Der größte Autoversicherer in Deutschland, die HUK Coburg, wird ihren Anteil an der Werkstatt-Kette Pitstop deutlich erhöhen - von gut 25 auf fast 85 Prozent. Damit will die HUK immer mehr zum "Serviceanbieter rund um Mobilität" werden, wie es heißt. Konkret: Das Versicherungsgeschäft mit den Autofahrern soll ausgeweitet werden und um Dienstleistungen rund ums Auto ergänzt werden. Dazu gehört zum Beispiel auch schon eine Online-Gebrauchtwagenbörse.
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Was bedeutet das für die Versicherungskunden der HUK Coburg? Die wichtigsten Fragen und Antworten:
Müssen HUK-Versicherte ihre Autos künftig bei Pitstop reparieren lassen?
Das soll nach Aussage von HUK nicht der Fall sein. Pitstop ist als Werkstatt-Kette für Verschleißteile wie Reifen, Bremsen, Stoßdämpfer oder Auspuff ausgelegt und führt auch Jahres-Inspektionen gemäß Hersteller-Vorgaben durch, aber keineswegs sämtliche denkbaren Reparaturen.
Auf der anderen Seite bietet die HUK über die Smartphone-App der Versicherung an, Werkstatt-Termine zu buchen, eben auch bei Pitstop.
Was verspricht Versicherer HUK sich von der Übernahme einer Werkstatt-Kette?
Umgekehrt soll bei Pitstop Werbung für HUK gemacht werden. Ähnlich wie das in anderen Vertragswerkstätten von Versicherern der Fall ist. Denen bringt das mehr Kundenkontakte in ihren Netzwerken, mehr Sichtbarkeit im Alltag der Autofahrer. Um ihr Netzwerk ständig zu vergrößern, ist die HUK inzwischen auch bei Gebrauchtwagen unterwegs, um neben den Werkstätten auch im Autohandel zusätzliche Kontakte zu schaffen.
Warum lassen Werkstätten sich auf "Billig"-Reparaturen für Versicherungen ein?
HUK Coburg und andere Versicherer versprechen, dass es bei der Reparatur in ihren Partner- und Vertragswerkstätten keine Qualitätseinbußen gibt. Der Grund dafür, dass es dort billiger ist als in anderen Werkstätten, sind gegenseitige Abmachungen.
In der Regel sichert die Versicherung den mit ihr verbundenen Werkstätten Mindestumsätze und entsprechende Auslastungen über einen längeren Zeitraum zu, das macht deren Geschäft planbarer und rentabler. Die Werkstätten wiederum versprechen dafür, die Reparaturen preisgünstiger durchzuführen als für Kunden, mit denen keine solchen Vertragsverhältnisse bestehen.
Muss ich bei Vertragswerkstätten von Versicherern länger auf Ersatzteile warten?
Das kann allerdings vorkommen, weil die Autohersteller bei der Lieferung von Originalteilen häufig die Werkstätten bevorzugen, die zu ihrer eigenen Marke gehören. Dazu muss man wissen, dass der sogenannte "After Sales-Market", der alle Geschäfte nach dem Verkauf des Neuwagens umfasst, für die Autohersteller wichtiger ist und mehr Gewinnpotential bietet als die Produktion des eigentlichen Fahrzeugs.
Vereinfacht gesagt, wird an einem Auto erst später richtig verdient, wenn es um Ersatzteile, Reparaturen und Inspektionen geht. Die Frage, wo etwas mit welchen Teilen repariert wird, ist für die gesamte Branche deshalb sehr wichtig. Viele Autoteile gibt es deshalb nur exklusiv über den Hersteller und die mit ihm direkt verbundenen Markenwerkstätten. Einige Originalteile werden woanders hin nur mit erheblicher Verzögerung und im Extremfall gar nicht geliefert. Das ist eine negative Erfahrung, die Autofahrer und Autofahrerinnen insbesondere seit der Corona-Krise machen müssen. Seitdem stehen die weltweiten Lieferketten stärker unter Druck. Das führte zu Preiserhöhungen und längeren Wartezeiten.
Insofern scheint es verständlich, dass ein Hersteller seine eigenen Markenwerkstätten mit dem knapper gewordenen Gut Ersatzteil bevorzugt bedient.
Was heißt das für Kredit-Finanzierung, Leasing-Verträge und die Herstellergarantie?
Es gibt sogar Fälle, in denen es regelrecht verboten ist, sein Fahrzeug woanders als in einer Markenwerkstatt mit Herstellerbindung reparieren zu lassen. In vielen Kredit- und Leasing-Verträgen wird das ausdrücklich gefordert. Außerdem kann die Neuwagengarantie verloren gehen, so wie eine mögliche Anschlussgarantie.
Richtig sparen mit alternativen Werkstätten lässt sich vor allem bei älteren Fahrzeugen (Stichwort: zeitwertgerechte Reparatur) und bei gängigen Modellen, die häufig verkauft wurden. Bei ihnen ist die Auswahl von Ersatzteilen wie Werkstätten viel größer ist als bei Exoten und seltenen Fahrzeug-Modellen.
Fazit: Im Zweifelsfall lieber mehr für die Versicherung bezahlen
Unterm Strich wäre es also ein schlechtes Geschäft, bei der Versicherungsprämie ein paar Euro gespart zu haben, dafür aber im Schadenfall sehr lange auf die Reparatur warten zu müssen. Das ist insbesondere dann ärgerlich, wenn man selbst den Schaden gar nicht verursacht hat.
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