Weiß-blaue Bilderbuchkulisse im Voralpenland: Der CSU-Vorsitzende Markus Söder und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt stehen Seite an Seite vor der Klosterkirche Andechs, die Sonne scheint, ein paar weiße Wolken ziehen über den oberbayerischen Himmel, der Wind weht leicht. Am Rand viele Andechs-Besucher – sichtlich überrascht, wer da vor die Kameras tritt. Das Wort, das die Politiker gleich am häufigsten fallen lassen, ist "Respekt". Allein Dobrindt in den ersten Minuten 20 Mal.
Der CSU-Landesgruppenchef kritisiert die Bundesregierung scharf und bezeichnet sie als "Koalition der großen Respektlosigkeit". Dieser "Arroganz-Ampel" wolle die CSU ihre "Respekts-Agenda entgegensetzen. Es gehe um Respekt für Familien, Lebensleistung, Sicherheit. Diesen Respekt will die CSU den Bürgern vor allem durch finanzielle Entlastungen bezeugen.
Länger Elterngeld, keine Erbschaftssteuer aufs Elternhaus
So sollen Familien künftig von einem längeren Elterngeld profitieren können. "Wenn sowohl Vater als auch Mutter Elternzeit nehmen, soll der Anspruch auf das Elterngeld um weitere zwei Monate (12 + 4) steigen", heißt es in der Respekts-Agenda. Details dazu nennen weder Dobrindt noch Söder. Nach Auskunft eines CSU-Sprechers würde diese Verlängerung im Jahr rund 700 Millionen Euro kosten.
Weitere Entlastungen plant die CSU bei der Erbschaftssteuer. Ziel müsse es sein, dass die elterliche Immobilie steuerfrei an die nächste Generation übergehe, sagt Dobrindt. Diese Idee ist nicht neu – der Vorschlag der CSU geht aber einen Schritt weiter: So soll nicht nur selbst genutztes ererbtes Eigentum steuerfrei sein, sondern auch, wenn es vermietet wird.
Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel streichen
Außerdem will die CSU die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel streichen. Söder schlägt schon länger vor, den Mehrwertsteuer-Satz zu senken. Mit der neuen Idee geht der Parteichef sogar über das CSU-Wahlprogramm für die Landtagswahl hinaus. Darin heißt es nur, die Mehrwertsteuer auf alle Lebensmittel und Getränke solle gesenkt werden. In Andechs sagt Söder: "Nicht nur für Gemüse, nicht nur für Bio, sondern auch für Fleisch, für Fisch, für Milch." Die europäische Mehrwertsteuer-Richtlinie ermögliche diesen Schritt. Eine vierköpfige Familie könne damit pro Jahr rund 1.000 Euro sparen, rechnet er vor. Den Staat würde das rund zwölf Milliarden Euro kosten. "Machbar", sagt Söder. "Auch in diesen Zeiten."
Söder wiederholt in Andechs seine Forderung nach niedrigeren Energiesteuern. Energie müsse billiger werden, die Stromsteuer auf das europarechtlich zulässige Minimum gesenkt werden. Insgesamt dürfe es keine weiteren Belastungen für die Menschen geben. Wie konkret all diese Entlastungen im Bundeshaushalt gegenfinanziert werden sollen, lassen Söder und Dobrindt offen.
Zurückhaltung beim Thema Migration
Auf Nachfrage einer Journalistin, was Söder von der Idee hält, das individuelle Asylrecht abzuschaffen und ein anderes Modell zu wählen, reagiert der Parteichef zurückhaltend. Der CSU-Vorsitzende Friedrich Merz sei da der richtige Ansprechpartner, sagt Söder, schließlich komme der Vorstoß vom Ersten Parlamentarischen Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei. Erst auf nochmalige Nachfrage erklären Söder und Dobrindt, dass sie sich davon keine schnelle Lösung aktueller Probleme erhoffen. Bayern setze eher auf verstärkte Grenzkontrollen.
Im Video: Alexander Dobrindt im BR24-Interview
Merz: "Mehr eigene Themen setzen"
Merz, als Gast in Andechs mit dabei, lobt die gute Zusammenarbeit mit der CSU. Es habe in der Geschichte der Unionsfraktion wenige Phasen gegeben, die so gut gewesen seien. Nach der Sommerpause, also in der zweiten Hälfte der Legislatur, werde die Union mehr eigene Themen setzen, "nicht nur reagieren", so der CDU-Chef. "Wir wollen deutlich machen, dass wir die Alternative für Deutschland mit Substanz sind." Eigene Themen, eigene Schwerpunkte, so will die Union mit Blick auf die Bundestagswahl für sich werben und sich gleichzeitig von der AfD abgrenzen.
Lindner: Nicht finanzierbare Forderungen
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) lehnte im Interview mit BR24 die Forderungen der CSU wie etwa nach einer Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel als nicht finanzierbar ab. Lindner verwies auf das desaströse finanzielle Vermächtnis einiger früherer CSU-Bundesminister. Zum Beispiel müsse man derzeit gerade 243 Millionen Euro an Schaden begleichen wegen eines CSU-Verkehrsministers. Es sei nicht die Zeit für Verteilpolitik. Vielmehr müsse man in die wirtschaftliche Substanz investieren, in die Wettbewerbsfähigkeit von Mittelstand und Handwerk und saubere Technologien.
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