Konkrete Handlungen seien nun gefragt, denn die Lage in den Betrieben sei ernst: Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger hat die Ampel-Regierung aufgefordert, mehr für den Standort Deutschland zu tun. "Ein gezielter Bürokratieabbau ist ein kostenloses Konjunkturprogramm." Bundeskanzler Olaf Scholz ging beim Arbeitgebertag darauf ein und stellte auf allen staatlichen Ebenen Verbesserungen in Aussicht.
Scholz zu Bürokratie in Deutschland: "Haben es übertrieben"
"Deutschland-Tempo brauchen wir überall, wenn es um Entscheidungen des Staates, um Handlungen und Planungen geht", sagte der SPD-Politiker unter Anspielung auf den schnellen Aufbau der Infrastruktur für Flüssiggas. Das ungewöhnlich hohe Tempo dabei war eine Reaktion auf den russischen Angriff auf die Ukraine, der zu deutlich höheren Energiepreisen geführt und zwischenzeitlich Furcht vor akuten Engpässen geschürt hat.
Mit Blick auf die Bürokratie und lange Verfahren sagte er Kanzler, man habe in Deutschland jahrzehntelang dafür gesorgt, dass es sehr kompliziert geworden sei. "Wir haben es übertrieben."
Sorgen um Wirtschaftsstandort Deutschland
Einer vom Arbeitgeberverband BDA in Auftrag gegebenen Forsa-Umfrage zufolge machen sich derzeit 82 Prozent der Unternehmer große Sorgen um den Standort, unter anderem wegen hoher Energiepreise und fehlender Fachkräfte. Unternehmer bräuchten Planungssicherheit, um die Weichen im eigenen Betrieb richtig stellen zu können. "Die Standortbedingungen stimmen nicht mehr", sagte Dulger, der von seinem Verband gerade in geheimer Wahl einstimmig für eine weitere zweijährige Amtszeit bestätigt wurde. Er vertritt die Interessen von mehr als einer Million Firmen mit über 30 Millionen Beschäftigten.
Arbeitgeberpräsident: "Teile der Ampel hören uns nicht zu"
Arbeitsmarkt, Wirtschaftssystem und Energiepolitik seien in Deutschland überreguliert, sagte Dulger kurz vor dem Arbeitsgebertag der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Es sei schwer, sich als Unternehmer oder Arbeitnehmer zu entfalten. "Aber Teile der Ampel hören uns nicht zu." Er beklagte zu viel Bürokratie, zu lange Planungs- und Genehmigungsverfahren, steigende Sozialabgaben, eine hohe Steuerlast oder im internationalen Vergleich hohe Energiepreise. Der Standort Deutschland habe an Attraktivität verloren, viele Gründe seien hausgemacht.
Auch CDU-Chef Friedrich Merz war beim Arbeitgebertag zu Gast - und zählte auf: "Wir haben die höchsten Arbeitskosten, wir haben die höchsten Bürokratiekosten, wir haben die höchsten Energiekosten und wir haben die höchsten Steuern aller Volkswirtschaften - und das lässt sich auf Dauer nicht durchhalten. Das heißt, wir müssen auf der Kostenseite etwas tun. Mit den Arbeitskosten ist es schwierig, aber mit den Bürokratiekosten könnte man es relativ schnell hinbekommen."
Scholz blickt mit Zuversicht auf den 6. November
70 Prozent der Unternehmer forderten in der Forsa-Umfrage Verbesserungen im Bildungssystem, 85 Prozent einen Abbau der Bürokratie, 69 Prozent eine Modernisierung und Digitalisierung der Verwaltung. "Wir brauchen einen gemeinsamen Beschluss, dass wir unser Land schnell machen", sagte Scholz. Er sei sehr zuversichtlich, dass Bund und Länder bei ihrem Treffen am 6. November weitreichende Entscheidungen zur Beschleunigung von Planung und Genehmigungen treffen könnten.
Derzeit verhandeln Vertreter von Bund und Ländern darüber, an welchen Stellen Vorschriften gestrichen werden könnten. Abschließende Entscheidungen sollen bei dem Spitzengespräch zwischen Scholz mit den 16 Ministerpräsidenten fallen.
Wirtschaftsleistung schrumpft
Scholz hatte vor einigen Wochen einen "Deutschlandpakt" zur Modernisierung des Landes vorgeschlagen. Er wolle alles tun, damit das gelinge, so der Kanzler. An die Adresse der Arbeitgeber sagte Scholz, er bitte um Vertrauen.
Die Bundesregierung erwartet für dieses Jahr einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,4 Prozent. Wirtschaftsverbände fordern seit langem Entlastungen für Unternehmen.
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