Die Rote Schleife steht weltweit für Solidarität mit HIV-positiven und aidskranken Menschen.
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Diagnose HIV-positiv: Wie gehen Unternehmen damit um?

Diagnose HIV-positiv: Wie gehen Unternehmen damit um?

Knapp 100.000 Menschen leben in Deutschland mit HIV. Doch viele sprechen am Arbeitsplatz nicht offen darüber – aus Angst, diskriminiert zu werden. Die BR-Redaktion mehr/wert hat Menschen getroffen, die genau das ändern möchten.

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Jährlich infizieren sich etwa 2.200 Menschen deutschlandweit mit HIV. Die meisten können durch die richtige medizinische Behandlung ein gutes Leben führen. Und dennoch gibt es noch immer Vorbehalte. Vor allem am Arbeitsplatz trauen sich viele Betroffene nicht über ihre Diagnose zu sprechen.

Seit 30 Jahren arbeitet Hildegard Stadler als Postbotin im niederbayerischen Fürstenzell. Vor elf Jahren wirft eine Diagnose sie komplett aus der Bahn: Sie ist HIV-positiv: "Auf einmal bekommst du so einen Schlag ins Genick, gehst in die Knie."

HIV: "Mit Scham, Schuld und Diskriminierung behaftet"

"Ich wollte mein altes Leben wieder zurück. Aber ich hab gemerkt, es hat sich was verändert", erinnert sich Hildegard. "Du schämst dich auch für dich und dein Leben, obwohl es nichts zu schämen gab. Aber es ist immer noch so mit Scham, mit Schuld, mit Diskriminierung behaftet." Hinter ihrem Rücken wurde gemunkelt, warum sie so oft fehle, ob sie nicht mehr arbeiten wolle. Irgendwann hielt Hildegard das Versteckspiel nicht mehr aus und entschied sich für ein Coming-Out. "Ich war überwältigt", erinnert sie sich. Sie habe nicht damit gerechnet, dass sie genauso behandelt werde wie vorher.

Die große Mehrheit der HIV-Infizierten behält die Wahrheit für sich. Auch Norbert (Name von der Redaktion geändert) möchte unerkannt bleiben. Seit 13 Jahren ist er HIV-positiv. Er arbeitet im juristischen Dienst beim Freistaat Bayern. Was hält ihn davon ab, die Krankheit öffentlich zu machen? "Dass ich nicht mehr in meinem Aufgabenfeld und Position so akzeptiert und anerkannt werde, wie es vorher war. Dass die Leute sagen: 'Einer, der sich sowas einfängt, der kann gar nicht Entscheidungen treffen.'" Die größte Angst sei es, "dass man nicht mehr die Person ist, die man eigentlich ist für andere."

HIV-Initiative #positivarbeiten

Axel Wedler ist der wohl erste bekennende HIV-positive Manager weltweit. Er arbeitet bei IBM in München und kümmert sich seit fünfzehn Jahren darum, dass das Thema auch bei Arbeitgebern ankommt. Axel selbst hatte vier harte Jahre lang mit niemandem im Konzern über seine Krankheit gesprochen und wäre fast daran zerbrochen: "Irgendwann war die Last auf meinen Schultern so groß, dass ich gesagt habe: 'Das geht nicht mehr. Ich mach' es offen und wenn ich die Konsequenzen tragen muss, dass ich meinen Arbeitsplatz verliere, geh' ich es ein'".

Doch das Gegenteil war der Fall: Sein Chef nahm ihn damals einfach in den Arm. Das beeindruckte ihn. Zusammen mit der Deutschen Aidshilfe gründete Axel vor fünf Jahren die Initiative #positivarbeiten. Seitdem unterstützt er weltweit Firmen und Institutionen, ein diskriminierungsfreies Arbeitsumfeld zu schaffen. Allein in Deutschland haben mehr als 250 die freiwillige Deklaration unterzeichnet. Bayerische Ministerien und die Deutsche Post gehören bislang nicht dazu.

Bayerisches Justizministerium antwortet ausweichend

Auf Nachfrage des Bayerischen Rundfunks, warum man noch nicht unterzeichnet habe, antwortet das Justizministerium in München ausweichend: "Gesundheitsfürsorge" habe in der bayerischen Justiz "einen sehr hohen Stellenwert". Im Fall von Belästigung oder Diskriminierung verweist man auf drei interne Beratungsstellen, "die kostenfrei, vertraulich und niederschwellig erreichbar" seien.

Deutsche Post Niederlassung unterzeichnet Deklaration

Auch bei der Deutschen Post fragt der BR an. Es kommt zu einem Vortrag von Axel Wedler vor der Niederlassung in Straubing. Er erzählt seine persönliche Geschichte und gibt Tipps, wie Firmen ein offenes und respektvolles Miteinander fördern können. Eine effektive Maßnahme sei das Onboarding neuer Arbeitskräfte, etwa durch eine einstündige Schulung. Im Anschluss unterzeichnet Johanna Heigl als erste regionale Niederlassungsleiterin der DHL die Deklaration. Das übertrifft Hildegard Stadlers Erwartungen: "Ich bin so geflashed!". Die Postbotin aus Fürstenzell will weiterkämpfen. Für ein Leben ohne Diskriminierung.

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