Nach dem offenen Eklat zwischen US-Präsident Donald Trump und seinem ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus schließt Trump eine sofortige Wiederaufnahme von Gesprächen aus. "Er möchte sofort zurückkommen. Aber das geht für mich nicht", sagte Trump. US-Außenminister Marco Rubio verlangte von Selenskyj eine Entschuldigung bei Trump. Er warf dem ukrainischen Präsidenten vor, die "Friedensbemühungen" von Trump "aktiv" und "offen" zu untergraben.
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Selenskyj: "Bin Amerikanern sehr dankbar"
Selenskyj lehnte im US-Fernsehsender "Fox News" ab, sich zu entschuldigen. Er betonte aber seinen Respekt für das amerikanische Volk und dessen Präsidenten.
Zu Beginn des Interviews bei Fox News wandte sich Selenskyj direkt an das Publikum und erklärte: "Ich bin den Amerikanern sehr dankbar für ihre Unterstützung. Sie haben eine Menge getan. Ich bin Präsident Trump und dem Kongress für die parteiübergreifende Unterstützung dankbar – und ich war es immer." Selenskyj machte aber deutlich, dass Kapitulation für sein Land keine Option sei. "Ich kann unserem Volk nicht einfach sagen, dass es aufgeben soll. Niemand wird aufgeben, weil jeder Angst hat, dass Putin morgen zurückkommt."
Ukraine will nicht auf Nato-Beitritt drängen
Selenskyj bekräftigte die Notwendigkeit von Sicherheitsgarantien für sein Land. "Wir wollen keine Überraschungen erleben". Er betonte, dass ein Rohstoff-Deal zwischen den USA und der Ukraine nicht ausreiche, um Friedensverhandlungen mit Russland aufzunehmen. Ein solcher Deal sei zwar "der erste Schritt zu Sicherheitsgarantien. Aber das ist nicht genug."
Der einfachste Weg zu verlässlichem Schutz sei ein Nato-Beitritt der Ukraine, erklärte Selenskyj. Doch das sei nicht für alle Partner eine Option. Deshalb habe er gesagt: "Okay, niemand drängt darauf." Dann müssten eben auf anderem Wege Sicherheitsgarantien geschaffen werden – und dafür brauche es die Unterstützung der Europäer durch die USA.
Trump: Selenskyj will Konflikt in die Länge ziehen
Aus Sicht von US-Präsident Trump hat Selenskyj "zu hoch gepokert". Vor seinem Abflug aus Washington in den US-Bundesstaat Florida machte er deutlich: "Er muss sagen, 'ich will Frieden schließen'." Und weiter: "Ich will jetzt einen Waffenstillstand." Selenskyj habe "die Karten nicht in der Hand", monierte Trump. Er selbst wolle eine Waffenruhe, "und zwar sofort". Selenskyj hingegen wolle den Konflikt mit Russland in die Länge ziehen. Wenn die Ukraine nicht einlenke, müsse das Land alleine weiterkämpfen, warnte er erneut.
Der US-Präsident fügte hinzu, dass der russische Staatschef Wladimir Putin den Krieg ebenfalls beenden wolle. Er habe bereits "zahlreiche Male" mit Putin gesprochen.
Selenskyj hofft auf bessere Beziehungen zu den USA
Auf die Frage, ob er nach der Eskalation im Oval Office verärgert sei, stellte Selenskyj klar, dass es nicht um ihn persönlich gehe. Doch wenn führende Politiker behaupteten, die Ukraine sei fast besiegt, die Soldaten würden abhauen, sie seien keine Helden und der ukrainische Präsident sei ein Diktator, stelle sich die Frage: "Wo bleibt die Freundschaft zwischen der Ukraine und den USA?"
Die öffentliche Konfrontation sei für keine der beiden Seiten gut gewesen, erklärte Selenskyj. Dennoch müsse er offen sagen: "Ich kann unsere ukrainische Haltung gegenüber Russland nicht ändern." Die USA und Europa seien "die besten Freunde" der Ukraine. "Putin und Russland – das sind die Feinde." Diese Realität müsse anerkannt werden.
Solidarität aus Europa – gemischte Reaktionen aus den USA
Selenskyj erhielt nach dem historischen Schlagabtausch im Weißen Haus Unterstützung aus der Heimat und aus vielen Ländern Europas. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schrieb auf "X": "Niemand will Frieden mehr als die Bürgerinnen und Bürger der Ukraine!" Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte, er denke, "es war richtig, dass wir alle vor drei Jahren der Ukraine geholfen und Russland sanktioniert haben und dies auch weiterhin tun werden".
In den USA reagierten die politischen Lager gegensätzlich: So unterstützte der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, die offizielle Lesart des Weißen Hauses. "Was wir heute im Oval Office gesehen haben, ist ein amerikanischer Präsident, der Amerika an die erste Stelle setzt", sagte er. Dank Trump seien "die Zeiten vorbei, in denen man von Amerika profitieren und es respektlos behandeln konnte".
Heftige Kritik kam von den Demokraten: "Trump und Vance machen Putins Drecksarbeit", bilanzierte der Minderheitsführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer. Und der demokratische Senator von Maryland, Chris Van Hollen kommentierte: "Im Kreml knallen gerade die Sektkorken". Wie Trump und Vance Selenskyj beschimpft und eine "Show voller Lügen und Desinformation" abgezogen hätten, "würde Putin erröten lassen" und sei "eine Peinlichkeit für Amerika".
- Zum Podcast "Die Entscheidung": Showdown in Bukarest - Ukraine, Russland und die Nato
Mit Informationen von DPA und AFP
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