Die BayWa r.e. nennt es "Bürgerbeteiligung". Doch wie riskant sind die Investments in Energieparks? Und was passiert im Zuge des Sanierungsplans?
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Solaranlagen und Windräder im Hintergrund (Symbolbild)

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Umbruch bei BayWa r.e.: So groß ist das Risiko für Kleinanleger

Umbruch bei BayWa r.e.: So groß ist das Risiko für Kleinanleger

Ein Sanierungsplan gibt BayWa r.e. bis 2027 Zeit, um aus der Krise zu kommen. So lange halten die Banken still. Warum bald eine Schweizer Investmentgesellschaft die Kontrolle übernehmen könnte und welches Risiko Kleinanleger dabei tragen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Die BayWa AG durchlebte 2024 eine existenzbedrohende Krise: Die kreditfinanzierte Expansion in andere Bereiche fiel dem Münchner Konzern auf die Füße, der sich ursprünglich auf Agrar- und Baustoffe konzentriert hatte.

Seit dem Jahresende steht der Sanierungsplan fest, der auch die Tochter BayWa r.e. betrifft. Der Konzern hatte Investitionen in Wind- und Solarparks als attraktive Möglichkeit für Anwohner beworben, sich finanziell an erneuerbaren Energieprojekten der BayWa r.e. in ihrer Region zu beteiligen. Nun machen sich Kleinanleger Sorgen um ihr Geld.

Riskante Investments statt Bürgerbeteiligung?

Erneuerbare Energien der BayWa r.e. als lukrative Vermögensanlage für Anwohner? Ein Investment in den Solarpark im bayerischen Kammerstein soll 3,5 Prozent Rendite bringen, ein Investment in einen Windpark in Baden-Württemberg 5,5 Prozent - beides für eine Laufzeit von sieben Jahren bis 2030. Die BayWa r.e. nennt diese Vermögensanlagen auf ihren Websites "Bürgerbeteiligung" (externer Link).

Irreführend sei das, meinen Kritiker wie der Rechtsanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Peter Mattil. Denn dahinter stecken nachrangige Darlehen. "Es handelt sich um eine Geldbeschaffung aus dem grauen Kapitalmarkt (Anm. d. Red.: ein weitgehend unregulierter Bereich des Finanzmarktes). Das ist keine Beteiligung. Damit hat das nichts zu tun. Man gibt nur ein vollkommen unbesichertes Darlehen. Ob das zurückbezahlt wird, ist nach Vertragsgestaltung reine Willkür."

Beim Konzern sieht man das anders. Auf Anfrage des BR im Rahmen einer Recherche für das ARD-Wirtschaftsmagazin "Plusminus" zu einem Energiepark in Süddeutschland heißt es von der BayWa r.e., die Bürger würden bei regulärem Betrieb Anfang Januar 2025 ihre erste planmäßige Ausschüttung erhalten.

Risiko der Bürger höher als das der Banken

Dem BR liegen die Informationsblätter der BayWa r.e. zu den Vermögensanlagen vor. Dort wird zu Beginn vor den "erheblichen Risiken" gewarnt und vor dem möglichen "vollständigen Verlust". Der Anwalt für Kapitalmarktrecht Mattil kritisiert eine Passage im Kleingedruckten. Dort heißt es: "Bei dieser Vermögensanlage handelt es sich um ein Nachrangdarlehen mit einem sogenannten qualifizierten Rangrücktritt."

Die Bürger tragen damit ein weitaus höheres Risiko als andere Gläubiger wie Banken. Denn das Unternehmen kann das investierte Geld der Kleinanleger einbehalten, wenn es sich in einer Krise befindet und das noch vor einer Insolvenz. Diese Krise ist nicht weiter definiert. "Wenn BayWa r.e. die Besitzer wechseln sollte, können auch diese die Rückzahlungen verweigern. Das ist in meinen Augen eine unschöne Art der Geldbeschaffung, weil die Kleinanleger im Grunde rechtlos sind", meint Rechtsanwalt Mattil.

Möglicher Kontrollwechsel bei BayWa r.e.

Tatsächlich könnten bald andere Gesellschafter die Kontrolle über die BayWa r.e. bekommen: Um Geld zu beschaffen, sprechen die Eigentümer von BayWa r.e. gerade mit Vertretern der Schweizer Investmentgesellschaft "Energy Infrastructure Partners" (EIP). Es geht darum, ob sich EIP noch mehr an BayWa r.e. beteiligen könnte. Derzeit hält EIP bereits 49 Prozent der Anteile. Mit einem Zukauf könnte EIP die wichtigsten Entscheidungen bei BayWa r.e. treffen. Die Gespräche seien schon weit fortgeschritten, heißt es von BayWa r.e. Bis Ende März 2025 wollen sich die Gesellschafter mit der Schweizer Investmentgesellschaft einigen.

So geht es für die Kleinanleger weiter

Derweil hat BayWa r.e. den Anwohnern im fränkischen Kammerstein bereits "die individuelle Beteiligung am Solarpark durch ein Crowdfunding ermöglicht", wie das Unternehmen auf seiner Website schreibt. 224.500 Euro an nachrangigen Darlehen der Bürger vor Ort kamen so zusammen. Die Anlage hat mittlerweile der Automobilzulieferer Schaeffler übernommen - zusammen mit den Verträgen über die Nachrangdarlehen. Seit Oktober 2024 wird eine Windenergieanlage im fränkischen Kammerstein erschlossen. Ob BayWa r.e. auch hier eine "Bürgerbeteiligung" anbieten wird, ist noch offen.

Der Sanierungsplan verschafft der BayWa r.e. bis 2027 Zeit, um aus der Krise zu kommen. So lange verzichten die großen Finanzierer auf ihre Forderungen. Wie es danach für das Geld der Kleinanleger weitergeht, ist ungewiss. Anlegerschützer nehmen unterdessen die Muttergesellschaft BayWa AG ins Visier und prüfen, ob diese ihre Anleger zu spät über die finanzielle Schieflage informiert hat.

Eine Windkraftanlage der BayWa r.e.
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BayWa r.e. hat Investitionen in Wind- und Solarparks als attraktive Möglichkeit für Anwohner beworben. Wie sicher sind sie?

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