Die Inflation in Deutschland hält sich trotz eines leichten Rückgangs im November hartnäckig auf hohem Niveau und erfasst immer weitere Bereiche des täglichen Lebens. Die Verbraucherpreise stiegen im November gegenüber dem Vorjahresmonat um 10,0 Prozent. Das Statistische Bundesamt bestätigte damit eine erste Schätzung. Im Oktober hatte die Jahresinflationsrate mit 10,4 Prozent den höchsten Stand seit etwa 70 Jahren erreicht. Doch Preistreiber sind offenbar nicht nur die teure Energie, sondern auch Firmen, die ihre Produkte übermäßig verteuern, um mehr Gewinn einzufahren.
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Ifo: Inflation ist teilweise Vorwand für übermäßige Preiserhöhungen
Laut dem Ifo-Institut nutzen einige Unternehmen die hohe Inflation als Vorwand, ihre Ware zu verteuern. Höhere Preise für Energie und Vorleistungen allein erklärten nicht das Ausmaß der Inflation in Deutschland, heißt es einer Studie der Münchner Wirtschaftsforscher. "Vielmehr scheinen Unternehmen in einigen Wirtschaftszweigen die Preissteigerungen dazu genutzt zu haben, ihre Gewinne auszuweiten", sagte der stellvertretende Leiter der Ifo-Niederlassung Dresden, Joachim Ragnitz. "Das gilt vor allem für den Handel, die Landwirtschaft und den Bau."
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Ifo: Nicht nur Kosteninflation, sondern auch Gewinninflation
Deutschland habe "nicht nur eine Kosteninflation, sondern ganz offensichtlich auch eine Gewinninflation", schreibt Ragnitz. Allerdings stellt er auch klar, dass die Inflation insgesamt "zu einem ganz erheblichen Teil" tatsächlich auf die gestiegenen Kosten der Unternehmen zurückzuführen sei. Man könne bisher nur vorläufige Aussagen über das tatsächliche Ausmaß des zusätzlichen Faktors treffen.
Bau, Handel, Gastgewerbe, Landwirtschaft sahnen besonders ab
Besonders am Bau, im Handel, Gastgewerbe, Verkehr und in der Land- und Forstwirtschaft einschließlich Fischerei hätten die Unternehmen "ihre Preise deutlich stärker erhöht als es aufgrund der gestiegenen Vorleistungspreise allein zu erwarten gewesen wäre", sagte Ragnitz.
In der Land- und Forstwirtschaft einschließlich Fischerei lasse sich das durch die dort oft geltenden Weltmarktpreise und die Erwartung steigender Kosten für Dünger und Futter erklären, sagte der ifo-Experte.
Nahrungsmittel im November 21 Prozent teurer
Neben Energie waren im November im Jahresvergleich insbesondere Nahrungsmittel deutlich teurer – und zwar um 21,0 Prozent. Tiefer in die Tasche greifen mussten die Konsumenten laut Statistischem Bundesamt insbesondere für Speisefette und Speiseöle (+41,5 Prozent), Molkereiprodukte und Eier (+34,0), Brot und Getreideerzeugnisse (+21,1) sowie Gemüse (+20,1).
Bei Bau und Handel seien die Preissteigerungen aber nicht so leicht zu erklären, da eine Orientierung an Weltmarktpreisen hier ausscheide und die Löhne weniger stark als die Preise gestiegen seien.
Gewerkschaft ruft nach Staat, Ifo-Forscher dagegen
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fordert ein Einschreiten des Staates. Es sollte unterbunden werden, dass Unternehmen, ihre Profite durch Preiserhöhungen maximieren, die deutlich über die eigenen Kostensteigerungen hinausgehen, sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell. Ifo-Forscher Ragnitz sieht dagegen keinen Grund für staatliches Eingreifen. Was dagegen helfe, sei vermehrter Wettbewerb, so Ragnitz. Und auch die Verbraucher könnten etwas tun, indem sie ihr Kaufverhalten anpassten und zu billigeren Produkten griffen.
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