Das Für und Wider, eine Wärmepumpe einzubauen, beschäftigt viele Hausbesitzer schon länger. Das Gebäudeenergiegesetz macht zwar Vorgaben, aber mit der jetzt verabschiedeten Fassung haben Eigentümer erst einmal Zeit gewonnen.
Kommunale Wärmeplanung kommt zuerst
Städte und Gemeinden müssen hingegen innerhalb einer Frist eine Wärmeplanung erarbeiten. Große Städte sollen sie bis zum 1. Juli 2026 vorlegen, kleinere Kommunen mit weniger als 100.000 Einwohnern haben bis 2028 Zeit. Einzelne Städte haben bereits angekündigt, dass sie eine verbindliche Planung früher erstellen wollen – München beispielsweise bis zum Herbst 2023. Dann sollen alle Klarheit haben über Leitungsnetze, die Planung der Stadt und Anschlussmöglichkeiten für ihr Haus. Denn das Ziel von mindestens 65 Prozent CO2-freien Heizungen gilt danach. Diese zeitlichen Vorgaben nehmen Druck heraus. Dafür bekämen die, die früher handelten, einen Geschwindigkeitsbonus, sagt Sigrid Goldbrunner von der Verbraucherzentrale Bayern gegenüber BR24.
Wo es die nötigen Infos zur Wärmepumpe gibt
Die Diskussion um neue Heizungsvorgaben und die entsprechenden Auflagen des Gesetzes seien im Frühjahr und Sommer zwar bestimmend gewesen, meint Goldbrunner, und es habe viel Verwirrung geherrscht. Nun habe sich die Stimmung aber beruhigt, es gebe viele Informationsmöglichkeiten.
Zum Beispiel bieten sowohl die Verbraucherzentralen als auch das Wirtschaftsministerium Entscheidungshilfen und Rechner an, ob sich beispielsweise eine Wärmepumpe lohnt. Es gehe darum, dass sich Verbraucher gut für ihre eigene Immobilie informierten. Auch das Bundeswirtschaftsministerium bietet Informationen und eine Eignungsanalyse für eine Wämepumpe an, die Bürger nutzen können. Denn über die Technologien würden sehr viele Mythen verbreitet, so Goldbrunner.
Expertin: Nach Möglichkeit schon mal Informationen einholen
Wer eine funktionierende Öl- oder Gasheizung hat, der brauche zunächst gar nichts tun. Trotzdem rät Goldbrunner sich zu informieren: Für das jeweilige Gebäude die Möglichkeiten ausrechnen lassen, möglichst einen Termin mit einem Energieberater machen, was sich mittelfristig tun lässt. Denn die Ziele des Gesetzes seien ja vorhanden: "Also in den Heizungskellern ist natürlich sehr viel zu tun. Gerade in Bayern ist es so, dass 70 Prozent der Eigentümer mit Öl und Gas heizen und das Ziel Deutschlands ist ja, dass wir bis 2045 klimaneutral heizen."
Gasheizungen haben eine "Lebenserwartung" von 15 bis 20 Jahren. Im Rahmen der Recherche hat BR24 Heizungen gesehen, die nach 32 Jahren noch die Emissionswerte erfüllten, die das Gesetz vorschreibt, dies wurde auch von Kaminkehrern bescheinigt. Viele haben sich auch dieses Jahr noch eine Gasheizung gekauft, sagen die Statistiken.
Besitzer von Einfamilienhäusern sollten genau prüfen
Die Verbraucherzentrale empfehle, sehr genau zu prüfen, ob nicht eine Wärmepumpe auch in einem älteren, unsanierten Gebäude Sinn ergebe, so Goldbrunner. "Wir gehen eigentlich davon aus, dass man einfach genau beachten muss: Was sind meine Investitionskosten? Also, was muss ich für die Anschaffung bezahlen? Wie wird die gefördert? Und was habe ich da für Betriebskosten?"
Hier sei die Wärmepumpe meistens im Vorteil - zumindest auf lange Sicht. Ob eine Wärmepumpe infrage kommt, lässt sich laut der Energieberaterin auch für ein älteres unsaniertes Haus abschätzen, etwa über die Vorlauftemperatur, also die Temperatur, mit der das warme Wasser in die Heizung läuft. Man könne das selber ausprobieren, so Goldbrunner. "Wenn ich die auf 50 bis 55 Grad einstellen kann und es wird noch warm, dann geht auch grundsätzlich eine Wärmepumpe. Das ist eine Faustregel." Eine Fußbodenheizung sei einerseits nicht zwingend notwendig für eine Wärmepumpe und andererseits auch im Altbau nicht grundsätzlich unmöglich.
Verbraucherzentrale: Betriebskosten der Wärmepumpe geringer
Bei der Gesamtrechnung gilt es, Anschaffungskosten, Einbaukosten und Betriebskosten zu ermitteln. Gerade bei den Betriebskosten werde Gas in den nächsten Jahren teurer - schon durch die steigende CO2-Steuer. Diese CO2-Bepreisung wird nach Einschätzung Goldbrunners stark ansteigen. Die Investition für die Wärmepumpe wird bis Jahresende gefördert, wie es mit der Förderung weitergeht, soll bald feststehen.
Expertin: "Beim Gas zahlt der Letzte am meisten"
Die Energieberaterin warnt deshalb davor, sich von den geringeren Kosten einer Gasheizung täuschen zu lassen. Sie verweist dabei auf Ankündigungen von Energieversorgern, wie der Stadtwerke München, dass sie künftig nicht mehr sondern eher weniger in ihr Gasnetz investieren oder es zurückbauen werden. Da könne man sagen: "Beim Gas zahlt der Letzte am meisten. Wenn nicht mehr viele am Netz angeschlossen sind, müssen die übrigen einfach höhere Gebühren zahlen." Deswegen sei ihr wichtig, so Goldbrunner, sich nicht täuschen zu lassen.
Teilweise ernüchternde Angebote und Zusatzkosten
Dabei ist jedoch jedes Haus ein Einzelfall. Lage, Baustandard, Dämmung, all das spielt eine Rolle – auch die Nachbarschaft wegen der Abstandsflächen und der Möglichkeit, das surrende Außengerät einer Wärmepumpe aufzustellen. Dieter Haas besitzt am südöstlichen Stadtrand von München eine Doppelhaushälfte. Das Haus wurde Anfang der 90er Jahre gebaut. Es sieht modern aus.
Bereits im vergangenen Jahr hat sich Haas informiert und einen Energieberater um dessen Einschätzung gebeten. Der habe ihm erklärt, dass, wenn er das Haus komplett auf den neuesten Stand bringen wolle, er schon "200.000 bis 300.000 Euro in die Hand nehmen müsse", erinnert sich Haas. Das kommt für den Münchner nicht infrage. Er berichtet, dass er das Haus erst vor kurzer Zeit abbezahlt habe und es als Altersvorsorge für ihn und seine Frau diene.
Wärmepumpe und Gasheizung im Kostenvergleich
Weil Haas eine klimafreundliche Heizung anschaffen will und seine Gasheizung mit dem Kessel eben schon mehr als 30 Jahre auf dem Buckel hat, lässt er sich von einem örtlichen Installationsbetrieb ein Angebot machen. Allein für eine Wärmepumpe müsste er mehr als 60.000 Euro bezahlen, in dieser Summe sind Photovoltaik, Dämmarbeiten und Fundament noch gar nicht enthalten. Wegen der geringen Abstandsfläche zum Nachbarn und den niedrigen Temperaturen im Winter benötigt er ein besonders leises und leistungsstarkes Gerät.
Haas hat eine Einrohrheizung - für die Wärmepumpe müsste er zusätzliche Rohre verlegen. Die Vergleichsrechnung spricht bei ihm für die Gasheizung. Hätte er die bestellt, wäre er mit einer neuen, sparsameren Gasheizung im Vergleich zu der, die er heute hat, mit 16.000 Euro dabei gewesen. Haas liegen einige Angebote vor. Welche Entscheidung er treffen wird, ist noch offen. Handlungsdruck hat er jedenfalls nicht, denn die Heizung läuft ja noch und kann auch weiter repariert werden.
Prognose: Vermieter werden alte Heizungen weiterbetreiben
Nicht nur Termine beim Energieberater seien im Moment schwer zu bekommen sondern auch Finanzierungen. Der Haus- und Grundbesitzerverein weist darauf hin, dass sich die Investitionen für eine neue Wärmepumpe für Vermieter kaum lohnen und führt folgendes Beispiel an: Eine Heizungsanlage, die den Vorschriften des Gebäudeenergiegesetzes entspricht, zum Beispiel eine Hybridheizung (Kombination Gas/Wärmepumpe) für ein Haus mit 150 Quadratmeter Wohnfläche, kostet heute circa 50.000 Euro. Davon dürfe ein Vermieter nach dem Willen der Bundesregierung 0,50 Euro/m² monatlich auf seine Mieter umlegen, "das heißt bei 150 Quadratmeter Wohnfläche monatlich 75 Euro."
Weil die Zinsen in den vergangenen Monaten allerdings stark gestiegen sind, zahlt der Eigentümer bereits für ein Darlehen zur Finanzierung der neuen Heizung, das die große Mehrheit der Vermieter aufnehmen muss (50.000 Euro abzüglich 30 Prozent Förderung), beim derzeitigen Zinssatz von vier Prozent 116 Euro monatliche Zinsen an die Bank.
Die Folge: Vermieter würden ihre alte Gasheizungsanlagen reparieren bis zum "Gehtnichtmehr", so der Vorsitzende von Haus und Grund München, Rudolf Stürzer, auf Anfrage von BR24. Das sei schlecht für die Mieter wegen laufend steigender Heizkosten und schlecht für das Klima wegen hoher Emissionen. Stürzer sagt, die Vermieter fühlten sich von Regierung und Oppositionparteien im Stich gelassen.
Nebenkosten teilen sich Mieter und Vermieter
Seit 2023 gilt das CO2-Kostenaufteilungsgesetz, das ab der kommenden Heizperiode wirksam wird. Ziel ist eine fairere Aufteilung der CO2-Abgabe zwischen Vermietern und Mietern beim Heizen mit fossilen Brennstoffen. Die Berechnung funktioniert folgendermaßen: Für Mieter, die sich für die Kostenaufteilung interessieren oder eine Gasetagenheizung haben, bei der sie das selber berechnen müssen, gibt es auch einen Rechner, der von der Bundesregierung bereitgestellt wird.
Je schlechter eine Wohnung gedämmt ist und je höher der CO2-Ausstoß, desto höher auch der Anteil der CO2-Abgabe, den Vermieter zahlen müssen. Der Anteil nimmt ab, je klimafreundlicher ihr Haus ist. Bei einem sehr geringen Ausstoß müssen Mieter die Kosten weiter allein tragen. Das sollte wiederum die Vermieter zu energetischen Sanierungen und die Mieter zum Energiesparen bewegen. Mietervertreter fürchten allerdings, dass auch die Kosten einer Sanierung, mit der Vermieter ihren Anteil senken könnten, am Ende an die Mieter weitergegeben werden.
Klimafreundliches Heizen erfordert kühles Rechnen
Fazit: Kühl rechnen, um die Wohnung einigermaßen günstig und klimafreundlich auch in Zukunft warm zu bekommen, ist nötig. Erst kommt die Wärmeplanung - die liefert die entsprechende Stadt oder Gemeinde. Dort erfährt jeder, ob ein Anschluss an ein Fern- oder Nahwärmenetz möglich ist. Das sei die einfachste Lösung, sagt auch der Architekt und Wärmeplaner Tobias Saller, der für die Energiewende in der Siedlung Margaretenau in Regensburg zuständig ist. Kommt das nicht infrage, dann lohnt sich eine Bestandsaufnahme, mittels Internetrecherche und der Besuch eines Energieberaters. Vor allem für Einfamilienhäuser, egal welchen Alters, lohnt sich die indiviuelle Bestandsaufnahme.
Im Video: Kommunen vor Aufgabe der Wärmeplanung
Transparenzhinweis: Sigrid Goldbrunner ist Regionalmanagerin Energieberatung bei der Verbraucherzentrale Bayern und im Vorstand eines Ortsverbands der Grünen in München.
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