fusionieren, gibt es plötzlich Abteilungen doppelt und manche Mitarbeiter haben nichts Sinnvolles mehr zu tun. Außerdem eine Erklärung laut Slaghuis: Chefs geben Mitarbeiter nur ungern ab, obwohl ihre Abteilung sie vielleicht gar nicht mehr braucht. Denn wenn ein Chef viele Mitarbeiter hat, gelte er als mächtig.

Boreout-Jobs können auch Absicht sein

Es kann aber auch Strategie hinter einem Boreout-Job stecken. Zum Beispiel, wenn es für Unternehmen nicht möglich ist, Arbeitnehmer zu kündigen. Dann kann es sein, dass Menschen durch interne Versetzungen "aufs Abstellgleis" verfrachtet werden, erklärt Slaghuis.

Dieses "Kaltgestellt-Werden" ist einem Patienten von Psychiater Frank-Gerald Pajonk passiert. Pajonk leitet das Zentrum Isartal, eine Klinik für psychische Krankheiten am Kloster Schäftlarn. Sein 43-jähriger Patient ist ein Beamter, dessen Behörde vor einigen Jahren umstrukturiert wurde. Daraufhin wurden ihm nach und nach alle Aufgaben entzogen. Über zehn Jahre lang ist er nun schon bei Psychiater Pajonk in Therapie. Denn er rutschte durch den ständigen Leerlauf in seinem Job in eine schwere Depression.

Psychiater: "Es hat etwas von Folter an sich"

So ein Job, wie sein Patient ihn hat, "das ist erlebte Sinnlosigkeit", bekräftigt Psychiater Pajonk. "Es hat etwas von Folter an sich. Zumindest berichten es mir so sehr viele Patienten. Andere verwenden den Begriff 'Mobbing' dafür."

Trotzdem: Pajonks Patient ist seinen Job immer noch nicht los, er kann sich nur schwer davon trennen. Schließlich ist er Beamter auf Lebenszeit, durch seine Arbeit finanziell abgesichert. Schon einmal war er soweit, dass er sich zur vorzeitigen Pensionierung durchgerungen hatte. Das war vor sieben Jahren – dann machte er doch noch einen Rückzieher. Der Grund: "Ich konnte mir nicht vorstellen, dass es etwas anderes in meinem Leben geben könnte, als in ein Büro zu gehen. Ich war an einem Punkt, an dem ich mich als Volldepp sah. Und dieser Volldepp kann nur in ein Büro gehen."

Ob Pajonks Patient es diesmal schafft, sich von seinem verhassten Job zu trennen und wie es den anderen Boreout-Betroffenen ergangen ist, war am 28. Juli 22 im BR-Fernsehen im Wirtschaftsmagazin mehr/wert zu sehen. Hier geht es zu dem Beitrag in der Mediathek.

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