In Bayern gibt es rund 600.000 Pflegebedürftige – nirgends in Deutschland gibt es mehr. 2035 werden knapp 700.000 [externer Link] prognostiziert. Gleichzeitig müssen Pflegeeinrichtungen in Deutschland bereits heute dreimal am Tag Hilfesuchenden absagen [externer Link]. Das ist ein alarmierender Wert.
Kein Wunder, dass ausländische Anbieter in diese Angebotslücke stoßen. Vor allem bieten sich Heime in Osteuropa an, aber auch Einrichtungen aus Griechenland, Spanien oder sogar Thailand. "Tschechien zum Wohlfühlen", heißt es da etwa. "Optimale Pflegeleistungen", verspricht ein Heim in Ungarn. "Für oft nur ein Drittel der Kosten", wirbt ein polnischer Vermittler im Internet.
Interessierte bei der Info-Suche allein gelassen
Doch halten solche Angebote was sie versprechen? Ratsuchende in Deutschland werden mit dieser Frage allein gelassen. Zwar gibt es Bewertungsportale wie den AOK-Pflegenavigator [externer Link]. Jedoch: Für ausländische Einrichtungen haben wir "weder Einblicke zu Preisen noch zu Qualität", schreibt die AOK Nordost auf Anfrage.
Um diese Infolücke etwas zu füllen, hat BR24 deshalb selbst Heime in Osteuropa besucht, Heim-Verträge geprüft, Kosten verglichen und bürokratische Fallstricke recherchiert.
Qualität durch Ausstattung, Fachpersonal und Sprache
Wir haben große Unterschiede innerhalb und zwischen den einzelnen Ländern festgestellt. Daher gilt, falls möglich: hinfahren, anschauen und probewohnen. Worauf man achten und wonach man fragen sollte, haben für deutsche Pflegeangebote die Verbraucherzentralen gut zusammengefasst [externer Link]. Darüber hinaus unverzichtbar sind ausreichende Deutschkenntnisse des Personals. Ein Wettbewerbsvorteil für osteuropäische Heime in Gebieten mit deutscher Vergangenheit, wo die Sprache noch lebendig ist.
Transparenz und Kontrolle
Verschlossene Türen, wenig Fachpersonal, vor sich hindämmernde Bewohner: In einem tschechischen Heim haben wir erlebt, wie es nicht sein sollte. Doch neben guten Pflegestandards ist auch die wirtschaftliche Stabilität wichtig, denn niemand will nach einem anstrengenden Umzug ins Ausland in einem insolventen Heim landen. Daher sollte bereits vor der Besichtigung über das Heim recherchiert werden, wie es zum Beispiel das polnische Unternehmensregister [externer Link] ermöglicht. Gute Betreiber arbeiten zudem eng mit den örtlichen deutschen Konsulaten zusammen – eine weitere wichtige Auskunftsquelle.
Die Preisfrage
Bei 3.084 Euro liegt aktuell die durchschnittliche Eigenbeteiligung in bayerischen Heimen. In Osteuropa wurden uns Einzelzimmer zwischen 1.800 und 2.500 Euro angeboten. Negativ aufgefallen sind uns jedoch vor allem unklare Preiserhöhungs-Klauseln und unübersichtliche Nebenkosten.
Daher Obacht: Denn beim Heimumzug im europäischen Wirtschaftsraum zahlen deutsche Krankenkassen lediglich das Pflegegeld weiter, außerhalb Europas gar nichts. Zudem können sehr teure Kassen-Hilfsmittel wie Rollstühle oder Wechseldruck-Matratzen nicht mitgenommen werden.
Steuern, Melderecht und Pflegekassen-Bürokratie
"Die Lage ist komplex", verweist der polnisch-deutsche Steuerberater Pawel Madzarow aus München auf die unterschiedlich gültigen Doppelbesteuerungsabkommen. Wer nur eine Altersrente ohne Betriebsrente und sonstige Einkünfte bezieht, bleibt zwar in Polen steuerfrei, muss aber weiterhin in Deutschland versteuern und seinen Grundfreibetrag neu beantragen. In Tschechien hingegen kann durchaus Steuer anfallen. Alle von uns untersuchten Anbieter konnten diese Fragen nicht zufriedenstellend beantworten.
Mit Erfahrung punkten die meisten Heime hingegen, wenn es um den reibungslosen Kontakt zur deutschen Pflegekasse und melderechtliche Pflichten geht.
In jedem Fall sollten die bürokratischen Hürden nicht unterschätzt werden. Vor allem Steuerrat vor dem Umzug empfiehlt sich, ebenso wichtige Behördengänge wie etwa die Verlängerung des Reisepasses um weitere zehn Jahre.
Fazit unserer Stichprobe: Gute und preiswerte Angebote finden sich, aber der Aufwand ist groß.
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