Ein Klick auf die Shopping-App "Temu" auf dem Handy - und die Bestellung geht direkt zur Spritzerei nach China. 3,98 Euro für einen richtig großen Traktor fürs Kinderzimmer. Wer hier tippt, tut dem fränkischen Spielzeughersteller Bruder richtig weh. Das Original der Firma aus Fürth kostet ein Vielfaches, ist dafür aber geprüft und nach allen Richtlinien gefertigt.
China – die verlängerte Werkbank Europas und der USA – das war einmal. Inzwischen rollen die Firmen aus dem Reich der Mitte die Weltwirtschaft von hinten auf. Am stärksten merken das die Spielwarenproduzenten. Plagiate zu Billigpreisen überschwemmen den Markt und verdrängen Platzhirsche wie Bruder aus dem fränkischen Fürth, Lego oder Playmobil. Auf der Spielwarenmesse in Nürnberg suchen sie gemeinsam nach Wegen, um mit gefährlichen Stoffen hergestellten oder unsicheren Spielwaren Einhalt zu gebieten.
Ringen mit der Konkurrenz aus Fernost
Die Spielwarenbranche ringt mit der Konkurrenz aus dem Reich der Mitte. Jetzt steht eine neue EU-Spielzeugrichtlinie ins Haus, mit engeren Sicherheitsregeln für Spielwaren und Konsumartikel. Allerdings: Aus Sicht der einheimischen Firmen ist sie ein stumpfes Schwert. Die Hersteller in China richten sich nicht danach. Sie halten sich nicht an Bruchfestigkeitsanforderungen oder Bestimmungen gegen das Verschlucken von Kleinteilen. Zoll- oder Einfuhrbestimmungen umgehen sie einfach.
Inzwischen reagieren namhafte Spielwarenproduzenten, weiß Ulrich Brobeil vom Verband der Spielzeugindustrie: "Es gibt eine Wegorientierung von China. Die Frage ist jetzt, wohin? Es geht in umliegende asiatische Länder, in Südostasien." Die mitteleuropäischen Hersteller haben Malaysia, Vietnam, vielleicht noch Indien im Visier. Es gibt auch aber eine Umorientierung in Richtung Europa, meint Brobeil weiter. Allerdings: "Nicht zentral, sondern eher Osteuropa. Die Türkei vielleicht noch mit dabei."
Stärkere Regulierung gefordert
Schützenhilfe bekommt der Verband von Herstellern und Importeuren wie der Fürther Simba-Dickie-Group. Felix Stork aus der Geschäftsleitung des Markenuniversums, zu dem Schuco gehört, aber auch das Bobby Car, das in Scheinfeld produziert wird. "Das muss ja der Fokus auch von der EU-Kommission sein", fordert Stork. "Diese Marktplätze stark zu regulieren, dass eben keine Ware aus diesen Ländern kommt, die einfach nicht unter die Spielzeugrichtlinie fallen."
Produktion vor allem in China
Einfach die Produktion aus China zurückholen, geht nicht. Nicht ganz 75 Prozent aller Spielwaren werden laut der jüngsten Umfrage des Spielzeugverbands in China gefertigt. Angesichts der unsicheren Lage der Lieferwege im Roten Meer und der Energiekosten machen sich jedoch immer mehr Firmen Gedanken darüber, wie sie in der Produktion unabhängiger von China werden können. Auch, um sich Produktpiraten vom Hals zu halten.
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