Der Angeklagte und seine Anwälte stehen im Bonner Landgerichtssaal
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Der angeklagte Bankier Christian Olearius (2.v.l) steht zwischen seinen Anwälten Peter Gauweiler (l), Rudolf Hübner, und Bernd Schünemann (r).

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Cum-Ex-Skandal: Prozess gegen Hamburger Bankier Olearius

Die Cum-Ex-Geschäfte gelten als größter Steuerskandal der deutschen Geschichte. Vor dem Landgericht Bonn hat das Verfahren gegen den Ex-Chef der Warburg-Bank begonnen. Schon der erste Prozesstag zeigt: Es könnte äußerst hitzig werden.

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2 extra am .

Am Bonner Landgericht findet der Prozess gegen den Privatbankier Christian Olearius statt. Olearius soll die Cum-Ex-Geschäfte der Warburg-Bank abgesegnet haben. Unter seinen Verteidigern: Der ehemalige CSU-Politiker Peter Gauweiler.

Schon die erste Aktion der Anwälte lässt einen konfrontativen Prozess vermuten: Einer der Verteidiger kündigte schon vor Verlesung der Anklageschrift eine sogenannte "Zuständigkeitsrüge" an. Das heißt grundsätzlich: Die Anwälte des Angeklagten halten das Gericht für örtlich oder sachlich nicht zuständig. Doch die Staatsanwaltschaft versucht sich dadurch nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Die Vorwürfe gegen Christian Olearius wiegen schwer.

Das sind die Vorwürfe gegen Hamburger Bankier Olearius

Der Hamburger Bankier Christian Olearius sieht sich mit dem Vorwurf des schweren Steuerbetrugs mit sogenannten Cum-Ex-Geschäften konfrontiert. Als langjähriger Chef der Hamburger Warburg-Bank soll Olearius maßgeblich an derartigen Geschäften beteiligt gewesen sein. Es geht konkret um besonders schwere Steuerhinterziehung in 15 Fällen zwischen 2006 und 2019 - das Bonner Gericht ließ in 14 Fällen die Anklage zu. Laut Staatsanwaltschaft entstand ein Steuerschaden von knapp 280 Millionen Euro.

So funktionierten die Cum-Ex-Steuertricks

Als Cum-Ex-Geschäfte oder Cum-Ex-Deals werden bestimmte Aktiengeschäfte bezeichnet, die im Zeitraum um die Dividendenausschüttungen von DAX-Konzernen durchgeführt werden. In einem Urteil vom Juli 2021 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass es sich bei diesen Deals um strafbare Steuerhinterziehung handelt. Das Ziel der Cum-Ex-Geschäfte ist, durch einen Inhaberwechsel im Zeitraum einer Dividendenausschüttung einen mehrfachen Anspruch auf Steuerrückerstattung zu generieren. Hintergrund: Auf Dividenden wird eine Kapitalertragsteuer von 25 Prozent erhoben, die unter bestimmten Voraussetzungen später zurückgefordert werden kann.

Durch den Inhaberwechsel bei einem Cum-Ex-Geschäft wird die Steuer einmal gezahlt, aber zweimal zurückgefordert. Der Name stammt von den Cum-Aktien (Aktien mit Dividendenanspruch) und den Ex-Aktien (Aktien ohne Dividendenanspruch). Laut Berechnungen von Steuerexperten ist in Deutschland in den Jahren von 2000 bis 2020 durch Cum-Ex und ähnliche Geschäfte ein Steuerschaden von fast 36 Milliarden Euro entstanden.

Warburg-Bankier Olearius maßgeblich an Cum-Ex-Geschäften beteiligt

Der Hamburger Bankier Christian Olearius soll sich "detailliert" mit Cum-Ex-Strategien befasst und entsprechende Geschäfte auch initiiert und abgesegnet haben. Insbesondere soll er für die Unterzeichnung von Steuererklärungen, die zur Rückerstattung nicht gezahlter Kapitalertragssteuern führten, zuständig gewesen sein.

Olaf Scholz gerät weiter unter Druck

Im Zusammenhang mit dem Cum-Ex-Skandal gibt es auch Vorwürfe gegen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD): Dieser habe als damaliger Hamburger Bürgermeister möglicherweise politischen Einfluss auf die Finanzbehörden der Hansestadt ausgeübt, damit die Warburg-Bank Steuerschulden nicht begleichen musste. Scholz hat persönliche Treffen mit Warburg-Banker Olearius bestätigt, sagte jedoch, er habe keine konkrete Erinnerung mehr an den Inhalt der Gespräche.

Bis März 2024 sind insgesamt 28 Verhandlungstermine in Bonn angesetzt. Unter anderem der ehemalige Linken-Politiker Fabio De Masi fordert, dass auch Scholz vor Gericht angehört wird. Weil es sich um ein Strafverfahren handelt, muss der angeklagte Bankier Christian Olearius den gesamten Prozess über vor Ort sein.

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