Ein leeres Café.
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Mehrwertsteuer in der Gastronomie

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Wieder 19 Prozent Mehrwertsteuer? Gastro befürchtet Pleitewelle

Wegen der Corona-Krise wurde die Mehrwertsteuer im Gastgewerbe von 19 auf sieben Prozent gesenkt. Sollte nächstes Jahr wieder der reguläre Satz gelten, fürchtet der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband eine Pleitewelle.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Der 45-jährige Ernst Hunger ist mit Leidenschaft Gastwirt in Chammünster. Hier in der Oberpfalz legt er Wert auf regionale Produkte – doch die haben ihren Preis. Sollte ab nächstem Jahr die Mehrwertsteuer in der Gastronomie wieder von sieben auf 19 Prozent angehoben werden, wird es noch teurer.

Oberpfälzer Gastwirt schreibt Preissteigerung in Speisekarte

Der Gastwirt vermerkt deswegen schon jetzt in seiner Speisekarte, wie die Preissteigerungen ab 2024 für seine Gäste konkret aussehen. In Klammern schreibt Ernst Hunger die Preise mit 19 Prozent hinter die aktuellen Preise: So würde der Rehrücken in seinem Gasthaus nicht mehr 28 Euro kosten, sondern 31,10 Euro. Die Forelle gebe es dann nicht mehr für 16,90 Euro, sondern für 18,80 Euro. Denn die Mehrwertsteuer müsste Ernst Hunger an seine Gäste weitergeben – er kämpft wie alle in der Branche mit gestiegenen Kosten für Energie, Lebensmittel und Löhne.

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Gastwirt Ernst Hunger aus Chammünster

Dehoga warnt vor Betriebsschließungen

Der Wirt fürchtet, dass die Gäste bei einer Erhöhung ausbleiben – denn auch die Kunden ächzen unter den steigenden Lebensmittelpreisen. Da würde sich keiner zusätzlich einen noch teureren Restaurantbesuch leisten, meint Hunger. Die Bilanz des ersten Halbjahres des Branchenverbands gibt ihm Recht: Schon jetzt verzeichnet der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) Verluste im ersten Halbjahr 2023: Die Menschen halten ihr Geld zusammen, gehen weniger essen. Die Branche steht unter Druck.

Sollten wieder 19 Prozent gelten, müssten 12.000 Unternehmen schließen, heißt es daher vom Dehoga. Der Verband hat hierfür eine Umfrage in Auftrag gegeben, für die 6.500 gastgewerbliche Unternehmen aus ganz Deutschland befragt wurden. In den Corona-Jahren 2020/2021 hätten zudem bereits 36.000 Unternehmen aufgegeben.

Dehoga-Präsident Guido Zöllick warnt daher: "Einen weiteren Rückgang der Gastronomiedichte gerade im ländlichen Raum kann niemand wollen. Schließt das Gasthaus im Dorf, verschwindet auch ein Stück Heimat und Kultur." Der Verband sieht für die Zukunft schwarz und prognostiziert eine Verödung der Innenstädte sowie sinkende Tourismuszahlen gerade im ländlichen Raum, sollten weitere Restaurants, Cafés oder Biergärten aufgrund der Anhebung der Mehrwertsteuer schließen.

Sieben Prozent bei Essen to go, 19 Prozent in Gastro

Verbandsvertreter lobbyieren daher schon lange dafür, dass die sieben Prozent in der Gastronomie beibehalten werden – auch aus Gründen der Fairness. Die Steuer für Essen to go soll nämlich weiterhin sieben Prozent betragen: "Es ist weder fair noch gerecht noch logisch, dass ab dem 1. Januar 2024 für Essen in Cafés und Restaurants wieder 19 Prozent Mehrwertsteuer fällig werden, während für das Essen zum Mitnehmen, den Fertigsalat aus dem Supermarkt und die Essenslieferung weiterhin sieben Prozent gelten", argumentiert Zöllick.

Gastwirte hoffen auf politische Entscheidung

Aus der Politik kommen gemischte Signale: Die FDP hat sich dafür ausgesprochen, aber Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) will auf die Steuerschätzung im November warten, wie er im BR24-Interview sagt: "Ob das dauerhaft eingeführt werden kann, das entscheidet dann der Haushaltsgesetzgeber, das Parlament, im November."

Wenn die reduzierte Mehrwertsteuer in der Gastronomie verlängert wird, verzichtet der Staat pro Jahr theoretisch auf 3,4 Milliarden Euro Steuereinnahmen. Doch Gastwirt Ernst Hunger aus der Oberpfalz erinnert an einen Fernsehauftritt von Olaf Scholz (SPD) vor zwei Jahren im Wahlkampf um das Bundeskanzleramt: Scholz hatte damals zugesichert, den reduzierten Steuersatz von sieben Prozent in der Gastro nie wieder abzuschaffen.

Ernst Hunger hofft, dass die sieben Prozent auch nächstes Jahr in der Gastro gelten, "weil wir das Geld gerne an unser Personal weitergeben, dass die höheren Löhne kriegen, dass wir unser Personal halten können. Die Situation im Gastgewerbe ist ja nicht so rosig."

Im Audio: Wie geht es weiter mit der Gastro-Branche?

Viele Verbraucher haben Restaurant-Besuche reduziert. Was würde da eine Anhebung der Mehrwertsteuer bedeuten? Ein Expertengespräch.
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Viele Verbraucher haben Restaurant-Besuche reduziert. Was würde da eine Anhebung der Mehrwertsteuer bedeuten? Ein Expertengespräch.

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