Woran Lilium am Ende gescheitert ist, darüber dürften die Experten wohl noch auf Jahre debattieren. Vordergründig lag es an Geldmangel. Die Investoren, die den Flugtaxi-Entwickler in den Weihnachtstagen übernahmen, hatten die zunächst versprochenen 200 Millionen Euro nicht aufgebracht. Damit war nicht genügend Kapital da, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. Dahinter stecken aber tiefgreifendere technische Herausforderungen.
Komplexe Technik bei Lilium und Airbus Helicopters
Die Konstruktion des Lilium Jets war extrem aufwendig: Das Start-up setzte auf eine revolutionäre Neuentwicklung und wollte eine Mischung aus Hubschrauber und klassischem Flugzeug auf den Markt bringen, ausgestattet mit zahlreichen Elektro-Triebwerken, die auch noch schwenkbar sein sollten. Dieses futuristisch aussehende Konzept samt einem – nicht flugfähigen – Modell des Fliegers zog auf Messen wie der Berliner ILA zwar viele Besucher an, funktionierte aber nicht in der Praxis.
Bis zum Aus der Firma schaffte es Lilium nämlich nicht, das komplexe System zulassungsreif zu machen. Vor einem ähnlichen Problem stand der Konkurrent Airbus Helicopters aus Donauwörth. Auch dessen Modell "CityAirbus NextGen" sieht wie ein futuristischer Mix aus Helikopter und Flugzeug aus, erreichte aber nicht die angepeilten Ziele, etwa bei der Reichweite. Vor wenigen Wochen stellte der Konzern deshalb das Projekt bis auf Weiteres ein. Man wolle warten, bis die Batterietechnik weiter sei, hieß es aus Donauwörth.
Bewährte Konzepte statt Revolutionen
Beim Münchener Start-up Vaeridion gelten diese gescheiterten Zukunftsvisionen als abschreckende Beispiele. Dort setzt man auf dem Weg zum elektrischen Fliegen auf eine vergleichsweise abgespeckte Technologie, die sich an bewährten Systemen anlehnt. Die Firma entwickelt ein neunsitziges Kleinflugzeug, das ab dem Jahr 2030 in den Linienbetrieb gehen soll. Die Konstruktion erinnert an klassische Motorsegler: Es gibt nur einen Propeller, betrieben von mehreren Elektromotoren.
Die Batterien stecken in den Tragflächen. Erste Flüge soll es vom skandinavischen Festland zu Inseln in Nord- und Ostsee geben. Die europäische Luftsicherheitsbehörde EASA zeigte sich zuletzt optimistisch, was das Projekt angeht. Noch weiter ist man bei Elektra Solar. Die Firma aus Landsberg hat seit November die sogenannte Musterzulassung für ein elektrisch angetriebenes Trainingsflugzeug, Seitdem dürfen sie es in Serie bauen
MTU-Chef sieht Markt für Elektroflugzeuge
Grundsätzlich sieht man in der Luftfahrtbranche durchaus einen Markt für elektrisch angetriebene Flugzeuge. Ein Grund dafür sind zunehmend strenge Klimaschutzauflagen in verschiedenen Ländern. In Skandinavien zum Beispiel müssen Inlandsflüge künftig emissionsfrei abgewickelt werden. Diese Regelung haben sich Schweden und Dänemark bereits für 2030 verordnet, in Norwegen soll sie ab 2040 gelten.
Lars Wagner, Chef des Münchener Triebwerksspezialisten MTU Aero Engines, sieht deswegen durchaus Potenzial für batterieelektrische Flieger. Wagner sagte wiederholt, er glaube, dass es künftig mehrere Antriebskonzepte für die Luftfahrt geben werde. Große Maschinen auf der Langstrecke werden demnach weiter mit klassischen Triebwerkskonzepten unterwegs sein, allerdings vermehrt klimaneutrale Kraftstoffe verbrennen. Mittelgroße Flieger dürften demnach zunehmend Wasserstoff tanken. Auf der Kurzstrecke und gerade bei kleineren Maschinen gebe es allerdings viel Potenzial für Elektroflugzeuge, da man dort die Balance aus dem Gewicht der Batterien, der Reichweite und den Kosten hinbekommen könne.
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