Es traf ihn völlig überraschend: Mario Felgenhauer bekam seine Stromrechnung plötzlich von einem neuen Anbieter – und sie war auch ein bisschen höher als üblich. Was war passiert? Der Familienvater aus Bodenmais im Bayerischen Wald hatte zuvor Energie von einem Stromdiscounter bezogen, doch der konnte plötzlich keinen Strom mehr liefern.
- Zum Artikel: "Pleitewelle bei Energieversorgern: Tausende in Bayern betroffen"
Als Grund gab der Billigstromanbieter eine "historisch einmalige Preisentwicklung im Strommarkt" an. Man sei mit einer nie dagewesenen Preisexplosion an den europäischen Energiehandelsplätzen konfrontiert, teilte das Unternehmen auf seiner Internetseite mit. Deswegen war in Mario Felgenhauers Fall EON als Basisversorger eingesprungen.
- Zum Artikel: "Anbieterwechsel bei Strom und Gas - Das müssen Sie beachten"
Billigstromanbieter können Verträge nicht einhalten
Doch Felgenhauer hatte vom Unternehmen nie etwas gehört, ihm sei auch nicht gekündigt worden. "Bei uns sind zwar die Lichter nicht ausgegangen", sagt Felgenhauer. Aber er hätte sich gewünscht, "dass ich vorab informiert werde und ich im Internet einen neuen Anbieter finden kann."
Viele günstige Anbieter mussten in den vergangenen Wochen Insolvenz anmelden oder die Verträge kündigen, weil sie die Billig-Preisversprechen nicht mehr einhalten können. Denn Stromdiscounter kaufen tendenziell eher kurzfristig Energie ein, anstatt auf langfristige Lieferverträge zu setzen.
Und jetzt viel teure Energie zu kaufen – das rechnet sich für viele nicht. Den Schaden haben die Kunden dieser Anbieter, denen Verträge plötzlich und ohne jede Vorwarnung gekündigt werden.
Grundversorger müssen immer mehr Kunden aufnehmen
In den meisten Fällen springt dann der Grundversorger ein, also der Versorger, der die meisten Haushalte im örtlichem Netz mit Gas und Strom beliefert. In Großstädten sind das beispielsweise oft die Stadtwerke.
Doch dieser erzwungene Wechsel kann gerade richtig teuer werden. Denn auch die Grundversorger müssen nun, wegen der vielen Neukunden, Energie teuer zukaufen. Viele Unternehmen haben deshalb einen zweiten Grundtarif eingeführt – für all jene Neukunden, die von den Billigstromanbietern kommen.
Insgesamt haben nach Angaben der Bundesnetzagentur deutschlandweit 39 Energieversorger im vergangenen Jahr die Versorgung beendet.
Altkunden werden geschützt, Neukunden müssen mehr zahlen
Die Augsburger Stadtwerke müssen aktuell rund 3.000 Neukunden mit Energie beliefern. Und die müssen nun für Strom den zweieinhalbfachen Satz zahlen, bei Gas sogar den dreifachen. Demnach kostet die Kilowattstunde bei den Augsburger Stadtwerken für Bestandskunden 7,2 Cent; für die Neukunden werden es fast 20 Cent. Normalerweise würde man Strom und Gas nämlich langfristig einkaufen, erklärt Jürgen Fergg von den Augsburger Stadtwerken. Doch derzeit müssen die Stadtwerke für die neuen Kunden "zusätzlich Energie am Markt zu sehr hohen Preisen einkaufen".
Verbraucherschützer raten, Widerspruch einzulegen
Die Verbraucherzentrale Berlin rät allen Betroffenen, die Abmeldung nicht einfach hinzunehmen, sondern Widerspruch gegen die Kündigung einzulegen. Verbraucher könnten demnach den alten Versorger auffordern, die Energie-Belieferung fortzusetzen und hierbei eine Frist von zwei oder drei Wochen setzen, erklärt Hasibe Dündar von der Verbraucherzentrale Berlin.
Den Betrag, den der Verbraucher beim Grundversorger mehr zahlt, könne er dann vom alten Anbieter zurückfordern. Das könnte allerdings zum Problem werden, wenn der alte Anbieter insolvent ist. In diesem Fall bleibt den Betroffenen nur die Möglichkeit, noch einmal wechseln, zu einem günstigeren Anbieter.
Warum der Strom derzeit so teuer ist
Die Energiepreise sind in den vergangenen Monaten explosionsartig gestiegen, der Gaspreis in der EU teilweise um über 400 Prozent. Das hat verschiedene Gründe: Die Weltwirtschaft hat nach dem Pandemie-Dämpfer wieder angezogen. Vor allem Unternehmen im Fernen Osten kaufen laut Jürgen Fergg von den Augsburger Stadtwerken derzeit viel Gas und Strom ein und treiben die Preise dadurch in die Höhe.
Gleichzeitig ist das Angebot an Energie gesunken, etwa durch Dürren in Brasilien, aber auch, weil im vergangenen Jahr weniger regenerative Energie durch Photovoltaik oder Windkraft produziert werden konnte. Alles in allem war es zu windarm und oft zu bewölkt. Hinzu kommt die Ukraine-Krise, die die Gasversorgung vor große Herausforderungen stellt.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht's zur Anmeldung!