Jahrzehntelang gingen Wissenschaftler davon aus, dass eine Alzheimer-Erkrankung hauptsächlich auf Eiweißablagerungen im Gehirn zurückzuführen ist. Mittlerweile haben jedoch mehrere Studien belegt, dass auch beeinflussbare Risikofaktoren bei der Entwicklung einer Demenz wie der Alzheimer-Erkrankung eine Rolle spielen. So haben US-amerikanische Forscher in einer im Juli 2022 veröffentlichten Studie veranschaulicht, wie sehr bestimmte, zum Teil vermeidbare Risikofaktoren die Wahrscheinlichkeit, an Alzheimer zu erkranken, erhöhen.
Zahlreiche Wissenschaftler gehen daher davon aus, dass sich etwa ein Drittel aller Alzheimer-Erkrankungen verhindern ließe - so auch die Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN), die anlässlich des Welt-Alzheimer-Tages am 21. September dazu eine Pressemitteilung veröffentlicht haben. Die wichtigsten Antworten zu der Krankheit im Überblick.
Was ist der Unterschied zwischen Demenz und Alzheimer?
Demenz ist der Oberbegriff für verschiedene Demenzformen, also Krankheiten, bei denen die Betroffenen unter anderem unter einem andauernden oder fortschreitenden Verlust von Fähigkeiten ihres Gedächtnisses und ihres Denkens leiden. Mit einem Anteil von schätzungsweise 60 bis 65 Prozent ist Alzheimer die häufigste Form der Demenz. Sie ist benannt nach dem Psychiater Alois Alzheimer, der 1906 erstmals die für die Alzheimer-Erkrankung typischen Eiweißablagerungen im Gehirngewebe, die sogenannten Plaques, beschrieb.
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Was sind die Ursachen einer Alzheimer-Erkrankung?
Mittlerweile ist klar, dass nicht nur die von Alois Alzheimer entdeckten Eiweißablagerungen bei der Entwicklung einer Alzheimer-Erkrankung eine Rolle spielen. Weitere Faktoren, die zur Krankheit führen können, sind nach derzeitigem Stand der Wissenschaft: eine Fehlfunktion des Immunsystems und zahlreiche Risikofaktoren. Gene sind für die Erkrankung weit weniger verantwortlich, als von vielen gedacht.
Welche zum Teil vermeidbaren Risikofaktoren gibt es?
Laut der Ende Juli 2022 veröffentlichten Studie sind es insgesamt acht Faktoren, die das Risiko einer Alzheimer-Erkrankung erhöhen: körperliche Inaktivität beziehungsweise Bewegungsmangel, Rauchen, eine Depression, niedriger Bildungsstand, Diabetes mellitus, Adipositas oder Bluthochdruck im mittleren Lebensalter und Schwerhörigkeit. Laut den US-Forschern erhöhen insbesondere die körperliche Inaktivität beziehungsweise Bewegungsmangel, ein niedriges Bildungsniveau und Fettleibigkeit im mittleren Lebensalter das Erkrankungsrisiko.
Die Forscher verglichen bei ihrer Studie Teilnehmer aus den gesamten USA sowie separat aus Kalifornien. Ihr Fazit: 36,9 Prozent der Demenzfälle der Teilnehmenden aus den gesamten USA waren auf vorhandene Risikofaktoren zurückzuführen. Bei den Teilnehmern aus Kalifornien waren es mit 28,9 Prozent weniger, was die Forscher auf eine geringere Häufigkeit von Risikofaktoren der kalifornischen Studienteilnehmer zurückführen. Die wichtigsten Risikofaktoren waren in der Gruppe der Teilnehmer aus den gesamten USA und denjenigen aus Kalifornien allerdings dieselben: niedriges Bildungsniveau (Kalifornien: 14,9 Prozent, USA: 11,7 Prozent), Adipositas, also Fettleibigkeit, (Kalifornien: 14,9 Prozent, USA: 17,7 Prozent) und Bewegungsmangel (Kalifornien 10,3 Prozent, USA: 11,8 Prozent).
Was bedeuten die Risikofaktoren für die Entwicklung einer Alzheimer-Erkrankung?
Dass so viele Faktoren bei der Entwicklung einer Alzheimer-Erkrankung eine Rolle spielen, bedeutet: Die Erkrankung beginnt nicht erst, wenn sich erste Anzeichen zeigen. Sie beginnt meist 20, 30 Jahre früher, also zu einem Zeitpunkt, an dem noch keiner etwas merkt.
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Lässt sich eine Demenzerkrankung wie Alzheimer vermeiden?
Nur etwa ein Prozent der Demenzerkrankungen sind genetisch bedingt, das heißt nicht beeinflussbar. Wer insbesondere im mittleren Alter regelmäßig Sport treibt und die anderen Risikofaktoren vermeidet, senkt sein Demenzrisiko. Stress, insbesondere psychischer Stress, kann das Demenzrisiko dagegen erhöhen.
Ist Alzheimer heilbar?
Nein, ein Wundermittel gegen die Erkrankung gibt es derzeit nicht. Die Medikamente, die bisher getestet wurden, konnten nicht halten, was sich Forscher von ihnen versprochen haben. Hoffnungen setzt die Wissenschaft - bis entsprechende Medikamente entwickelt werden - in bessere Diagnose- und Früherkennungsverfahren, um mit Therapien den Verlauf der Erkrankung zu verlangsamen.
Bisher können Ärzte Ergotherapie, Logopädie und Krankengymnastik zur Verbesserung der Erkrankung verordnen. Auch andere Therapieansätze wie eine Musik- und Kunsttherapie oder eine Verhaltenstherapie können Alzheimer-Erkrankten helfen.
Wie sollen Angehörige mit an Alzheimer Erkrankten umgehen?
Die Deutsche Alzheimer-Gesellschaft rät Angehörigen dazu, die Krankheit anzunehmen, statt sie zu verleugnen. Sie sollten den Kranken nicht auf seine Fehler hinweisen, ihn nicht kritisieren oder überfordern. Die Fachgesellschaft rät, die an Alzheimer Erkrankten in Alltagstätigkeiten, die ihnen Spaß machen, einzubeziehen.
Außerdem sollten die äußeren Lebensbedingungen angepasst werden. Dazu gehört zum Beispiel: die Sicherung von Gas- und Elektrogeräten, die Installation einer Nachtbeleuchtung, eine zweckmäßige Kleidung und gegebenenfalls ein Armband oder Zettel mit Name und Adresse, wenn der an Alzheimer Erkrankte dazu neigt, die Wohnung zu verlassen.
Wie viele Demenzkranke gibt es derzeit in Deutschland?
In Deutschland leben derzeit etwa 1,6 Millionen Menschen mit einer Demenz. Laut DGN werde sich deren Zahl auf schätzungsweise 2,8 Millionen im Jahr 2050 erhöhen.
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