Mehr als 100 Flugzeugen am Tag hinterlassen so ihre Spuren: Gummiabrieb auf der Start- und Landebahn. Wenn der zu viel wird und dann noch Regen dazukommt, können die Bremswege sich enorm verlängern. Önder Yergin ist Verkehrsüberwacher am Airport Nürnberg und untersucht die Landepiste regelmäßig. Dafür düst er mit den vorgeschriebenen 96 Kilometern pro Stunde in seinem vollelektrischen Spezial-Messfahrzeug, dem Lima 4, die Fahrbahn runter. Mit seinen Ergebnissen können die Piloten ihre genauen Landedaten vorab berechnen und so Maschine und Passagiere sicher zum Boden bringen.
Das fünfte Rad am Wagen ist das Besondere
Von außen sieht der Kleinbus in gelber Flughafenlackierung relativ normal aus – doch innen steckt das Fahrzeug voller Technik. Gerade öffnet Yergin eine Luke im Fahrzeugboden. Zum Vorschein kommt ein fünftes Rad – das sich später bei den Messungen auf die Landebahn hinunterfährt. "Das Besondere an diesem Rad ist, dass es kein normaler Autoreifen ist, sondern es besteht aus denselben Materialien wie bei den Flugzeugen, und damit messen wir die Werte auf der Piste", so Yergin.
Messergebnisse in wenigen Minuten
Mindestens einmal im Monat startet Önder Yergin zum Test, bei schwierigen Wetterverhältnissen auch öfter. Erst nach der Freigabe vom Tower darf er auf die Start- und Landebahn. Bei strahlendem Sonnenschein simuliert das Testfahrzeug dennoch Starkregen und Aquaplaning. Dafür hat es einen Wassertank mit 650 Litern an Bord und sprüht beim Fahren Wasser vors Testrad. Einmal Richtung Westen, einmal Richtung Osten. Die Messungen dauern nur wenige Minuten.
Piloten können dank Technik Landung anpassen
An der Mittelkonsole ist ein Monitor befestigt, darauf erscheint bereits während der Fahrt eine Grafik: eine Zickzacklinie zeigt die Beschaffenheit des Untergrunds. Die Messergebnisse werden sofort per Mail an den Tower und den Leiter der Airport Operations, Christoph Seibert, geschickt. Die Verantwortlichen können die Tests sofort auswerten. Aufgrund des zusätzlichen Wassers ergebe das eine Worstcase-Messung, erklärt Seibert. Die Piloten könnten sich dann darauf einstellen, ob sie bei der Landung stärker bremsen müssten oder eben nicht. Stellt das Testfahrzeug zu dicke Gummi-Ablagerungen fest, beauftragt der Flughafen eine Firma, die den Gummiabrieb mit Spezialmaschinen entfernt.
Vorreiter Nürnberger Flughafen
Das Auto vollelektrisch zu betreiben war für den Albrecht-Dürer-Airport eine Herausforderung. "Mit dem Hersteller aus Schweden haben wir sehr viel Forschung betrieben, welches Fahrzeug überhaupt in Frage kommt, weil aufgrund des Wassertanks die Zuladung sehr hoch ist. Bei den elektrischen Autos ist die Batterie auch sehr schwer, und da war es dann gar nicht so einfach, ein geeignetes Fahrzeug zu finden", berichtet Seibert. Inzwischen ist das vollelektrische Messfahrzeug seit einem Monat im Einsatz, und damit weltweit das erste seiner Art. Denn solche Test finden an jedem Flughafen statt – allerdings werden die Fahrzeuge mit fossilen Brennstoffen betrieben.
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