Immer mehr Menschen besitzen laut Statistik Wertpapiere. Allerdings sind es weit mehr Männer als Frauen. Ob dieser Unterschied auch daher kommt, dass Werbung für Finanzprodukte lange auf männliche Kunden abgezielt hat, versucht eine Studie herauszufinden.
Männer in der Werbung: "Mein Haus, mein Auto, mein Boot"
Manche mögen sich noch an die Werbung eines Geldhauses aus dem Jahr 1995 erinnern: Zwei Männer treffen sich zufällig nach langer Zeit in einem Café und prahlen voreinander mit den eigenen finanziellen Erfolgen. Sie legen Fotos auf den Tisch und sagen: "Mein Haus, mein Auto, mein Boot." Der eine schneidet besser ab als der andere, dank seiner Bank, die ihn so gut beraten hat, dass er immer reicher wurde. Das war die Kernaussage des Spots.
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Studie: Finanzwerbung war lange Zeit männlich
Werbung wie diese lag lange im Trend, erklärt Alexandra Niessen-Ruenzi von der Universität Mannheim. Die Finanzprofessorin forscht seit Jahren zu geschlechtsspezifischen Unterschieden auf dem Kapitalmarkt. Zurzeit untersucht sie gemeinsam mit ihrem Team Finanzwerbung von 1950 bis heute.
Ein erster Teil ist analysiert. Das Zwischenergebnis zeigt, dass 70 Prozent der Personen, die in diesen Anzeigen und Spots auftauchen, Männer sind, erklärt Niessen-Ruenzi. "Das macht natürlich was mit dem Betrachter einer Werbeanzeige: Fühle ich mich angesprochen oder nicht?"
Dem Gender Investment Gap auf der Spur
Das Team um Niessen-Ruenzi möchte mit dieser Studie untersuchen, warum Frauen und Männer unterschiedlich investieren, warum es das statistisch bewiesene sogenannte Gender Investment Gap gibt.
Nach Angaben des Deutschen Aktieninstituts haben in den vergangenen Jahren der Niedrig- und Nullzinspolitik zwar immer mehr Menschen an der Börse investiert. Im Jahr 2021 waren es mehr als zwölf Millionen. Zwei Drittel von ihnen waren allerdings Männer, nur ein Drittel Frauen.
Finanzprofessorin: Aktien bringen auf lange Sicht 7,5 Prozent Rendite
Niessen-Ruenzi hat in einer früheren Studie herausgefunden, dass ungefähr 23 Prozent der Männer in Deutschland Wertpapiere wie Aktien, Fonds und Exchange Traded Funds, kurz ETFs besitzen. Aber nur 13 Prozent der Frauen.
Dieser Unterschied von zehn Prozentpunkten höre sich vielleicht zunächst nicht viel an, sagt Niessen-Ruenzi. Wenn man aber in Betracht ziehe, dass man am Aktienmarkt bei langen Anlagezeiträumen im Jahr ungefähr eine Rendite von 7,5 Prozent erzielt, sei das ein "ganz erheblicher Unterschied".
In ruhigen Jahren, in denen die Inflation nicht wie aktuell um die zehn Prozent liege, könne eine Investition am Kapitalmarkt dazu führen, dass man sein Geld vermehren könne. In diesem Jahr, in dem die Inflationsrate so hoch liegt, helfen Investitionen an der Börse zumindest teilweise dabei, den Wert des eigenen Geldes ein Stück weit zu erhalten.
Studie: Bewirkt männliche Werbung, dass Frauen weniger investieren?
Warum Frauen durchschnittlich weniger häufig an der Börse investieren, möchte die Finanzprofessorin besser verstehen. Aus ihrer Sicht könnte die Werbung für Finanzprodukte ein Mosaikteil zur Erklärung des Gender Investment Gaps sein.
Die Finanzindustrie habe lange vor allem eine Gruppe angesprochen: den weißen Mann. Zwar habe sich das verändert, viele Banken hätten erkannt, dass auch Frauen eine interessante Kundengruppe sein könnten. Aber noch immer würden Geldhäuser oft mit Sparzielen werben, die vielleicht eher Männer ansprechen, zum Beispiel mit Sportautos. Die Hypothese testet sie zusammen mit ihrem Team.
Es sei wichtig zu verstehen, ob eine gezieltere Werbung, die auf weibliche Kunden zugeschnitten ist, das Anlageverhalten von Frauen beeinflussen und den Gender Investment Gap schließen oder zumindest verringern könne, sagt Niessen-Ruenzi. Bis voraussichtlich kommendes Frühjahr soll die Datenerhebung abgeschlossen sein. Darauf folgen die Analysen, so dass sie im Sommer 2023 die endgültigen Ergebnisse ihrer Studie vorstellen möchte.
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